Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)
sie hintreten und es ihr vom Hals reißen?«
» Wenn nötig.« Der Mann, der sich Nikolai Popow nannte, lächelte, aber die Kälte in seinen Augen kam direkt aus den schneebedeckten Steppen Sibiriens.
Er schaute auf seine goldene Rolex. Eine verdammt teure Ausstattung für einen Kommunisten, dachte ich. » Ich hole Sie um neun Uhr heute Abend an der Ecke… wie heißt dieser berühmte Platz, wo sich die ganzen sexy Starlets herumtreiben? Hollywood and…?«
» Vine«, sagte ich, aber es klang wie ein Kreischen.
» Ja, Hollywood and Vine. Seien Sie pünktlich.«
31
» Und wie gehen wir nun vor?«, fragte ich später am Abend, als wir vom San Vicente mit seinen riesigen Korallenbäumen abbogen und in die Gegend von Brentwood kamen, die als die Helenas bekannt ist. Die Häuser hier waren keine protzigen Villen, ganz und gar nicht, kosteten aber immer noch ein hübsches Sümmchen.
» Es ist ja keine Nuklearphysik«, sagte Nikolai Popow. » Wir gehen rein, holen uns das Amulett und verschwinden wieder.«
Die auf altmodisch gemachten Kugellampen warfen in Abständen Lichtkegel auf die Eukalyptusbäume, aber die Häuser versteckten sich hinter hohen Mauern, und die Straßen und Gehsteige waren menschenleer. Niemand führte seinen Hund spazieren oder brachte den Müll zur Tonne.
Ich rechnete damit, dass Popow an Marilyns Sackgasse vorbeifahren und irgendwo weiter unten in einer der anderen Straßen parken würde. Stattdessen bogen wir in den Fifth Helena Drive und fuhren schnurstracks zu Nummer 12305 mit seinen weiß getünchten, von Bougainvilleen geschmückten Mauern. Zu meiner Überraschung stand das große grüne Eingangstor sperrangelweit offen, als hätte sie uns erwartet.
Popow schlug die Wagentür zu, als er ausstieg, und mir wäre fast das Herz stehen geblieben. Irgendwo begann ein Hund zu bellen, aber keine Lichter gingen an. Die Nachtluft war mild, und nur eine leichte Brise bewegte die Spitzen der hohen Eukalyptusbäume.
» Hier«, sagte Popow und zog zwei Paar Gummihandschuhe aus der Tasche. » Ziehen Sie die an.«
Es ist schon komisch, dachte ich, während ich die Handschuhe über meine schwitzenden Hände zerrte. Ich bin ein Verräter, ein Doppelagent, der seit Jahren die Geheimnisse seines Landes für die Russen stahl, und doch fühle ich mich heute Abend zum ersten Mal wie ein Dieb.
Die Eingangstür war verschlossen, aber Popow öffnete sie mit einem Dietrich.
Er knipste eine Stablampe an, als wir das Wohnzimmer betraten mit seinem dicken weißen Teppich, den strukturierten Alabasterwänden und der Decke mit den dunklen Balken. Es gab kaum Möbel, nur eine hölzerne Bank an einer Wand, eine rote Couch an einer anderen, ein schlichter Kaffeetisch aus Holz, flankiert von vier mexikanischen Hockern. Aber in den Ecken lagen stapelweise Schallplatten neben Bergen von Zeitschriften und Kartons voller Bücher.
» Hier sieht es nicht wie im Haus eines Filmstars aus«, sagte Popow.
» Sie hat einen Haufen Möbel in Mexiko gekauft«, sagte ich und glaubte plötzlich, sie verteidigen zu müssen, als würde sie mir irgendwie gehören. Samt ihren Sünden und kleinen Schwächen. » Das Zeug braucht eine Ewigkeit vom Land Mañana hierher.«
Durch das Fenster, das nach hinten hinausging, sah ich, wie sich das Mondlicht im Swimmingpool, in dem sie selten schwamm, spiegelte. Ein Stofftiger lag neben einem der Sessel auf der Veranda, als hätte man ihn dort ausgesetzt. Marilyn machte sich normalerweise nichts aus solchen Dingen, und ich fragte mich, wie er hierhergekommen war.
» Sie hat das Amulett höchstwahrscheinlich bei sich im Schlafzimmer«, sagte Popow. » Wir gehen als Erstes dorthin.«
Die Schlafzimmertür war verschlossen, aber erneut öffnete der Russe sie mühelos.
Es war stockdunkel im Raum, und die Luft war übersättigt vom Duft ihres Chanel No. 5. Ich hörte eine Nadel am Ende einer Schallplatte kratzen und das rauschende Geräusch ihres durch Medikamente beeinträchtigen Atmens.
Der Strahl von Popows Taschenlampe irrte durch das Zimmer, beleuchtete ein Paar schwarze Stilettos auf dem Boden, ein Häufchen schmutzige Wäsche und weitere Schallplattenstapel, einen Wandleuchter aus Messing.
Dann, als hätte der Russe den Moment nur genießerisch hinauszögern wollen, traf der Lampenstrahl Marilyn auf dem Bett.
Ihr weißes Telefon lag neben ihr, es hing halb von der Gabel. Das Licht fiel zuerst darauf und wanderte dann über ihren Körper. Sie lag auf der Seite, Arme und Beine ausgestreckt.
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