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Alte König in seinem Exil - Alte König in seinem Exil

Titel: Alte König in seinem Exil - Alte König in seinem Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
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traten weiterhin auf, er halluzinierte, aber dezenter.
    »Hast du die kleinen Männlein auch gesehen?«, fragte er Katharina.
    »Ja, klar, die sind gerade dort um die Ecke gebogen.«
    Das war’s schon wieder.
    Erwiesen sich die Halluzinationen als ausnahmsweise hartnäckig, wurde Eva geholt. Sie ging auf den Großvater zu, umarmte ihn, schon war die Welt wieder in Ordnung. Alle lachten verdutzt.
    An seiner Leistungsfähigkeit hatte der Vater weiterhin viel auszusetzen, er beklagte, dass er ein »Dodl« sei, aber zwischendurch sagte er:
    »So saudoof bin ich auch wieder nicht, dass ich gar nichts könnte.«
    Auch brachten ihm seine Schwächen jetzt häufig die Vergangenheit in Erinnerung, in der er »stolze Freuden« erlebt habe.
    »Früher, wenn ich etwas Gutes gemacht habe, hat es mich gefreut. Ich war nicht wild drauf, all diese Arbeiten zu tun, aber ich habe gewusst, dass es wichtig ist, und es hat kaum jemanden gegeben, der in diesen Dingen so gut war wie ich. Überall, wo ich dabei war, habe ich es tschack-bumm erledigt. Das war nicht immer schön, aber angenehm. Auch du bist immer gut mit mir gefahren.«
    »Ich bin sehr gut mit dir gefahren.«
    »Du lachst. Aber wir sind tatsächlich gut miteinander gefahren. Wenn wir einander nicht gehabt hätten, wären wir elend erschossen gewesen. Das waren nicht nur Sachen, die man vom Blatt herunter hat machen können, nur die halben Sachen habe ich vom Blatt herunter machen können. Aber nicht alle. Auf das war ich stolz, weißt du, das waren Dinge, aus denen die wenigsten einen großen Vorteil herausgezogen hätten. Aber wir schon! Und es hat mir Freude gemacht, weil ich gewusst habe, das kann ich, Dinge, wo man mit Denken hat arbeiten müssen. Solche Sachen habe ich genommen und – immer gelungen! Den Weg, wie man komplizierte Sachen in die richtige Richtung drehen kann, das war – – darauf war ich spezialisiert. Wie ich das eingerenkt habe mit allen Schikanen. Und du hast gesehen, dass ich dabei eine glückliche Stimmung gehabt habe, alles andere wäre hoffnungslos gewesen.Das habt ihr doch auch gespürt, dass ich es gern getan habe und dass ich gute Meinungen hatte zu dem, was war? – Ich weiß, jetzt ist nicht mehr viel da. Jetzt ist nicht mehr viel da. Kleinigkeiten habe ich noch, aber das ist so viel wie null . – Aber die Tätigkeiten früher, die verschiedensten Sachen, die waren gut. Ich weiß nicht, wer die alle gebracht hat, wer das alles gemacht hat. Ich glaube, du warst beteiligt. Und Emil. Und ich, ich habe das Glump gleich weg – und das nächste gleich rein. – Wenn ich denke, was das für eine Arbeit war! Und wenn es gutgegangen ist, mein Gott, hat mich das stark gemacht!« Er ballte die Fäuste und zog sie grinsend zur Brust heran. »Weißt du, ich habe mich nicht unbedingt für einen Trottel gehalten, ich habe gewusst, wenn ich mich anstrenge, bringe ich etwas zusammen. – Und einmal ist einer gekommen und hat mich gelobt, weil ich es richtig gemacht habe. Er ist gekommen und hat mich gelobt. Es war mein Stolz, wie ich das gemacht habe. Weil, so intelligent bin ich schon gewesen, dass ich mir gedacht habe: Halt! Das ist ein Volltreffer! «
    Und ein anderes Mal sagte er:
    »Die Glücker , die wir gehabt haben, sind nicht nur Zufall gewesen. – – Es sind auch immer Glückssachen dabei. Aber nicht alle Glücker sind Glückssachen. Wir waren«, er fuhr mit dem rechten Daumen über die Spitzen von Zeige- und Mittelfinger, »geschickter als andere. Deshalb dürfen wir uns nicht beklagen.«
     
    Ich selber beklagte mich tatsächlich nicht, denn ich konnte wieder einen zuversichtlichen Blick in die Zukunft werfen. Alle Anspannung war wie weggeblasen, ich fand mich in einer für mich ungewohnten Klarheit der Verhältnisse, familiär, privat, beruflich. Es war eine Atempause eingetreten. Wir waren wieder auf die Füße gefallen.
    Die Tage davor hatten meist mit enttäuschten Hoffnungen geendet, vor allem während meiner Aufenthalte in Wolfurt. Die nächtlichen Gedanken hatten eine finstere Macht über mich ausgeübt, schon in der Früh war ich abgekämpft gewesen und mittags hundsmüde. Selbst in Wien, weit weg von Wolfurt, war es nicht ratsam gewesen, an zu Hause zu denken. Jetzt hingegen fühlte sich der Alltag wieder normal an, und ich freute mich auf die Sommerwochen im Elternhaus als Entschädigung für einen miserablen Winter und Frühling.
    Mein fünfter Roman war mir geglückt, und eine lange nicht erlebte Leichtigkeit ergriff Besitz von

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