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Als würde ich fliegen

Als würde ich fliegen

Titel: Als würde ich fliegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Evans
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hervor und steckte ihn in das Tor.
    »Denise?« Er versuchte es mit einem Scherz über die angebliche Vergesslichkeit von Schwangeren.
    »Später«, sagte sie. Sie ging vor ihm den dunklen Pfad hinunter, ihr Kleid blähte sich unter dem Mantel auf.
    Als sie im Innern waren, machte sie das Licht an und hängte ordentlich ihren Mantel an den Haken. In der Kajüte stand ein winziger Weihnachtsbaum, der den Raum noch kleiner, aber auch gemütlicher wirken ließ. Seine schimmernden Kugeln kreisten an ihren Bändern mit dem Schaukeln des Boots. Carla sah alles vollkommen klar. Sie war sich ihrer selbst so sicher wie schon lange nicht, und ein Gefühl von Erleichterung ging damit einher. Aber als sie ihn anschaute, in dem Augenblick, als er seinen Mantel auszog und sie ihn anschaute – sie wollte wissen, ob der Lichtstrahl noch da war –, wankte die Klarheit. Sie schien verwirrt.
    »Ist alles in Ordnung? Hab ich etwas falsch gemacht?«
    »Könntest du bitte deinen Mantel da wegnehmen, damit ich mich setzen kann?«
    Er hängte ihn neben ihren, aber auch das war nicht richtig.
    »Nicht dahin. Häng ihn woandershin.«
    Um einen Streit zu vermeiden, legte er den Mantel über die aufgeschlitzte Djembe nahe der Tür, was sie befriedete. Sie setzte sich trotzdem nicht. Während sich Antoney zur Beruhigung einen Drink einschüttete, blieb sie vor dem Spinnenfenster stehen und schaute hinaus aufs Wasser, mit Denises fliederfarbenem Teddy in der Hand. Er bot ihr einen Tee an.
    »Du hast uns kein anderes Heim gefunden«, sagte sie, mehr zu sich selbst. »Du hast uns nicht beschützt.«
    »Wie bitte?«
    Sie sah ihn an (dort war kein Lichtstrahl) und wiederholte: »Du hast uns nicht beschützt.«
    »Vor was beschützt?«
    »Mördern. Vergewaltigern und allem Möglichen.«
    »Geht es um den Umzug? Ach komm, lassen wir das Thema jetzt.«
    »Okay.«
    »Warum legst du dich nicht ein bisschen hin, und ich hol Denise?«
    »Nein, das mache ich.«
    Antoney umklammerte sein Glas mit beiden Händen, als müsste er sich daran wärmen. Die Temperatur im Innern sank, es war noch nie so kalt gewesen. »Das hier ist seltsam, Carla«, sagte er unruhig.
    Sie seufzte schwer, was im Rücken schmerzte, sagte aber nichts.
    »Ich hab mir vorhin überlegt«, er versuchte, ein unverfängliches Gespräch in Gang zu bringen, »dass ich bei solchen Shows als Choreograf mitmachen könnte – das war wirklich schwach. Wär womöglich leicht verdientes Geld. Vielleicht sollte ich mal mit Ekow sprechen.«
    »Wer war das Mädchen, mit dem du gesprochen hast?«
    »Welches Mädchen?«
    »In der Bar.«
    »Der Bar?«
    »Ich weiß, dass du sie gefickt hast, also lüg mich nicht an!«
    »Was? Hab ich nicht!«
    »Heute Abend selbstverständlich nicht. Aber früher.«
    Da es Antoney offenbar die Sprache verschlagen hatte, fragte Carla erneut: »Wer ist sie?«
    »Wie kommst du denn auf die Idee?«
    »Nennst du mir jetzt endlich ihren Namen?«
    »Du wirfst mir vor …«
    Sie schrie: »Verkauf mich nicht für dumm. Sag mir die Wahrheit!« Danach beugte sie sich vor und stützte sich mit beiden Händen auf dem Sessel ab. Antoneys Finger zitterten, als er sich nachschenkte.
    »Und?«, fragte sie.
    »Es war nichts.«
    »Ihr Name.«
    »So war das nicht, ich kann diese Ziege nicht einmal ausstehen.«
    »Sag mir ihren verdammten Namen, Antoney, ich hab ein Recht darauf.«
    »Gott, sie heißt Callaway, okay?«
    »Callaway wie?«
    »Audrey. Callaway ist ihr Nachname.«
    Carla wirkte erstaunt. »Audrey? Ein komischer Name.«
    »Hast du Schmerzen?« Sie klammerte sich an den Sessel und schwankte leicht. »Willst du dich nicht lieber setzen?«
    »Ich will mich nicht setzen.«
    »Carla, ich schwöre dir«, sagte er, »ich wollte das nicht. Das war ein Fehler.«
    »Wie lange hast du mit ihr gefickt?«
    »Das ist nicht fair!«
    »Egal, trink noch was.«
    »Sie hat mich erpresst.«
    Carla spie ungläubig aus: »Sie hat dich erpresst? Was soll das heißen, sie hat dich erpresst ?« (Beim zweiten Mal lag ein unglaublicher Hohn in ihrer Stimme.)
    Und so erzählte er ihr von dem Onkel, der investieren wollte, von der Angst, Oscars Kirche zu verlieren. Carla hörte zu, wurde aber von Sirenen oben auf der Ladbroke Grove kurzzeitig abgelenkt. »Ich konnte nicht mehr klar denken.«
    »Also warst du ihre was – ihre Hure?«
    »Jetzt ist aber gut!«
    »Eine männliche Prostituierte?«
    Ihr Gesicht, im Lampenschein, erschreckte ihn mit seiner Strenge. Sie war ihm vollkommen fremd. »Das ist

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