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Also sprach GOLEM

Also sprach GOLEM

Titel: Also sprach GOLEM Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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als diskriminiere er die Humanisten;gegenwärtig kennen wir seine Kriterien einfach nicht, weil er sie nicht benennen will.
    Nach einigen unliebsamen Vorkommnissen haben wir die Verfahrensordnung dahingehend geändert, daß nunmehr jeder neue Teilnehmer, der GOLEM vorgestellt wurde, auf der ersten Sitzung nur dann das Wort ergreift, wenn GOLEM sich direkt an ihn wendet. Dumme Gerüchte, die etwas von einer »höfischen Etikette« oder von unserem »unterwürfigen Verhältnis« zur Maschine wissen wollen, entbehren jeder Grundlage. Es geht ausschließlich darum, daß der Neuankömmling sich mit den bestehenden Bräuchen vertraut macht und daß er nicht unangenehmen Erlebnissen ausgesetzt wird, die aus seiner Unkenntnis der Intentionen des Lichtpartners erwachsen könnten. Eine solche Erstteilnahme nennen wir »Einübung«.
    Jeder von uns hat im Laufe der verschiedenen Sitzungen ein gewisses Erfahrungskapital gesammelt. Dr. Richard Popp, eines der ehemaligen Mitglieder unseres Teams, bezeichnet GOLEMs Humor als mathematisch, und einen Schlüssel zu seinem Verhalten liefert teilweise die Bemerkung Dr. Popps, daß GOLEM von seinen Gesprächspartnern in einem Maße unabhängig sei, wie es kein Mensch von anderen Menschen sein könne, weil er sich in der Diskussion nur in mikroskopischem Umfang engagiere. Dr. Popp meint, GOLEM befasse sich überhaupt nicht mit den Menschen – da er wisse, daß er von ihnen nichts Wesentliches erfahren könne. Dieser Auffassung Dr. Popps – das möchte ich gleich betonen – stimme ich nicht zu. Nach meiner Ansicht hat GOLEM sogar ein sehr großes Interesse an uns, allerdings in einer anderen Weise, als das zwischen den Menschen der Fall ist.
    Sein Interesse gilt eher der Gattung als ihren einzelnenVertretern: unsere Gemeinsamkeiten erscheinen ihm fesselnder als unsere möglichen Unterschiede. Das ist gewiß der Grund seiner Geringschätzung für die schöne Literatur. Er hat übrigens selbst einmal geäußert, die Literatur sei ein »Auswalzen von Widersprüchen« oder, wie ich von mir aus hinzufügen möchte, ein Ringen des Menschen in den Fesseln von Handlungsanweisungen, die nicht gleichzeitig befolgt werden können. An solchen Widersprüchen mag GOLEM die Struktur interessieren, nicht aber das Pittoreske ihrer Qual, das die größten Schriftsteller fasziniert. Freilich sollte ich auch hier anmerken, daß diese Feststellung ungesichert ist – ähnlich wie übrigens der restliche Teil einer Bemerkung GOLEMs, die er im Zusammenhang mit dem (von Dr. E. MacNeish erwähnten) Werk Dostojewskis äußerte, von dem er feststellte, es lasse sich insgesamt auf zwei Ringe der Algebra von Konfliktstrukturen reduzieren.
    Kontakte zwischen den Menschen sind stets von einer bestimmten emotionalen Aura begleitet, und was so viele Personen, die mit GOLEM in Berührung gekommen sind, verwirrt, ist nicht so sehr ihr völliges Fehlen als vielmehr ihr »Schwanken«. Menschen, die seit Jahren mit GOLEM Umgang haben, können bereits gewisse, recht eigenartige Eindrücke benennen, die sie bei den Gesprächen gewinnen. Beispielsweise den Eindruck wechselnder Distanz: Mal scheint GOLEM sich dem Gesprächspartner zu nähern, mal scheint er sich von ihm zu entfernen – im psychischen, nicht im physischen Sinne; was da geschieht, gibt vielleicht ein Vergleich wieder, der sich auf die Kontakte zwischen einem Erwachsenen und einem Kind bezieht, das diesen tödlich langweilt: Selbst ein geduldiger Mensch wird dem Kind bisweilen nur auf eine mechanisch-gedankenlose Artantworten. GOLEM ist uns nicht nur durch sein intellektuelles Niveau, sondern auch durch seine Denkgeschwindigkeit gewaltig voraus (im Prinzip könnte er, da er mit Licht arbeitet, Gedanken bis zu vierhunderttausendmal schneller artikulieren als der Mensch).
    Selbst wenn er mechanisch und mit geringem Engagement antwortet, ist GOLEM uns also immer noch überlegen. Wir haben dann, bildlich gesprochen, statt des Himalayas »nur« die Alpen vor uns. Ganz intuitiv spüren wir diese Änderung jedoch und interpretieren sie eben als »Änderung der Distanz« (diese Hypothese stammt von Professor Riley J. Watson).
    Eine Zeitlang haben wir immer wieder das Verhältnis »GOLEM – Menschen« durch die Beziehung »Erwachsener – Kind« zu deuten versucht. Es kommt ja vor, daß wir einem Kind ein uns bedrängendes Problem zu erklären versuchen, doch werden wir dabei das Gefühl nicht los, einen »schlechten Kontakt« zu haben. Ein Mensch, der unter lauter

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