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Als unser Kunde tot umfiel

Als unser Kunde tot umfiel

Titel: Als unser Kunde tot umfiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Hinrichsen , Boris Palluch
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Ein Projektziel war ja auch, Kosten in der Produktion zu sparen.“ So, war es das? Ich hörte das zum ersten Mal. Die Kostenseite hatte ich natürlich auch nicht vorbereitet. „So ein Mist“, dachte ich und wurde hektisch. „Einen kleinen Moment. Die Angebote für die neuen Werbebroschüren habe ich an meinem Platz, soll ich sie holen?“, fragte ich unsicher. Mein Chef verdrehte nur die Augen, als Frau Obwalder meinte: „Na, dann los.“ Ich rannte wie von der Tarantel gestochen zu meinem Arbeitsplatz und suchte die Unterlagen zusammen. Abgehetzt kam ich wieder in den Meetingraum. Frau Obwalder schaute mich erwartungsvoll an. „Und haben Sie die Kosten gefunden? „Ja“, erwiderte ich, „hier sind sie.“ Ich überreichte ihr das Angebot der Werbeagentur, für die wir uns entschieden hatten. „Aber das soll wohl ein Scherz sein“, meinte Frau Obwalder und reichte das Papier an ihren Nachbarn weiter. „Nach meinen Unterlagen ist das Angebot einiges teurer als unser vorheriger Anbieter.“ Mir rutschte fast das Herz in die Hosen. Was sollte ich denn darauf sagen? „Ich, äh, ich muss, das wohl noch mal prüfen“, war alles, was mir dazu einfiel. Mein Chef schüttelte nur den Kopf und zuckte mit den Schultern, als unser Geschäftsführer ihn fragend ansah. Ich verließ das Meeting und fühlte mich, als hätte ich vor ausverkauftem Haus den Hamlet gegeben und in der Schlüsselszene meinen Text vergessen. „Sein oder nicht sein“, war nach dieser Präsentation auch tatsächlich zu meiner Frage geworden. Mein Chef hat sich für mich in Grund und Boden geschämt – und ich? Ich pfefferte meine Unterlagen quer durch mein Büro, fluchte eine Weile lauthals vor mich hin, ließ mich in meinen Sessel fallen und ertrank in Schuldgefühlen, dass ich meinen Chef so enttäuscht hatte.
Palluch vs. Hinrichsen – Vorgeführt
    Palluch: Großes Kino, aber nicht untypisch. Da erfährt man im alles entscheidenden Meeting so im Vorbeigehen, was eigentlich gefragt gewesen wäre … nicht sehr professionell. Ich kann mir vorstellen, dass dich das ordentlich geärgert hat.
    Hinrichsen: Aber hallo. Wobei ich zuerst mal baff war, der Ärger kam dann später. Dafür umso heftiger. Erst hab ich mich über meinen Chef und dann über mich aufgeregt.
    P: Und worüber genau?
    H: Erst einmal hab ich mich gefragt, ob er das mit Absicht gemacht hat. Aber dann war mir schnell klar, dass ihm die ganze Sache total unangenehm war. Er hatte sich ja für mich eingesetzt und ich hatte ihn gepflegt hängen lassen. Keine gemütliche Situation.
    P: Das kann ich nachvollziehen. Aber ich finde es schon komisch, dass sich manche Chefs so schwer damit tun, eine Aufgabe vernünftig zu delegieren. Das ist doch nicht so schwer.
    H: Auf dem Papier nicht, aber in der Praxis kommen da schon ziemlich viele Dinge in die Quere. Das kostet Zeit und da sagt sich so mancher Chef, eh ich das erklärt hab, mach ich’s schnell selber. Und dann ist da die Sorge, ob der Mitarbeiter das auch so macht, wie ich es haben möchte. Oder ob ich überhaupt Leute habe, die das können.
    P: Stimmt, diese Gedanken sind mir auch schon durch den Kopf gegangen, wenn ich vor der Aufgabe gestanden habe, etwas zu delegieren. Da spielen sicher auch eigene Erfahrungen als Mitarbeiter hinein. Je nachdem, wie ich es erlebt habe, mache ich das dann auch weiter. Ich finde aber auch, dass es ein schmaler Grat zwischen Bevormundung und Vernachlässigung ist. Für den einen Mitarbeiter erklärt man zu wenig, und der andere fühlt sich gegängelt, wenn ich nachfrage, wie weit er denn schon mit dem Projekt ist.
    H: Da ist was dran. Manchmal steckt vielleicht auch die Sorge dahinter, sich selbst überflüssig zu machen. So ein Quatsch, darum geht es ja gar nicht.
    P: Der Punkt ist ja: Der Tag hat nur 24 Stunden und ich werde als Chef nicht alles selbst machen können. Schon gar nicht, wenn ich mich ins Operative einmische. Damit ich aber ruhig schlafen kann, brauche ich eine Absicherung, dass die Sachen auch so erledigt werden, wie ich mir das vorstelle. Das kann mitunter mühsam sein.
Houston, wir haben ein Problem – Delegieren für Anfänger
    So sorgen Sie für größtmögliche Orientierungslosigkeit bei Ihren Mitarbeitern und schaffen beste Voraussetzungen dafür, dass diese ein Projekt so richtig versemmeln:
    „Best guess.“ Die Aufgaben werden genauso wenig vom Chef erklärt wie die Erwartungen an das Ergebnis. So werkelt der Mitarbeiter in gutem Glauben vor sich hin. Ist doch

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