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Als würde ich fliegen

Als würde ich fliegen

Titel: Als würde ich fliegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Evans
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der wahre Grund für Carlas Reiseübelkeit, ihre Distanziertheit und ihre Weigerung zu tanzen bewusst wurde.
    » Vierter Monat ?«, sagte er. »Vierter Monat, und du sagst es mir erst jetzt ?«
    »Ich hab ja versucht, es dir zu sagen, unzählige Male, aber du …«
    »Große Güte.«
    Er schüttelte unentwegt den Kopf. Schon wieder verletzte er sie.
    »Was siehst du denn in mir?«, fragte sie und zog ihr Nachthemd an. »Wir sind ja nicht erst seit Kurzem zusammen. Ich versteh nicht, wieso du so außer dir bist.«
    »Ich kann kein Kind großziehen!«
    » Wir .«
    »Über so was haben wir bisher noch nicht einmal gesprochen .«
    »Nun, Antoney, manche Dinge geschehen einfach, da kann man nichts tun. Man muss damit leben.«
    Ein gereiztes Schweigen entstand. Antoney sah Kinderwagen vor sich, Schnuller, Milchflaschen, Frauen, die mit geschwollenen Knöcheln über die Portobello Road watschelten, ruinierte Rücken und Nächte voller Gebrüll, die in seinem Kopf hallten. Eine befremdende Vorstellung. Ein trostloses, angebundenes Dasein.
    Irgendwann setzte sich Carla zu ihm, schon ruhiger, und legte das Kinn auf seine Schulter. »Kannst du dir das denn gar nicht vorstellen?«, fragte sie. »Ein kleines Wesen, unser Wesen, um das wir uns gemeinsam kümmern? Wir könnten uns ein Haus suchen. Ich hab darüber nachgedacht. Du müsstest gar nichts aufgeben, alles bliebe, wie es ist – es gäbe nur einen kleinen Menschen, um den wir uns kümmern müssen … Es macht mir nichts aus, nicht zu heiraten.«
    Er schwieg. Dann sagte er, ohne sie anzuschauen, tonlos und vorwurfsvoll: »Du willst also gewöhnlich sein.«
    »Was?«
    Er erklärte es nicht. Sie stand vor ihm, am Fußende des Bettes, die Hände auf dem Bauch und schrie: »Und das hier findest du gewöhnlich?« Mit raschem Schritt ging sie zum Sessel am Fenster, griff nach ihrem Bademantel, schlüpfte hinein und band ihn an der Taille zusammen. Dann stürmte sie in das angrenzende Badezimmer und schlug die Tür hinter sich zu.
    Er spielte es in Gedanken durch, den Kinderwagen, ihre Worte von einem Haus und dass sich nichts ändern würde, aber das sah er nicht. Es würde nicht funktionieren. Er sah nur Eintönigkeit und Endgültigkeit. Er dachte an seine Mutter und ihre große Enttäuschung. Er hatte sie nie gebeten, sich für ihn aufzugeben, aber sie warf es ihm trotzdem vor. Er würde sich nicht in diese Lage begeben. Er würde es nicht wiederholen. Tanzen und Kinder passten nicht zusammen. Eine wichtigste Sache im Leben. Eine, nicht zwei.
    Aber es gab eine Lösung, und als sie ihm einfiel, erhob er sich. Natürlich. Dinge ließen sich wegzaubern. Schau hinter die Maske der Täuschung. Er zog die Unterhose an und legte sich sorgsam die Worte zurecht. Als er an die Badezimmertür klopfte, war ihm ganz leicht ums Herz. Sie saß auf dem Toilettendeckel, sie wirkte sehr schmal, so weit entfernt hinter all den Spiegeln und dem frei stehenden Waschbecken mit den goldenen Hähnen. Sie blickte nicht auf.
    Er kniete sich ihr zu Füßen, nahm ihre Hände, sie widerstand. »Schon gut«, sagte er.
    Ihre Augen wurden feucht.
    »Wir kümmern uns darum.«
    Sie nickte, ein angedeutetes Lächeln, Tränen fielen ihr von den Wangen.
    »Heutzutage ist das legal«, sagte er. »Sobald wir zurück sind – wir machen das richtig. Noch ist es nicht zu spät. Und ich werde dich dabei keinen Moment alleine lassen.«
    Carla brauchte eine Weile, um seinem Gedankengang zu folgen. Zunächst konnte ihr Verstand das überhaupt nicht fassen, aber als es ihr aufging, trat sie Antoney in die Eier.
    »Hey, pass auf!«
    Ihre Augen waren mörderisch. Ihr Haar war wüst. »Du willst also, dass ich es töte.«
    »Das ist doch kein Töten, das ist …«
    »Kapierst du es denn nicht, du Mistkerl? Ich liebe dieses Kind schon jetzt!« Sie warf eine Seifenschale nach ihm. Er duckte sich. »Raus hier.«
    »Carla …«
    »Raus hier.«
    »Nun warte, lass uns doch …« Es folgten eine Flasche edlen Shampoos und eine Flasche anderen Inhalts.
    »Ich hab gesagt, verpiss dich!«, brüllte sie.
    Was also blieb ihm anderes übrig?
    Er saß im Wintergarten und versuchte nachzudenken. Doch je öfter er es im Geiste durchspielte, umso erzürnter wurde er. Das hatte sie doch absichtlich getan, um ihn an die Kette zu legen. Sie hatte kein Recht dazu. Sie machte ihn fertig. Er hatte keine Lust zu trinken, stattdessen rauchte er viele Zigaretten, und als es langsam hell wurde, brach er zu einem Spaziergang auf, erst über den Rasen,

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