Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)
sich. Sie wehrte sich, aber er war zu stark. Bei einem Blick über die Schulter sah sie, dass sich Madame Blotski aufgesetzt hatte und eine Hand in die Seite drückte. Blut tropfte zwischen ihren Fingern hindurch.
» Es ist nur eine Fleischwunde«, sagte Ry. » Hoffen wir, dass es reicht.«
35
Zoe wischte den Dampf von der Fensterscheibe des Cafés, damit sie ein Auge auf den Antiquitätenladen auf der anderen Seite der Rue des Saints-Pères haben konnte. Seine Holzfront war im klassischen Jägergrün gestrichen. Der Name, Air de la Russie, war in diskreter Goldschrift über die Tür gemalt. Ein Metallgitter bedeckte jedoch immer noch die dunklen Flachglasfenster, während die anderen Läden in der Umgebung bereits einladend in den grauen, regnerischen Morgen leuchteten.
» ›M. Anthony Lovely, Propriétaire‹«, las Zoe laut die kleinere und noch diskretere Schrift unter dem Namen des Ladens. Sie hatten in die Auslage gespäht, ehe sie ins Café gegangen waren, und Zoe war beeindruckt gewesen. Soweit sie feststellen konnte, waren die Ikonen, Fabergé-Eier, russischen Lackdosen und der Schmuck von höchster Qualität. Monsieur Anthony Lovely verstand sich ohne Frage auf sein Geschäft.
» Was für ein sonderbarer Name. Anthony Lovely. Ich wette, es war ein echter Spaß für den kleinen Tony, mit so einem Namen aufzuwachsen. Er ist auch weder russisch noch französisch, was das angeht. Hoffentlich spricht er Englisch, denn ich hasse es, wenn die Leute munter drauflosplappern, und ich verstehe kein Wort. Nicht jeder spricht zig Sprachen wie Sie, Ry. Wenigstens bin ich zweisprachig.«
Sie hielt inne und sah auf die Uhr. » Es ist schon nach zehn. Was, wenn er nicht kommt?«
Ry steckte sich das letzte Stück Croissant in den Mund. » Zufällig spreche ich nur zwölf Sprachen fließend, aber ich kann mich in drei weiteren verständigen.«
Zoe sah ihn mit offenem Mund an; sie konnte nicht anders. » Sie… machen nur Spaß, oder?«
» Nein. Es ist einfach ein Talent, mit dem ich zur Welt gekommen bin. Wie wenn jemand das absolute Gehör hat oder eintausendfünfhundertsechsundvierzig mal achthundertzweiundfünfzig im Kopf multiplizieren kann. Bevor ich DEA -Agent wurde, war ich bei den Special Forces, und die Armee hat mich mit einer Menge Intensivkursen verwöhnt. Den Rest habe ich im Lauf der Zeit so aufgeschnappt.
Was Anthony Lovely angeht, sagte der Mann, der ihn empfohlen hat, dass er ursprünglich aus Großbritannien kommt– aus den Cotswolds, um genau zu sein–, wir können also getrost davon ausgehen, dass er Englisch spricht. Er war sein Leben lang Junggeselle, ist aber hetero, und inzwischen Mitte siebzig. Russische Antiquitäten sind offenbar sein Lebensinhalt, da er keine anderen Interessen zu haben scheint, und mein Gewährsmann sagt, er hat seit vierzig Jahren nicht einen Tag in seinem Laden gefehlt. Er wird kommen.«
» Okay.« Zoe war immer noch ganz schwindlig von der Tatsache, dass Ry so viele Sprachen konnte.
Die Bedienung brachte einen weiteren Kaffee. Zoe wischte wieder den Dampf von der Scheibe, dann griff sie nach der Tasse, mehr um sich die Hände zu wärmen, als um zu trinken. Sie war bereits mit Koffein vollgepumpt.
Sie blickte auf und sah, dass Ry sie anstarrte, sein Gesichtsausdruck war intensiv, fast wild. » Was ist? Sie sehen mich schon die ganze Zeit so komisch an, seit wir…«
Plötzlich kam ihr ein furchtbarer Gedanke. Sie setzte die Kaffeetasse abrupt ab und fuhr sich mit den Fingern ins Haar. » Bitte sagen Sie mir, dass ich nicht noch irgendwo Blut an mir habe.«
Er lächelte. » Nein, nein. Alles ist schön sauber und glänzt.«
Nach Verlassen des Casbah hatten sie es nicht gewagt, in ein Hotel zu gehen, wo sie ihre Pässe hätten zeigen müssen, sondern hatten die öffentlichen Duschmöglichkeiten im Bahnhof Gare du Nord genutzt. Zoe war nicht klar gewesen, wie viel vom Kopf des Mannes mit dem Pferdeschwanz auf ihr gelandet war, bis sie gesehen hatte, wie das Blut und alles andere gurgelnd im Abfluss verschwanden. Jetzt juckte es sie jedes Mal am ganzen Körper, wenn sie daran dachte.
» Was ist es dann?«
Er zuckte mit den Achseln. » Sie haben mich nur einfach mächtig überrascht vorhin in dem Nachtklub. Wie Sie mit Ihrer Ninja-Nummer mit dem Messer unseren Arsch gerettet haben.«
Zoe grinste, sie war mehr als nur ein bisschen zufrieden mit sich. » Ehrlich gesagt hat es nicht so funktioniert, wie es sollte. Ich dachte, das Messer dreht sich einmal um sich
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