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Als Mutter streikte

Als Mutter streikte

Titel: Als Mutter streikte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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Eindruck.»
    «Jedenfalls habe ich ihm tüchtig den Kopf gewaschen», sagte Mutter.
    Schweigen. Vater tat mir leid. Er trank einen Schluck Portwein, stäubte die Asche von der Zigarre und suchte dann den Stier bei den Hörnern zu packen. «Wovon redest du eigentlich, Clementine?»
    «Na davon, daß er einen schwungvollen Handel mit seinem Frühstücksbrot aufgezogen hat.»
    «Ach so», sagte Vater kleinlaut. «Ja, warum hat mir das denn bloß keiner gesagt.» Er blickte Mutter erstaunt an. «Woher weißt du denn das?»
    «Ganz einfach, ich habe über zehn Shilling in seiner Kommodenschublade gefunden. Und da hat er es mir dann gestanden.»
    «Jetzt wundert es mich auch nicht mehr», sagte Vater, «warum er sich hier zu Hause immer so vollgestopft hat.»
    «Und du wunderst dich sicher auch nicht über Perse?»
    «Ja wie, hat die denn auch ihre Frühstücksbrote verkauft.»
    «Nein, aber dafür hat sie anonyme Briefe geschrieben», sagte Mutter.
    «Was für anonyme Briefe?» fragte Vater ächzend.
    Mutter holte tief Luft. «Du weißt also tatsächlich nichts davon, daß deine jüngste Tochter das ganze Dorf mit Briefen bombardiert hat, in denen den Empfängern sämtliche im 4. Buch Moses verzeichneten Verirrungen nachgesagt werden?»
    Ich sah Perse entgeistert an. Sie grinste verlegen.
    «Ich habe es herausgefunden, weil ich den Leimtopf und die zerschnittenen Zeitungsseiten bei ihr im Zimmer entdeckt habe. Dann hat sie es mir erzählt.»
    «Na ja, wenn du auch Monate in der Welt herumstreunst», sagte Vater, «muß hier ja alles drunter und drüber gehen. Die Schuld dafür kannst du dir zuschreiben.»
    «Also, Harry», sagte Mutter gekränkt, «du warst schließlich hier. Ich war zwölftausend Meilen weit weg.»
    Vater stöhnte. «Wenn ich mir vorstelle - das mit Perse kommt heraus, dann wünschte ich mich auch zwölftausend Meilen weit weg.»
    «Das wäre vielleicht gar nicht das schlechteste», sagte Mutter. «Ich frage mich sowieso manchmal, ob wir hier in dieser trostlosen Gegend nicht allmählich versauern. Hier müssen die Kinder ja auf dumme Gedanken kommen. Ein Tapeten Wechsel würde uns, glaube ich, nur guttun.»
    Mir war bei diesen Worten gar nicht wohl. Es war Mutters bewährte Methode, zunächst einen Warnschuß abzugeben, ehe sie zum Angriff überging.
    Um abzulenken, sagte ich: «Wir dürfen nicht vergessen, Mutter die Briefe zu geben, die inzwischen für sie gekommen sind.» Damit ging ich hinaus, holte sie und gab sie ihr.
    «Danke schön, mein Herz», sagte sie und öffnete einen nach dem anderen.
    «Eine Rechnung - vom September», sagte sie. «Wirklich erstaunlich, daß sie nicht das Klavier gepfändet haben. Und hier eine Einladung zum Tee bei Mrs. Rodgers vom Oktober. Nun, sie haben ihn auch ohne mich getrunken.»
    Dann schlitzte sie einen der Briefe aus Guernsey auf und las. «Oh», sagte sie leise. «Oh, das macht mich aber sehr traurig.» Und ihre schönen Augen glänzten feucht. «Onkel Rupert ist gestorben.»
    «Oh, Clem - das tut mir aber wirklich leid für dich», sagte Vater.
    Onkel Rupert wohnte auf der kleinen Kanalinsel Sark. Mutter hatte mir oft von ihm erzählt. Sie hatte als Kind immer die Sommerferien bei ihm verbracht und die Insel sehr geliebt.
    Wir saßen wartend da. Mutter schwieg und starrte ins Feuer. Der Brief lag in ihrem Schoß. Vater holte sich eine Zigarre und setzte sich zu ihr.
    Schließlich steckte Mutter seufzend den Brief in den Umschlag. «Der arme Onkel Rupert», seufzte sie noch einmal und öffnete den nächsten Brief aus Guernsey. Beim Lesen fing sie unvermittelt an, heftig zu weinen.
    Schließlich faßte sie sich wieder und sagte: «Hört doch bloß mal, ihr Lieben. Ist das nicht rührend? Onkel Rupert hat mir sein Haus auf Sark hinterlassen.»
    Sie betupfte sich mit dem Taschentuch die tränennassen Augen. Vater schien voller Anteilnahme. «Das wird einen ganz hübschen Preis erbringen», sagte er schließlich, um die Stimmung aufzumuntern. Mutter schien das gar nicht zu hören. «Das Leben ist doch wirklich voll wunderbarer Zufälle», sagte sie mit tränenerstickter Stimme. «Wo wir doch soeben noch davon gesprochen haben, hier einmal wegzuziehen. Es ist wie ein Zeichen der Vorsehung.»
    Mutter erhielt häufig solche Zeichen der Vorsehung, die mit ihren eigenen Absichten und Wünschen merkwürdig übereinstimten.
    Jetzt wurde Vater hellhörig. «Clementine! Du willst doch damit nicht etwa sagen, daß wir hier unsere Zelte abbrechen und alle nach Sark ziehen

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