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Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)

Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)

Titel: Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Carter
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sprang: 12.19 Uhr.
    » Unsere rätselhafte Frau hat Verspätung, Ry. Bist du dir sicher, dass es hier ist? Im Augenblick ist außer uns beiden Tiefkühlhähnchen nämlich niemand zu sehen.«
    Ry schaute sie nur an und zeigte auf das Relief in der Ecke des Gebäudes über ihnen– ein großer, muskulöser Bronzekerl mit nacktem Oberkörper und entschlossen vorgerecktem Kinn, der eine Art Schaufel schwang. Darunter eingemeißelt waren die Worte DEN ERBAUERN VON NORILSK .
    » Ich weiß, ich weiß«, sagte Zoe. » Es kann nicht zwei Erbauer-Denkmäler in der Stadt geben. Es ist nur…« Sie zog die Schultern hoch, als ein frostiger Windstoß Eiskristalle durch die breite, menschenleere Straße wirbeln ließ. Sie wollte lieber aufgeben und ins Hotel zurückgehen. Sie wollte es warm haben.
    Die rätselhafte Frau war ein Rätsel, weil sie nicht das Geringste über sie wussten, nicht einmal ihren Namen. Sie hatte spät am Vorabend in ihrem Hotelzimmer angerufen und zwei Sätze gesagt: » Ich kann Sie zu dem See bringen, nach dem Sie suchen. Seien Sie morgen Mittag am Denkmal für die Bauarbeiter am Leninskij Prospekt.« Dann hatte sie aufgelegt, bevor Zoe auch nur Luft holen konnte.
    Die ganze Sache war irgendwie unwirklich, aber etwas anderes erwartete Zoe auch nicht von diesem seltsamen frostigen Ort dreihundert Kilometer nördlich des Polarkreises. Norilsk war eine geschlossene Stadt, und dies wurde streng überwacht. Niemand, nicht einmal Russen und schon gar keine Ausländer, durfte ohne offizielle Einladung und Genehmigung durch das FSB hierherkommen.
    Es hatte etwas Zeit und viel Geld erfordert, und auch Ry wusste nicht genau, wie Sascha es angestellt hatte, aber schließlich hatte er ihnen die nötigen Dokumente besorgt. Nach ihrer Ankunft hatte es allerdings eine beängstigende halbe Stunde gegeben, als die Polizei an Bord des Flugzeugs gekommen war, ihre Pässe konfisziert und sie zum Verhör mitgenommen hatte. Die beiden gaben sich als potenzielle Investoren eines Nickel-Bergbauunternehmens aus Montana aus, und Zoe ließ Ry das Gespräch führen, denn das Einzige, was sie über Nickel wusste, war, dass eine Münze im Wert von fünf Cent so hieß.
    Anschließend war die zweistündige Busfahrt in die Stadt gefolgt, im Zwielicht der Polarnacht, in der die Sonne selbst zur Mittagszeit kaum über den Horizont stieg. Sie waren an Geisterbäumen mit dunklen, kahlen Ästen vorbeigefahren, an Fabriken und Schmelzen, die schwarzen, übel riechenden Rauch in die Luft bliesen. An öligen Tümpeln mit stehendem Wasser, das so vergiftet war, dass es nicht einmal im Dauerfrost gefror. Es war eine erstaunliche Vorstellung, dass diese wuchernde, verschmutzte Stadt von zweihunderttausend Einwohnern mit ihren massiven Wohnblöcken aus der Sowjetzeit ihren Anfang in einem Straflager in der eisigen Steppe genommen hatte und dass Zoes Urgroßmutter Lena von dort kam.
    Das hier sind meine Wurzeln, dachte Zoe, und ihr Schaudern war nur zum Teil der Kälte zu verdanken. Es war so ein unwirtlicher, hässlicher Ort.
    Nachdem sie ein Zimmer in dem einzigen anständigen Hotel genommen hatten, hatten sie einen ganzen Tag lang topografische Karten und Satellitenfotos in Norilsks Rathaus studiert. Es gab Hunderte von Seen auf der Halbinsel Taimyr, aber nicht einer davon hatte auch nur annährend die Form eines Stiefels. Vier weitere Tage waren sie durch die eisbedeckten Straßen gelaufen, in Läden, Restaurants, Nachtklubs gegangen, selbst in ein paar Kegelbahnen und hatten alle, die ihnen zuhören wollten, nach dem See mit dem Wasserfall gefragt.
    Nichts, null, nada. Bis zu dem Anruf am Abend zuvor.
    Zoe dachte daran, wie Boris, der Mann aus dem Antiquitätenladen in Paris, ihre Urgroßmutter Lena in einer Suppenküche in Hongkong gesehen und auf der Stelle gewusst hatte, dass sie eine Hüterin war, weil sie das Gesicht der Madonna auf der Ikone hatte. War dasselbe bei ihr und der rätselhaften Frau wieder passiert? Sicherlich gab es noch Leute vom Zaubervolk in der Gegend. War die Frau eine von ihnen?
    Zoe stampfte mit den Füßen auf, damit sie ihr nicht zu Eisstummeln gefroren. Diese Straße, der Leninskij Prospekt, war die Hauptverkehrsader und gut beleuchtet, und es war weit und breit niemand zu sehen. Zumindest waren die Gebäude hier in fröhlichem, wenn auch ziemlich grellem Gelb und Orange gestrichen, anders als der Rest der Stadt, der nur aus ausgewaschenen Schattierungen von Braun und Grau bestand.
    Sie schaute wieder auf die Uhr am

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