Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)
einfach, um ihr zu zeigen, dass er es konnte, dass er ihrer würdig war– was für ein Gedanke.
Eine Haarsträhne hatte sich aus ihrer Klammer gelöst. Er strich sie ihr hinter das Ohr, einfach um sie berühren zu können. » Woran denkst du?«
» Der Knochensaft«, sagte sie. » So hast du es genannt, und es gefällt mir. Es passt… Wie viel, glaubst du, stimmt von dieser Geschichte, die uns der Professor erzählt hat?«
» Ich halte den Teil über Nikolai Popow und das Dossier in der Fontanka 16 für wahr. So hat er überhaupt von dem Knochenaltar erfahren. Und wir wissen, dass die Ikone existiert, vielleicht gibt es also irgendwo in einer Höhle in Sibirien auch einen Altar aus Menschenknochen. Der Rest allerdings ist einfach nur eine Legende, etwas, das sich ein altes Volk, das ein hartes Leben in einem rauen Land führte, am Lagerfeuer ausgedacht hat.«
» Vermutlich«, sagte sie, klang aber nicht überzeugt.
» Ich beginne mich jedoch zu fragen, ob der KGB das Attentat auf Kennedy überhaupt abgesegnet hat oder ob es etwas war, das Popow allein durchgezogen hat. Überleg mal, wer dabei war: Popow und seine beiden Agenten, beide Amerikaner. Und Lee Harvey Oswald, ihr Bauernopfer, ebenfalls Amerikaner.«
» Mhm«, sagte Zoe, aber Ry hatte das Gefühl, dass sie nicht viel von seinen Worten mitbekommen hatte. Sie war in Gedanken immer noch in dieser Höhle in Sibirien.
» Weiß man heutzutage eigentlich genau, woran Iwan der Schreckliche gestorben ist?«, fragte sie.
» In den Sechzigerjahren, als seine Grabstätte renoviert wurde, hat man ihn ausgegraben und eine Autopsie vorgenommen. Er starb an einer Quecksilbervergiftung.«
» Also keiner natürlichen Ursache. Er wurde ermordet, genau wie Rasputin, und sieh dir bloß an, wie schwer selbst das fiel. Ich erinnere mich, einmal etwas darüber gelesen zu haben, was sie alles versuchten, um ihn loszuwerden. Zyankali, Kugeln, Schläge, Ertränken. Es ist eins der großen Rätsel der Geschichte– warum war er so schwer zu töten? Was, wenn einen dieser Altar wirklich unsterblich macht, Ry, in dem Sinn, dass man nur sterben kann, wenn man getötet wird, durch die Hand von anderen oder schlicht bei einem Unfall wie einem Flugzeugabsturz oder was immer?«
Ry fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. » Man kann alles beweisen, wenn man seine Grundannahme nicht bestätigen muss. Okay, vor langer Zeit wird also ein Zauberer ermordet und in einer Höhle begraben. Und als sie ihn auf den Boden betten, entspringt durch irgendeinen Wahnsinnszufall eine Quelle, und dann errichten sie einen Altar aus Menschenknochen darüber, weil… keine Ahnung… weil Knochen vielleicht das Einzige waren, das sie zur Hand hatten. Aber nur weil der Altar und die Quelle existieren, wird nicht plötzlich ein Jungbrunnen daraus.«
» Aber die Rätsel, die Ikone, all die Generationen von Hüterinnen… Warum sollten sie mit so viel Aufwand ein Geheimnis beschützen, das nicht wahr ist?«
» Weil es reicht, wenn sie daran glaubten, dass es wahr ist.«
Danach wurde Zoe ruhig, und Ry dachte, sie sei eingeschlafen.
Aber dann sagte sie: » Rasputin hat dem Spion der Ochrana erzählt, dass er die Ikone auf einem Altar aus Menschenknochen in einer Höhle in Sibirien stehen sah. Er sagte außerdem, dass er etwas von dem Knochensaft mitgenommen hat, um es dem kranken Jungen zu geben und ihn am Leben zu erhalten.«
» Aber«, sagte Ry, » er könnte auch nur ein Talent dafür gehabt haben, die Kraft der positiven Suggestion zu nutzen. Es gelang ihm nie, Alexeis Bluterkrankheit auf Dauer zu heilen, er kurierte immer nur kurzfristig die Symptome.«
Zoe fuchtelte mit der Hand. » Egal, was er tat, es hat jedenfalls funktioniert, also bleiben wir mal dabei, okay? Meine Großmutter hat Marilyn Monroe ein grünes Glasamulett in Form eines menschlichen Schädels gegeben, und sie nannte es den Knochenaltar. Lena hat das Amulett und die Ikone wahrscheinlich bei ihrer Flucht aus Norilsk mitgenommen und sich damit nach Schanghai durchgeschlagen.«
Ry versuchte, sich so etwas vorzustellen, und es gelang ihm nicht. » Sie muss eine Wahnsinnsfrau gewesen sein. Zäh, mutig, klug. Genau wie ihre Urenkelin.«
Er sah Zoe erröten, und sie wich seinem Blick aus. Er hätte ihr gern gesagt, dass er es ernst meinte, dass er noch nie eine Frau wie sie getroffen hatte, dass er sie gern besser kennenlernen würde und nie mehr damit aufhören wollte.
» Jedenfalls war das, worauf ich hinauswollte, gar nicht so
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