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Alta moda

Alta moda

Titel: Alta moda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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sie über ihre beschränkten Verhältnisse jammern wollte, dann wäre sie besser nicht in dem teuren Pelzmantel aufgetreten.«
    »Hm… Abgesehen davon, daß der gar nicht zu einem jungen Mädchen paßt. Vielleicht gehört er ihrer Mutter.«
    »Womöglich meine Schuld. Es war so kalt an dem Tag, da hab ich ihr geraten, was Warmes anzuziehen. Trotzdem, ein schlichter Pelz hätte es auch getan… besser noch ein Lodenmantel. Beschränkte Verhältnisse…«
    »Aber ist sie denn nicht sehr intelligent?«
    »O doch. Ihr Professor, sagt sie, hätte große Stücke auf sie gehalten. Allerdings hat sie sich jetzt wegen der Entführung entschlossen, ihr Studium aufzugeben.«
    »Das ist jammerschade. Aber sie kann ja jederzeit zurück an die Uni, wenn die Sache ausgestanden ist. Hoffen wir, daß sie gut ausgeht. Was meinst denn du, Salva?«
    »So was läßt sich nicht voraussagen. Zumal die Erpresser sich nicht rühren. Der Capitano macht sich große Sorgen deswegen, er sagt, das ist ein Machtkampf, die lassen die Familie zappeln, um ihnen zu zeigen, daß sie keine Eile haben, daß sie sich sicher fühlen.«
    »Und du? Machst du dir auch Sorgen deswegen? Ist es das, was dich seit Tagen so umtreibt? Komm, gib mir deine Tasse, ich bin dafür, daß wir heute mal zeitig schlafen gehen.«
    Das Rezept bekam ihm gut. Obwohl er die Nacht durchschlief und sich beim Aufwachen an keine Träume erinnern konnte, hatte der Maresciallo am nächsten Morgen das Gefühl, schon um einiges klarer zu sehen. Er war oft in der Situation, des Rätsels Lösung greifbar nahe zu wissen und doch wie blind daran vorbeizutappen, und das machte ihn jedesmal mürrisch und in sich gekehrt – jedenfalls behaupteten das die anderen. Das beste Mittel dagegen war ein eintöniger Arbeitstag in seinem kleinen Amtszimmer, ohne Vorgesetzte, Staatsanwälte und ohne die Familie Brunamonti. Und genau so einer stand für heute auf seiner Agenda, zumindest bis zum Mittag.
    Um acht saß er hinter seinem Schreibtisch, und bis zwölf hatte er eine Frau empfangen, die sich von zwei Elektrikern bedroht fühlte, die, obwohl sie beim Verlegen der neuen elektrischen Leitungen in ihrem Haus ganz liederlich gepfuscht hatten, massiv auf Bezahlung drängten; einen älteren Mann, der ein Führungszeugnis für einen Waffenschein beantragen wollte, weil er entschlossen war, den nächsten Halunken, der ihn vor der eigenen Haustür überfiel und ausraubte, auf der Stelle zu erschießen; und einen Jungen, dem man sein Moped gestohlen hatte. Als er alle abgefertigt und aufgerichtet hatte, ging es auch dem Maresciallo wieder besser.
    »Ah«, seufzte er leise, als ein Sorgenquell sich aus dem diffusen Unbehagen herauskristallisierte. Eine leere Hundehütte: Den Hund, den hätten Sie besser aus dem Spiel gelassen… Einer, der schon so tief in der Klemme steckt … Die hätten doch jetzt keinen Hütejungen mehr gekriegt.
    Der Maresciallo ließ sich das eine Weile durch den Kopf gehen.
    Selbst wenn er nicht gesucht wurde und sich verstecken mußte, war einer wie Salis dauernd unterwegs und schmuggelte gestohlene Schafe den Apennin rauf und runter oder verschob geklaute Waffen und Autos. Für die Herde daheim hielt er sich, wie alle seine Landsleute, einen Hütejungen. Seine Frau besorgte die Käserei, das Leben ging seinen Gang, und seine Tarnung war gesichert. Das galt auch dann, wenn er saß. Und wenn er auf der Flucht war, ebenso.
    Die hätten doch jetzt keinen Hütejungen mehr gekriegt.
    Der Maresciallo versuchte, Capitano Maestrangelo zu erreichen und war ganz geknickt, als er hörte, der Chef sei aufs Land hinausgefahren, um eine Razzia durchzuführen, an der auch Interpol beteiligt sei. Guarnaccia hätte um ein Haar eingehängt, um sich das Ende dieser Unglücksnachricht zu ersparen. Die Razzia war indes unumgänglich, das wußte er. Man würde alle verdächtigen Familien unter die Lupe nehmen und feststellen, ob irgendwo jemand abgängig war. Denn irgendeiner schaffte Proviant in die Berge hinauf, und die Geisel wurde dort oben auch nicht von Salis allein bewacht. Aber wie Bini ganz richtig gesagt hatte, konnte man eine Fahndung so oder so durchführen, und die Methoden der Kriminalpolizei waren nicht die der Carabinieri, die weiter unter der Landbevölkerung leben mußten, wenn die Polizeibeamten längst wieder abgezogen waren.
    »Und außerdem sind sie hinter den Falschen her«, grummelte der Maresciallo. »Die Leute in Binis Dorf, die sind’s nicht gewesen, weil Salis nicht unser

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