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Alta moda

Alta moda

Titel: Alta moda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Mann ist.« Der Hund… Er hatte gewußt, daß der Hund die Schlüsselfigur war, aber bevor er Bini danach fragen konnte, hatte diese Bauersfrau sie angehalten und von dem anderen Hund angefangen. Und er? Wo sollte er jetzt anfangen? Die Fakten. Halte dich an die Fakten.
    Giovanni Salis war, so stand es in den Akten, zur Fahndung ausgeschrieben. Aber nicht, weil er – wie Puddu – einen Hafturlaub zur Flucht benutzt hatte. Salis hatte seine Strafe abgesessen, war im Gefängnis grau geworden, und es gab, wie Bini abermals richtig bemerkt hatte, kein neueres Verbrecherfoto von ihm, weil man ihn nach seiner letzten Tat nie geschnappt hatte. Salis wurde wegen Mordes gesucht, wegen des Mordes an einem Hütejungen.
    Als der Maresciallo im Dorf anlangte, da konnte Maestrangelo seinen Zorn kaum noch bändigen. Es war hoffnungslos: Kaum verdarb man es sich mit einer Familie, schon hatte man das ganze Dorf gegen sich. Und hier war mehr als eine Familie in ihrem Stolz gekränkt worden. Der Capitano, der sich verantwortlich fühlte, gab sich die Schuld an Dingen, gegen die er machtlos war. Trotzdem, was hier geschah, war nicht sein Stil. Und außerdem funktionierte es nicht.
    »Wenn ich nur die richtigen Männer hätte…«
    Der Maresciallo brachte eine zugleich gute und schlechte Nachricht. Schlecht, weil man die Dorfbewohner zu Unrecht verdächtigt hatte. Gut, weil dieser Irrtum die Ermittlungen dennoch nicht beeinträchtigte – im Gegenteil, er führte sie genau auf den richtigen Kurs, doch hätten sie ihn vorsätzlich eingeschlagen, wäre der nötige Aufwand kaum zu rechtfertigen gewesen. Die Salis-Spur war eine Finte, soviel wußte der Maresciallo inzwischen, aber diese gutgläubig angeordnete Razzia würde die wahren Täter zufriedenstellen und Salis so in Rage bringen, daß er ihnen – vorausgesetzt, man kam irgendwie an ihn heran – vielleicht sogar helfen würde, den verhaßten Feind, der ihm das angehängt hatte, zu schnappen.
    Sie fuhren zurück ins Dorf und suchten Bini auf. Der verschonte den Capitano mit seinen Witzen, ersparte ihm aber nicht die Litanei des Märtyrers, der auch nach Abschluß des Falles noch mit den Einheimischen würde zusammenleben müssen. Der Capitano appellierte an seine Vernunft: Je eher der Fall geklärt sei, desto besser für alle Beteiligten. Und tatsächlich brachte er den Mann dazu, ihnen einen brauchbaren Bericht über den Mord zu liefern. Bini konnte ihnen sagen, was in keinem amtlichen Protokoll zu lesen stand: mit wem sie es zu tun hatten und was die mutmaßlichen Motive der Täter waren.
    Als Giovanni Salis im Gefängnis saß, war seine Herde von einem Vetter betreut worden, der dann aber nach Sardinien zurückkehrte, wo seine Mutter gestorben war und ihm ein Stück Land vererbt hatte. An seine Stelle trat ein Neffe Giovannis, ein gewisser Francesco Vargiu, ein Halbwüchsiger, den es erst vor kurzem ›auf den Kontinent‹, wie man in der Toskana sagte, verschlagen hatte. Mit diesem Neffen nun gab es recht bald Ärger. Giovannis Frau kam dahinter, daß er seine Arbeit vernachlässigte und in der Dorfkneipe mit einer rivalisierenden Sippe verkehrte. Der Junge war heroinsüchtig, was er aber vor der eigenen Familie geheimzuhalten suchte. Die gegnerische Sippe versorgte ihn mit Stoff, und er bezahlte sie dafür mit Schafen aus Giovannis Herde. Bei gestohlenen Schafen nützten auch keine Brandzeichen, die wurden höchstens durch Zufall wiedergefunden, etwa bei der Suche nach einem Entführungsopfer. Aber selbst dann hatte man sie auf dem Schmugglerpfad zwischen Bologna und Rom meist schon so weit von ihrem Heimatort verschleppt, daß sich die rechtmäßigen Besitzer kaum mehr ausfindig machen ließen. Salis’ Sippe rückte aus, um dem Jungen und seinen Dealern eine Lektion zu erteilen, aber alles, was dabei herauskam, war eine Messerstecherei in der Dorfkneipe. Den Drogenhandel konnte man nicht unterbinden. Salis wußte über alles Bescheid, als er aus der Haft entlassen wurde. Er ging nach Hause, aß zu Abend und legte sich schlafen. Doch schon vor Morgengrauen stand er wieder auf, nahm das Gewehr vom Haken hinter der Tür, trat in den Pferch, wo der Verräter bei der Herde schlief, und zielte auf das Herz des treulosen Spitzbuben. Aber der Neffe war jung und wendig, und die Angst hatte ihn selbst im Schlaf wachsam bleiben lassen. Er rollte blitzschnell zur Seite und sprang so rasch auf die Füße, daß der erste Schuß nur seine Schulter durchschlug. Dann rannte er hinaus auf

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