Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)
Noch ein Pakhan in der Familie. Wenn Nikolai Popow mein Urgroßvater war, was ist dann sein Sohn… ein Großonkel? Sie glauben nicht, das könnte genetisch bedingt sein, oder?«, sagte sie und meinte es nur halb im Scherz.
Ry drehte ihren Kopf so, dass sie ihn ansehen musste. » Sie sind Sie und niemand anderer, Zoe. Das haben Sie schon tausend Mal bewiesen.«
Sie nickte, schluckte. » Ich weiß. Es ist nur… Ich weiß.«
Er strich ihr einmal mit dem Daumen über die Wange und zog seine Hand dann zurück. » Ich denke also, Nikolai Popow könnte seinem Sohn natürlich von dem Knochenaltar erzählt haben, und Ihr Mann mit dem Pferdeschwanz macht ganz den Eindruck eines typischen Vors. Aber was Yasmine Poole angeht?« Ry zuckte mit den Achseln. » Vielleicht arbeitet sie auch für ihn, aber ich glaube es nicht. Sie passt nicht in das Mafia-Schema. Soweit ich feststellen kann, ist Popows kriminelles Unternehmen nur innerhalb Russlands tätig, in einem extrem chauvinistischen Land also. Nichts gegen Ihre Mutter, Zoe, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ein echter russischer Pakhan einer Frau seine schmutzige Arbeit anvertraut, erst recht nicht einer, die so exzentrisch ist wie Yasmine Poole.«
» Vergessen wir nicht, dass da noch ein Typ in dem Film war«, sagte Zoe. » Der in der Eisenbahnerkluft, der das Gewehr von Ihrem Vater genommen hat. Katja hat sichergestellt, dass sein Gesicht gute zehn Sekunden lang groß im Bild war. Nachdem Ihr Vater tot ist, Nikolai Popow höchstwahrscheinlich inzwischen ebenfalls und sein Sohn ein Verbrecher, könnte dieser Mann in der Eisenbahneruniform der Einzige sein, der noch alles zu verlieren hat. Er könnte ein weiterer Maulwurf des KGB sein, so wie Ihr Dad. Vielleicht arbeitet Yasmine Poole wirklich für die CIA , und sie tun das alles, damit der Skandal nicht ans Licht kommt.«
Ry brummte zustimmend. » Wenn sich herausstellt, dass die CIA in die Ermordung Kennedys verwickelt war– und sei es auch nur als die Gelackmeierten– und dass sie es vertuscht haben, dann würden so viele Köpfe vom Capitol Hill rollen, dass sich der Potomac stauen würde.«
Zoe nahm die Ikone zur Hand und betrachtete sie erneut. Ein weiterer Gedanke war ihr gekommen. » Diese ganze Ikonensammlung meiner Mutter, ich wette, das war alles nur Fassade, eine Methode, sich einen Namen als ernsthafte Käuferin zu machen. Die hier ist die einzige, die sie in Wirklichkeit je haben wollte, Ry. Anna Larina weiß über den Knochenaltar Bescheid, keine Frage. Sie weiß vielleicht nicht alles, aber genug, um überzeugt zu sein, dass diese Ikone einen Hinweis liefert, wie man ihn findet.«
Zoe strich mit den Fingerspitzen über den reliefartig erhöhten silbernen Schädelbecher in den Händen der Madonna. Es war so anders als alles, was sie von Ikonen kannte. » Ich bin diejenige, die den Knochenaltar vor allen Jägern, einschließlich meiner eigenen Mutter, schützen soll, und doch weiß ich nicht einmal, wo oder was er überhaupt ist. All diese Hüterinnen, die vor mir kamen– ich will nicht die Erste sein, die versagt, Ry.«
Sie hatte nicht gemerkt, dass sie wieder weinte, bis er ihr die Hand an den Hals legte, um eine Träne von ihrer Wange zu wischen. » Sie versagen nicht, kommt nicht infrage. Wir werden nicht versagen, denn wir ziehen das gemeinsam durch. Von nun an stehe ich hinter Ihnen, Zoe, verlassen Sie sich darauf.«
Er legte ihr die Hand in den Nacken, und diesmal ließ er nicht los. Seine Hand war hart, schwielig, aber warm. Sie sah, wie sich seine Augen verdunkelten, und sie dachte: Jetzt küsst er mich.
Aber dann wandte er den Blick ab, und einen Moment später zog er auch die Hand fort, und ihr Hals fühlte sich seltsam kalt und nackt an ohne seine Berührung.
Zoe war nicht bewusst gewesen, wie hungrig sie war, bis sie zu essen anfing, und dann konnte sie nicht mehr aufhören. Die Suppe war kalt geworden, aber sie schmeckte immer noch wunderbar, und sie musste sich zusammennehmen, um den Karton nicht abzuschlecken. Und um die letzte Lammpastete hätte sie mit Ry gekämpft, wenn er versucht hätte, sie ihr wegzuschnappen.
Draußen im Nachtklub hörten sie Gespräche und Gelächter, das Klirren von Gläsern, einen melancholischen Pianisten und Madame Blotskis heisere Altstimme, die » La Vie en Rose« sang.
» Wissen Sie, Ry, ich habe mir überlegt…«
» Um Himmels willen, soll ich mich ducken?«
Sie suchte in den Kartons nach etwas, das sie nach ihm werfen konnte, aber sie
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