Als würde ich fliegen
rumzukommandieren.«
Als Antoney sich ganz aufrichtete, schubste Ekow ihn in den Korbstuhl zurück und hielt ihm die Flasche vors Gesicht. Er drohte bei jedem Wort mit ihr. »Hör mir zu, und hör mir gut zu«, sagte er. »Ich hab das mit dem Weggehen ernst gemeint. Wenn wir erst wieder zu Hause sind, bin ich raus. Ich hab genug. Ich tu nur noch diese eine Sache hier für dich. Dass ich dein Trauzeuge bin, ist mein Abschiedsgeschenk, weil du mich darum gebeten hast, weil du mein Bruder bist, vor allem aber, weil Carla deine Rettung ist. Ohne sie bist du ein Arsch.« Antoney schaute ihn finster an, sein Mund so zäh wie Mangofäden. »Im Grunde«, sagte Ekow, »mach ich das sowieso mehr für sie als für dich, denn aus irgendeinem mir unerfindlichen Grund liebt sie dich. Keine Ahnung, wieso. Also, was immer hier oben Seltsames vorgeht«, er tippte mit der Flasche an Antoneys Kopf, »was immer es ist, tu was dagegen, geh zu einem Seelenklempner, egal, was auch immer – aber wenn du das versaust, Antoney, wenn du ihr das versaust, ich schlag dich zu Brei. Ich schlag dich so zusammen, dass kein Knochen heil bleibt. Hast du verstanden?«
Die finstere Miene war fort. Er sah hinauf zu Ekow, mit offenem, aufrichtigem, neugierigem Blick. Die anderen lärmten und lachten im Garten.
»Wie machst du das, Ekow?«, fragte er.
»Wie mach ich was?«
»Wieso fällt dir alles so leicht?«
Ekows Hände sanken herab. Bei seiner Antwort, die nur sehr langsam kam, neigte er den Kopf ein wenig nach links.
»Leicht, Mann?«, sagte er. »Gar nichts ist leicht. Aber ich weiß, wohin ich will.«
Und er gewährte ihm seinen kleinen Nachtspaziergang. Aber nicht bis ans Meer, nichts bis ins Wasser, nicht länger als eine Stunde, nicht weiter als bis zur Baumgrenze. Er gab ihm die Hand darauf. Ekow setzte sich auf einen bequemen Stuhl mit Blick in den Garten. Er legte die Füße auf einen Hocker, und als es kühler wurde, zog er sich eine Decke über die Knie. Er dachte an den nächsten Tag, er malte sich aus, wie Carla am Morgen zu einem Raunen die Treppe herunterschreiten würde. Ob Simone eines Tages seinetwegen die Treppe herunterschreiten würde? Er schaute durch das Glasdach hinauf in den Nachthimmel und musste an etwas denken, was er einmal gelesen hatte, über die Zeit und die Sterne. Die Sterne sind nicht so, wie das menschliche Auge sie sieht. Das unvollkommene menschliche Auge sieht nur den zitronengelben Schimmer der ihm bekannten Zeit, doch Lichtjahre von uns entfernt strahlen die Sterne in Rot und all den anderen Farben, die das galaktische Geheimnis vor uns verbirgt. Vor seinem Auge stieg ein anderer Himmel auf, so wie er wirklich aussehen könnte, ein Meer voll nackter, funkelnder Farben. Weinrot, tiefgrün leuchteten und kreisten, kreisten die Sterne langsam durch das kalte Universum.
»Mr. Fontaine. Komm endlich zu dir!«
Fansa träumte vom Fischen. Er saß auf einem Felsenhügel inmitten des Ozeans, die Schnur spannte sich, er stand kurz davor, den größten Fisch der Welt zu fangen, da hörte er die tiefe Stimme seiner Frau, die ihn von einem herannahenden Dampfer rief.
»Mr. Fontaine!«
Die Felsen unter ihm wurden weich. Er befühlte sie, sie hatten sich in Gras verwandelt, er sank. Er mühte sich nach oben und riss die Augen auf. Ein pudrig blauer Himmel. Die Umrisse von Bäumen. Simone mit einem Haarnetz, sie spie vor Wut.
»Alphonso. Wo ist Antoney?«
Fansa bemerkte, dass er auf dem Rasen saß, etwa zwanzig Meter vom Wintergarten entfernt. Er schaute sich um, klopfte auf den Boden, als könnte er den winzigen Antoney irgendwo zwischen den Grashalmen entdecken.
»Weißt du, wie spät es ist?«, fragte Simone.
»Wie spät ist es? Welcher Tag ist heute?«
»Samstag. Acht Uhr. Und für elf ist eine Hochzeit geplant.«
» Scheiße .« Fansa rappelte sich mühsam auf. »Wo sind meine Schuhe?«
»Egal. Viel wichtiger, wo ist Antoney ?«
»Weiß nich.«
Sie schlug ihm hart gegen die Brust. Die Braut, so wurde er belehrt, war oben und machte sich bereit. Die Baronesse lief auf Hochtouren. Der Graf war auf dem Weg, die Aristokratie, der Filmstar, die Presse, der Standesbeamte. Fansa nahm allmählich die Aktivitäten rings um das Schloss wahr, Stühle kamen heraus, Menschen eilten umher. »Sag mir, was passiert ist, oder ich schlag noch einmal zu.«
Er versuchte, sich zu erinnern. Bruchstücke trieben in einem wässrigen Nebel. »Wir waren am Strand«, sagte er.
»Am Strand.«
»Und die Jungs wollten schwimmen
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