Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)
deinem Pass fragt, als hättest du nicht eine Sorge auf dieser Welt.
Sie stellte sich ans Ende der nächsten Schlange, und genau in diesem Moment erschien ihr Gesicht auf dem Fernsehschirm, der über den Warteraumsesseln von der Decke hing. Sie konnte das Französisch nicht lesen, das über den Bildschirm lief, bis auf ein schreckliches Wort: Terroristes.
Zoe zog den Kopf ein und schaute weg, als könnte der Fernsehschirm selbst sie plötzlich entdecken und Alarm schlagen.
Du kannst das, Zoe. Du kannst es …
Aber ihre Füße schienen anderer Ansicht zu sein. Ihre Füße verließen die Schlange und trugen sie zu einer Tür mit der altbekannten blauen Silhouette einer Frau in einem A-förmigen Kleid.
Sie blieb stehen, nachdem die Toilettentür hinter ihr zugefallen war, und holte tief Luft. Angst und Verzweiflung zwangen sie fast auf die Knie. Wie sollte sie aus diesem Schlamassel je wieder herauskommen? Die ganze Welt hielt sie für eine Terroristin, aber sie wusste nicht, was sie eigentlich getan haben sollte. Wie die Anklage lauten würde und welche Chance sie hätte, ihre Unschuld zu beweisen.
Andererseits spielten Schuld oder Unschuld natürlich keine Rolle. Man würde sie töten, lange bevor es zu einem Prozess kam.
Du kannst das. Sie würde jetzt wieder hinausgehen und sich in der Schlange anstellen, weil sie es tun musste. In das Flugzeug zu kommen war jetzt ihre einzige Möglichkeit.
Sie ging zu einem der Waschbecken und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Als sie den Kopf hob, erstarrte sie vor Schreck über das fremde Gesicht, das sie im Spiegel sah. Ein Mädchen mit kurzem, steil nach oben gegeltem schwarzem Haar, das in den Spitzen purpurn war. Fahle Haut und dunkel umrandete Augen. Einen Ring in einer Augenbraue, einen Stecker in der Nase.
Sie wusste nicht, wie lange sie dort gestanden und in den Spiegel gestarrt hatte. Sie schien in Gedanken kurz woanders gewesen zu sein. Aber dann brachte sie ein Lautsprecher in der Wand, der etwas auf Französisch krächzte, wieder zu sich.
Sie riss sich vom Anblick des Punk-Mädchens im Spiegel los und drehte das Wasser ab. Dann trocknete sie sich die Hände an ihrer Jeans ab, weil das Gebläse nichts taugte, und ging zur Tür.
Sie würde es tun. Sie würde die Sicherheitskontrolle passieren, und dann hätte sie das Schlimmste hinter sich. Fürs Erste jedenfalls.
Die Schlangen an der Passkontrolle waren inzwischen wesentlich kürzer. Zoe hatte Ry nicht mehr gesehen, seit sie getrennte Taxis zum Flughafen genommen hatten, und diese Fahrt war wohl die einsamste Stunde in ihrem Leben gewesen. Aber dort war er jetzt und stellte gerade sein Handgepäck auf das Förderband der Maschine, die es durchleuchten würde. Fatima hatte ihn mit einer Salz-und-Pfeffer-Perücke sowie einem passenden Bart ausstaffiert und ihm den Kugelbauch eines alten Mannes verpasst. Er schlurfte mit hängenden Schultern dahin, und Zoe musste lächeln.
Doch dann gefror ihr das Lächeln.
Vier Männer der französischen Sûreté Nationale kamen den Flur entlang. Sie hatten Maschinenpistolen umhängen und suchten die Menge mit zusammengekniffenen Augen ab. Einer von ihnen hatte ein Blatt Papier mit den ausgedruckten Fotos eines Mannes und einer Frau bei sich und verglich sie mit den Gesichtern der Leute, die ihm begegneten. Zoe fragte sich, ob es möglich war, vor Angst ohnmächtig zu werden.
Wie sollten sie mich erkennen? Ich habe purpurnes Haar und einen goldenen Stecker in der Nase.
Nur eine Person war jetzt noch vor ihr in der Schlange, ein Mann in einem braunen Trainingsanzug und langen, nach hinten geklatschten Haaren, die aussahen, als wären sie seit Weihnachten nicht mehr gewaschen worden. Der Mann am Kontrollschalter hatte ihm Pass und Ticket bereits zurückgegeben, aber der Bursche ging noch nicht weiter, sondern brabbelte weiß der Teufel was auf Französisch.
Mach schon, mach schon …
Zoe warf einen Blick über die Schulter. Die Polizisten hatten den Flur jetzt verlassen und kamen in schnellem Tempo direkt auf sie zu; einer von ihnen sprach aufgeregt in das Funkgerät an seiner Schulter.
Der Langhaarige vor ihr lachte, sagte noch etwas und schlug seinen Pass an den Handballen. Dann endlich, endlich nahm er sein Bordgepäck und ging weiter. Zoe trat vor und gab dem Mann am Schalter Pass und Ticket. Sie war Marjorie Ridgeway, aus Brighton, England. Aber was, wenn er ihr eine Frage stellte? Konnte sie einen britischen Akzent nachmachen? Auf dem Passfoto war ihr Haar
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