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Als würde ich fliegen

Als würde ich fliegen

Titel: Als würde ich fliegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Evans
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alltägliche, allabendliche Durchgang.
    »Dein Vater glaubte, dass ihn das Schicksal begünstigt habe«, erzählte Riley Lucas. »Er hatte das Gefühl, er sei auserwählt – der Mond-Bus, die Flugträume. Er liebte das Zitat von Albert Einstein, wonach Tänzer die Athleten Gottes sind.« Entsprechend schwer war es ihm gefallen, nach einer Show wieder auf den Boden zu kommen. Das war sein bestes Selbst, dort oben auf der Bühne. Er wollte, dass der Applaus ewig weiterbrandete, und musste die Stille, die folgte, mit seinem eigenen Gerede übertönen. In der Garderobe sprach er endlos über Höhepunkte und Fehler eines Abends. Er trat als Erster durch die Tür der nächstgelegenen Kneipe, wo er in der Aufmerksamkeit der Gäste badete, die unvermeidliche Pall Mall an der Lippe, den Hut in den Nacken geschoben. Am nächsten Morgen war er distanziert und launisch, nur wild auf den nächsten Auftritt, und oft war der einzige Mensch, mit dem er dann zusammen sein wollte, Riley.
    Im Anschluss an die Rückkehr nach London arbeiteten Ekow und Oscar, der sich um die verwaltungstechnischen Angelegenheiten der Truppe kümmerte, bereits Pläne für eine neue Tournee aus, diesmal auf dem europäischen Festland. Eine Einladung von einem Pariser Theater lag bereits vor. Sie schickten Angebote nach Holland, Dänemark und Belgien, an Orte, wo parallel und zahlreich über sie berichtet worden war. Antoney begab sich in der Zwischenzeit daran, ein neues Ballett zu kreieren. Inspiriert war es von einer Diskussion mit Riley über die Frage, ob der Tanz versuchen sollte, seine Musik zu werden. Antoney wollte damit experimentieren, dass einzelne Körperteile einzelne Instrumente wiedergaben. Konnte der Bauchnabel zum Klavier werden? Konnten die Schultern die Reinheit von John Coltranes Tenorsaxofon erreichen? Doch er hatte Mühe mit dem Stück. Es ließ sich nicht fassen. »Bei jedem neuen Stück ist es am Anfang dasselbe«, offenbarte er Riley bei ihrem ersten Interview in dem Café. »Ich fühle mich total unfähig und völlig verängstigt. Ich sehe etwas , eine Beugung, eine Begegnung von Körper und Musik, aber ich weiß nicht, was daraus wird. Ich suche, ich fühle es, aber ich finde es nicht. Es macht mir Angst.« (Riley hatte Antoney in diesem Moment genau beobachtet, wie er innehielt, wie er den Kopf schräg nach oben in Richtung des farbigen Glasfensters neigte, wie ein Vogel, der lauscht.) »Wenn ich es dann endlich habe«, fuhr Antoney mit blitzenden Augen fort, »wenn ich es ein Stück weit vorangetrieben habe, hab ich das Gefühl, ich hätte ein ganzes Tagespensum erledigt, sollte meinen Mantel holen und ein Bier trinken gehen. Die ersten Schritte sind die reine Perfektion. Sie strahlen. Ich wünschte, ich könnte sie den Leuten so zeigen, so ganz für sich, bevor der ganze Rest das dann zerstört.«
    Ekow tat die Idee für das neue Ballett als schlicht und prätentiös ab. Antoney erwiderte, das ginge ihn nichts an. Oscar hatte schon lange auf Antoney eingeredet, damit er Ekow auch einmal an die Choreografie ließ, aber Antoney sperrte sich. Es widerstrebte ihm, selbst Oscar ein Mitspracherecht zu gewähren. Er wollte sich beweisen, dass er es alleine schaffen konnte. Die Truppe trat immer noch regelmäßig in Londons Umgebung auf, es war eine willkommene Ablenkung von dem, was sich zu einer kreativen Blockade auswuchs, aber die Feindseligkeit zwischen Antoney und Ekow nahm nur noch zu, da Antoney sich weigerte, auch nur ein kleines Stück Kontrolle abzugeben. Die Beleuchtungsprobe und der Soundcheck wurden zu Zweikämpfen, denn nun wollte Ekow wenigstens hier das Sagen haben. Vor einem Auftritt in Greenwich warf Antoney in einem Wutanfall die Scheibe aus dem Blues-House-Stück quer über die Bühne und verfehlte nur knapp einen Techniker. Auch die Proben waren von Konflikten geprägt. Simone schlug sich auf Ekows Seite, unterstützte all seine Vorschläge und zog Antoneys Worte in Zweifel. Sie beklagte sich laut über die mageren Summen, die die Tänzer erhielten, und befeuerte damit die allgemeine unterschwellige Unzufriedenheit über die Diskrepanz zwischen dem Erfolg der Compagnie und den Einkünften ihrer Mitglieder. Simone war, Rileys Meinung nach, ein bösartiges, hinterhältiges Wesen, und er fand auch Benjamin sehr unangenehm. Riley hatte miterlebt, wie er Antoney einmal des Diebstahls bezichtigt hatte. »Sag du mir die Wahrheit. Du hast nie mal in die Kasse gegriffen, um dir einen Burger oder ein Fläschchen Rum zu

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