Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)
sie hätte sich all die Glasur der Hochzeitstorte aus den Haaren gewaschen, und dann wurde ihr klar, dass es das Blut des Mannes mit dem Pferdeschwanz sein musste und wahrscheinlich auch etwas von seinem Gehirn, und ihr schauderte.
» Er wollte, dass ich ihm den Knochenaltar gebe, aber vorher wollte er mich nur so zum Spaß foltern.« Sie sah Ry in die Augen. Er wirkte ernst und hart, aber da war auch eine Zärtlichkeit, und sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. » Sie haben auf mich aufgepasst, Ry. Ich hätte Ihnen schon längst danken sollen.«
Er strich ihr das Haar aus der Stirn, das mit Blut dort klebte. » Nach dem, was Sie durchgemacht haben, würden die meisten Leute jetzt in der Embryonalstellung in der Ecke liegen, also seien Sie nicht so streng mit sich. Und wenn man in der Welt, aus der ich komme, sagt, man passt auf jemanden auf, dann heißt das, man weiß, dass der andere auch auf einen selbst aufpasst.«
Zoe fühlte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen, und sie wandte verlegen den Blick ab. Aber sie war auch zum Bersten voll mit verschiedenen Gefühlen, die sie nicht recht benennen konnte. Stolz vermutlich, aber auch etwas wie Vertrauen, ein tiefes, dauerhaftes Vertrauen zu dem Mann, der vor ihr kniete, und ebenso ein Vertrauen in sich selbst.
» Wirklich?«, sagte sie. » Sie verlassen sich wirklich darauf, dass ich auf Sie aufpasse?«
» Absolut.«
Sie räusperte sich. » Okay, dann… Gut.« Sie stieß die Leiche mit dem Fuß an. » Jetzt werden wir wohl nicht mehr herausfinden, ob er für Popows Sohn gearbeitet hat oder nicht.«
Ry stand auf. » Was ich mich frage, ist, woher der Bursche wohl wusste, dass er uns ausgerechnet hier finden würde.«
» Was denkst du denn, woher er es wusste, Ryluschk a ?«
Madame Blotski stand im Eingang. Sie hatte eine Pistole in der Hand.
34
» Du bückst dich jetzt bitte langsam und legst die Pistole auf den Boden«, sagt Anja Blotski. » Mit dem Lauf zu dir… Ja, sehr gut. Und jetzt schiebst du sie zu mir herüber.«
Ry folgte. Die Walther rutschte nicht sehr gut auf dem dicken Teppich, aber weit genug, damit sie außer Reichweite für ihn war.
Er richtete sich auf und ließ die Hände sinken. » Seit wann arbeitest du für die bösen Jungs, Anja?«
» Es gibt keine Guten und Bösen, nur Lebende und Tote. Hast du das nicht einmal zu mir gesagt?« Sie deutete mit der Waffe zu dem Tisch mit dem Samowar. » Wärst du jetzt so freundlich, hier herüberzugehen… Halt, das ist weit genug. Ich will dich nur von deiner kleinen Freundin trennen, aber nicht so weit, dass ich euch nicht mehr beide im Blick habe.«
Aber Zoe sah, dass die Russin eigentlich nur voll und ganz auf Ry konzentriert war. Deshalb nutzte sie die Gelegenheit, sich eins der Kissen vom Diwan auf ihren Schoß zu ziehen, um das Messer des Mannes mit dem Pferdeschwanz zu verbergen, das dort lag.
Sie sah vom Lauf der kleinen Luger in der Hand der Frau zu Rys Gesicht. Er wirkte nicht überrascht, eher enttäuscht, und Zoe wurde klar, dass er sofort gewusst haben musste, dass der Mann mit dem Pferdeschwanz sie nur mit Madame Blotskis Hilfe hier gefunden haben konnte.
» An wen hast du uns denn verkauft?«, sagte Ry, und Zoe fragte sich, ob er so entspannt war, wie er klang. Denn so weit entfernt, wie seine Waffe lag, sah sie nicht, wie er sie aus diesem Schlamassel herausholen wollte, nachdem er so viele Informationen wie möglich aus der Frau herausgekitzelt hatte.
» Ich frage nur«, fuhr er fort, » weil ich das Angebot vielleicht erhöhen könnte.«
Madame Blotski schüttelte den Kopf, und Zoe sah überrascht, dass Tränen in ihren Augen und auf ihren Wangen glänzten. Die Waffe in ihrer Hand zitterte leicht. » Es gibt keine Summe, für die man das kaufen könnte, was er mir bietet.«
» Er?«
» Heute Nachmittag ruft mich ein Mann an, ein Fremder. Er sagt als Erstes nur ein Wort, einen Namen: Oksana.«
Sie schüttelte erneut den Kopf und weinte jetzt offener, ohne sich darum zu kümmern, ob sie es sahen. » Oksana. So heißt meine Nichte, Ry, und sie ist erst fünf. Sie lebt in St. Petersburg und liebt Dinosaurier und euren dämlichen SpongeBob Schwammkopf, und wenn sie groß ist, möchte sie Eiskunstläuferin bei den Olympischen Spielen werden. Dieser Mann gibt mir eine Handynummer und sagt, ich muss die Nummer anrufen, wenn du hierherkommst, und vom ersten Moment an wusste ich, ich würde es tun, wegen der Art, wie er ihren Namen gesagt hat.«
Sie schluchzte und
Weitere Kostenlose Bücher