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Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)

Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)

Titel: Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Carter
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sich mit der Lenkung des täglichen Weltgeschehens die Hände schmutzig zu machen.
    Sein erstes richtiges Geld – und mit richtigem Geld sind hier Milliarden gemeint – machte er bereits mit dreißig, als er fünfhundert Millionen Dollar in thailändischen Bahts einstrich, indem er den Widerwillen der Bangkok Bank ausnutzte, entweder die Zinsen zu erhöhen oder den Wechselkurs ihrer Währung freizugeben. Damals fragte ihn ein Reporter, ob es ihn störe, dass ganze Unternehmen untergegangen seien und sämtliche Ersparnisse vieler Leute in einem einzigen Augenblick vernichtet wurden. Dass man seinetwegen kleine, alte Mütterchen auf die Straße gesetzt habe, die jetzt von Hundefutter lebten.
    Seine berüchtigte Antwort lautete: » Tatsächlich? Tja, scheiß auf sie.«
    Eine gewisse Arroganz schleicht sich in seine Stimme, wenn er über Politik mit einem spricht. Er gibt Markt-Fundamentalisten die Schuld an den ökonomischen Ungleichgewichten in der Welt und redet davon, dass wir eine starke, zentrale Weltregierung brauchen, um die Exzesse des Eigennutzes zu korrigieren, und man ertappt sich dabei, wie man ihm zustimmt, und denkt, ja, richtig, ist es nicht so? Aber man hasst ihn auch für seine äußerst selbstgerechte Überzeugung, dass er allein in diesen Dingen recht hat.
    Miles Taylor ist ein Königsmacher im Wortsinn: Er hat einen extrem hohen Einfluss auf die Auswahl der Kandidaten für politische Ämter. Wenn irgendwer einen Präsidenten in diesem Land machen kann – wenn eine Einzelperson einen Präsidenten besitzen kann –, dann er.
    Miles dachte schon, der Artikel sei gar nicht schlecht, aber dann stach ihm kurz vor dem Ende ein Absatz ins Auge:
    Man muss sich allerdings über die Hybris eines Mannes wundern, der überzeugt ist, die Welt retten zu können, obwohl er seinen eigenen Sohn nicht davor bewahren konnte, fast als eine Parodie des reichen, verdorbenen Kindes zu enden, das alles hatte und daran zerbrach. Jonathan Taylor starb mit zweiundzwanzig in einer Drogenhöhle, nachdem er sich eine Überdosis Heroin in die Adern gespritzt hatte. Selbstmord oder Unfall?
    Miles schlug die Zeitschrift zu. Er wollte sie ins Feuer werfen, aber dann ließ er sie stattdessen auf den Boden fallen und schob sie mit dem Fuß unter den Sessel. Aus den Augen, aus dem Sinn. Wer las schon Vanity Fai r ? Wenn etwas heutzutage nicht auf YouTube war, dann war es, als ob es nie passiert wäre.
    Unfall oder Selbstmord– welchen Unterschied machte das? Er hatte alles versucht mit dem Jungen; Therapie, Entzug, Bitten und Betteln, selbst Bestechung. Erst als letzte Zuflucht hatte er seine Liebe auf die harte Tour gezeigt und ihm vollkommen den Geldhahn zugedreht. Stand davon etwas in dem Artikel?
    Es war ein verschneiter Abend wie heute gewesen. Er in ebendiesem Sessel; Jonathan war weiß und zitternd auf dem Teppich vor dem Feuer auf und ab gelaufen und hatte um Geld gebettelt. » Nur einen Zwanziger. Nur für einen Burger und eine Cola, ich schwöre es. Komm schon, Dad, du könntest Zwanziger als Toilettenpapier benutzen, und es würde nicht mal eine Delle in deinen Reichtum machen.«
    Und Miles hatte gesagt: » Ich weiß nicht, wer von uns beiden erbärmlicher ist. Du, weil du glaubst, ich falle auf deinen Quatsch herein, oder ich, weil ich ihn mir anhöre.«
    Dann hatte sich Jonathan abrupt vom Feuer weggedreht und ihn frontal angeblickt, und Miles hatte seinen Jungen gesehen, hatte ihn zum ersten Mal richtig gesehen und erkannt, dass das Glänzen in seinen Augen nicht von Tränen stammte. Es war Hass. Purer, unverfälschter Hass.
    Aber was Miles noch mehr erschreckt hatte als der Hass in den Augen seines Sohns, war die Erkenntnis in seinem Herzen, dass es ihm inzwischen scheißegal war. Hatte er den Jungen überhaupt je geliebt oder nur pro forma so getan?
    Er hatte in jener Nacht seine Geldklammer herausgeholt und einen Zwanziger von ihr gelöst. » Hier. Nimm es und stich dir eine Nadel in den Arm. Und lass mich verdammt noch mal in Ruhe.«
    Es war das letzte Mal, dass er seinen Sohn gesehen hatte.
    Er musste weggedöst sein, denn Miles wurde plötzlich wach, weil kalte Lippen auf seine Wange gedrückt wurden. Er öffnete die Augen. Yasmine Pooles weißes Gesicht schwebte vor ihm, in ihren dunklen Augen zuckte der Widerschein des Kaminfeuers.
    Er blinzelte und krächzte etwas, und sie richtete sich auf und trat einen Schritt zurück. Sie trug eine enge schwarze Hose mit hochhackigen Stiefeln und einer kurzen, wuscheligen

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