Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)
vorbei, und er ist tot, in Stücke gerissen. Es tut mir nur leid, dass er den Knochenaltar mit in die Hölle genommen hat.«
» Er hat das Amulett mitgenommen«, sagte Zoe. » Nicht den Knochenaltar.«
Er stützte sich auf einen Ellbogen, sodass er ihr ins Gesicht sehen konnte. » Aber letzte Nacht… War der Saft da nicht noch drin? Wann hast du…?«
» Unmittelbar bevor Popows Handlanger aufgetaucht sind. Deshalb war ich ja im Bad.« Sie grinste. » Eine gute Idee, um mich einmal selbst zu loben.«
» Besser als gut. Brillant.« Er küsste sie, dann legte er sich wieder neben sie. » Und das Beste daran ist, dass sie funktioniert hat.«
Damals auf der Bergstraße oberhalb der Donau hatte sie ihm von ihrer Idee erzählt– Popow einen falschen Knochenaltar unterzujubeln, indem sie den Knochenaltar in ein Probefläschchen Parfum umfüllte und Mineralöl in das Amulett tat. Die Konsistenz des Mineralöls kam der echten Flüssigkeit relativ nahe, solange man nicht wusste, dass sie im Dunkeln leuchtete.
Zoe regte sich in seinen Armen. » Glaubst du, Igor existiert, Popow hat wirklich einen Enkel, der an Krebs stirbt?«
» Ich weiß es nicht. Sein Schmerz wirkte sehr echt. Andererseits weiß ich von meiner Zeit als verdeckter Ermittler, dass man eine Rolle manchmal so gut spielt, dass man selbst anfängt, sie zu glauben.«
» Er hätte uns nicht wirklich gehen lassen, oder?«
» Nein. Wir waren lose Enden, die es abzuschneiden galt.«
Ihr Atem verlangsamte sich, und er dachte schon, sie sei eingeschlafen, aber dann sagte sie: » Dann war das, was er über meine Mutter gesagt hat, vielleicht ebenfalls eine Lüge. Diese Andeutung, dass Katja ihr von dem Knochensaft gegeben hat, als sie ein kleines Mädchen war, weil sie sonst an Leukämie gestorben wäre.«
Ry zögerte einen Moment. » Weißt du noch, wie ich dir erzählt habe, dass ich letzten Sommer, als ich nach deiner Großmutter suchte, Recherchen über eure Familie angestellt habe?… Anna Larinas ›wundersame‹ Genesung war damals, 1957, so eine Sensation, dass sie es auf die Titelseite der Los Angeles Times geschafft hat.«
Zoe schauderte. » Mich gruselt, wenn ich nur darüber nachdenke, aber es würde eine Menge erklären. Warum sie so jung aussieht, dass sie als meine Schwester durchginge, zum Beispiel. Und warum sie ist… was sie ist.«
» Denk nicht daran, denn es spielt keine Rolle. Du hast dich schon vor langer Zeit von ihr losgesagt.«
Zoe schwieg wieder eine Weile, dann sagte sie: » Der Knochenaltar ist Wirklichkeit, Ry. Popow war hundertzwölf, und du hast gesehen, wie er aussah. Das war die Wirkung des Altars.«
» Er hat ihn außerdem wahnsinnig gemacht, und am Ende konnte er seinen Tod nicht verhindern. Was immer der Altar bewirkt hat, er hat ihn nicht unsterblich gemacht.«
» Popow war überzeugt, dass er sich gar nicht in der Höhle befindet«, sagte Zoe. » Aber er ist dort. Er wusste nur nicht, wie man ihn findet.«
» Und du denkst, du kannst es?«
» Ich bin die Hüterin, also muss ich es versuchen.«
» Die Höhle liegt aber wohl weit hinten in Sibirien«, sagte Ry. » Und es ist Mitte Februar.«
Sie lachte und schmiegte sich an ihn. » Deshalb nehme ich dich mit– damit du mich warm hältst. Immerhin sind uns jetzt die Bösewichter ausgegangen, die uns verfolgen. Popow wurde in Stücke gerissen, Yasmine Poole aufgespießt, und Miles Taylor vegetiert nur noch vor sich hin. Wir werden uns keine Sorgen machen müssen, dass man uns die ganze Zeit jagt und auf uns schießt, kaum dass wir den Kopf heben.«
Ry war sich dessen nicht so sicher, aber er sagte nichts.
Der Leichenwagen schaukelte über die Furchen in der Straße. In der Ferne hörte man einen Zug pfeifen. » Wir sind anscheinend wieder in der Zivilisation zurück«, sagte Ry. » Das Erste, was ich tun werde, wenn wir in die Wohnung kommen, ist sehr lange und heiß duschen.«
Ry hoffte, sie würde fragen, ob sie mit ihm unter die Dusche durfte, aber sie sagte nichts, und dann merkte er, dass ihr Atem ganz ruhig und langsam ging. Sie war eingeschlafen.
Er drehte den Kopf und strich mit den Lippen sanft über ihr Haar.
52
New York
Miles Taylor konnte nicht anders, als jedes Mal zu schreien, wenn jemand in seine Nähe kam, auch wenn es ihm nichts half, weil ihn niemand hörte.
Die Schreie existierten nur in seinem Kopf.
Sie dachten, er würde wahrnehmungslos vor sich hin vegetieren. Er hatte gehört, wie der Arzt es zu seiner Tochter gesagt hatte, bei ihrem
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