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Als wäre es Liebe

Als wäre es Liebe

Titel: Als wäre es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicol Ljubic
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des Tages in vollgepinkelten Hosen herum. Man sah den Fleck, glücklicherweise trug ich an dem Tag eine helle Hose, man roch den Urin, und ich ging nach draußen und setzte mich in den Vorgarten. Das machte ich manches Mal, wenn ich nicht wusste, was ich spielen sollte. Ich saß dann einfach auf dem Stück Rasen und zählte die Autos, die vorbeifuhren, manchmal sprach mich ein Fußgänger an, fragte, wo denn mein Zuhause sei, ob ich mich ausgeschlossen hätte. Ausgerechnet an dem Tag, als ich mir in die Hosen gemacht hatte, fragte mich niemand. Ich klingelte bei der Nachbarin. Eine ältere Frau, die allein lebte, und hin und wieder bei uns klopfte, um meine Mutter daran zu erinnern, dass sie an der Reihe war, das Treppenhaus zu fegen, woraufhin meine Mutter sie als Frau Blockwart bezeichnete, und ich dachte, Blockwart sei ihr Nachname. Ich kannte unsere Klingel, die zweite von unten links, die zweite von unten rechts gehörte zur Wohnung von Frau Blockwart. Es war das erste Mal, dass ich bei ihr klingelte. Ich war es gewohnt, tagsüber, wenn mein Vater nicht zu Hause war, lange warten zu müssen, bis ich das Surren hörte. Dieses Mal dauerte es keine zwei Sekunden. Ich drückte die Tür auf, stieg die zwei Stockwerke hoch und sah schon Frau Blockwart im Türrahmen stehen. »Falsche Klingel«, sagte sie und wollte gerade wieder die Tür schließen, aber ich schüttelte den Kopf, fing an zu weinen, eine Methode, auf die meine Mutter längst nicht mehr hereinfiel, aber bei der Nachbarin große Wirkung hatte. So wie ich dastand, breitbeinig, musste ihr Blick auf meine Hose fallen. »Bist du allein?«, fragte sie, und ich nickte. Offenbar witterte sie ihre Gelegenheit. »Armer Junge«, sagte sie, ließ mich in ihre Wohnung, schickte mich ins Bad, damit ich mir die Hosen ausziehen konnte, und kam dann mit einem Pullover, der mir viel zu groß war und der, wie sie sagte, ihrem verstorbenen Mann gehört hatte. Der Pullover reichte mir bis zu den Füßen. Ich sollte mich auf ihre Couch setzen, sie brachte mir Kekse und ein Glas Milch und dann noch mehr Kekse und sagte: »Du hast aber großen Hunger.« Ich mochte ihr Sofa mit dem Überzug, das Deckchen auf dem Tisch, auch den großen, schweren Wohnzimmerschrank, all die Porzellanfiguren und die Kakteen auf der Fensterbank und die große Uhr, die zur vollen Stunde schlug. Sie hatte einen dicken, schweren Teppich auf dem Boden und Gardinen vor den Fenstern. Sie setzte sich mir gegenüber in den Sessel und schaute mir zu, wie ich einen Keks nach dem anderen in den Mund schob. Sie fragte, ob es mir schmecke, und ich sagte, es seien die leckersten Kekse, die ich je gegessen hätte. Sie fragte, ob meine Mutter auch Kekse backe, und ich schüttelte den Kopf. Sie fragte, ob ich oft allein sei, und ich sagte ja, was eigentlich nicht stimmte, weil meine Mutter tagsüber meist zu Hause war. Sie fragte, was meine Eltern machten, und ich sagte, mein Vater helfe Menschen, die Probleme hätten mit der Polizei, und meine Mutter schreibe Texte, die in der Zeitung zu lesen seien. Sie fragte, wer sich um mich kümmere, wenn ich so viel allein sei, und ich hob die Schultern, als wüsste ich das auch nicht so genau. Sie fragte, wer denn bei uns das Essen koche und die Wäsche wasche, und ich sagte: Mein Papa. Sie fragte, wer die langhaarigen Leute seien, die manchmal zu Besuch kämen, und ich antwortete, ich kennte ihre Namen nicht. Frau Blockwart ließ mich noch eine halbe Stunde fernsehen und sagte dann: »So, jetzt gehst du mal gucken, ob deine Mutter schon zurück ist.« Während ich klingelte, stand sie im Flur, die Tür einen Spalt geöffnet, und wartete, ob sich unsere Tür öffnete. Als meine Mutter nach einer Weile aufmachte, winkte ich der Nachbarin heimlich zu und sah, wie sie die Tür schloss. Ich ging den Flur entlang in mein Zimmer. Meine Mutter sagte nichts. Am nächsten Tag lag meine Hose, gewaschen und gebügelt, vor unserer Wohnungstür. Den Pullover von Herrn Blockwart aber behielt ich. Und fragte meinen Vater, warum Frau Blockwart eigentlich keine Kinder hätte. Aber er war nicht gut auf sie zu sprechen, weil sie offenbar irgendwas vom Jugendamt erzählt hatte. Und mein Vater sagte, die solle sich nicht in Familienangelegenheiten anderer Menschen einmischen.

Sie sollte links abbiegen. Oder rechts. Sie sieht kurz in den Rückspiegel, als säße er auf der Rückbank. Damals, das fällt ihr jetzt ein, haben sie sich auch verfahren. Irgendwann waren sie auf einer Umgehungsstraße,

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