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Alte Liebe: Roman

Alte Liebe: Roman

Titel: Alte Liebe: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Heidenreich , Bernd Schroeder
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das normal, ist das heute Pubertät? Wie soll diese Woche bloß rumgehen. Morgen muss ich wieder in die Bibliothek, ich muss und ich will auch. Vielleicht kommt Harry besser mit ihr zurecht. Obwohl er schon Krach mit ihr hat, seit er sie gefragt hat, wem sie da dauernd SMS schickt, bestimmt zwanzig am Tag. Geht dich nichts an, Opa, hat Laura gesagt. Er hat sich nur sehr mühsam beherrscht. Und wenn sie mit dem fetten Buttermesser in den Honig fährt, sehe ich ihn auch jedes Mal fast platzen. Das geht nicht mehr lange gut.
    Als er gestern Abend geraucht hat, hat Laura gesagt: Opa, lass das, davon krieg ich Krebs. Nein, hat er gesagt, davon krieg allenfalls ich Krebs, aber du bestimmt nicht. Doch, hat sie gesagt, in der Schule müssen wir immer melden, wenn zu Hause jemand raucht, weil wir dann Krebs kriegen.
    Ist das zu glauben? Die Kinder denunzieren. Und die Lehrer hetzen sie auf. Was für eine Welt, in der wir leben. Ich bin richtig froh, dass ich morgen früh abtauchen kann in meine Bibliothek, aber ich bin auch wieder nicht froh, denn normal wäre doch wohl, dass eine Großmutter sich an ihrem Enkelkind freut, oder? Ach. Ich bin keine richtige Großmutter. Ich war wahrscheinlich nicht mal eine richtige Mutter. Was ist normal, was ist richtig? Die Wahrheit ist bitter: ich komm weder mit meiner Tochter noch mit meiner Enkelin zurecht. Liegt es an mir?

    *

    »Wie war es heute mit Laura, Harry?«
    »Frag lieber nicht.«
    »Das hört sich nicht gut an. Wo ist sie?«
    »In der Badewanne. Im Bad. Seit einer Stunde. Haare waschen, föhnen, was weiß ich.«
    »Habt ihr euch gestritten?«
    »Ja. Nein. Doch.«
    »Worüber?«
    »Nicht mal das kann ich dir genau sagen. Du kennst es doch. Entweder Computerspiele, Gameboy, Handy oder futtern. Wenn ich sage, iss doch mal einen Apfel statt Schokolade – blöde Blicke. Sie hat die ganze Tasche voller Schokolade. Gloria gibt ihr so was mit.«
    »Was habt ihr denn gemacht den ganzen Tag?«
    »Was sollen wir schon machen? Ich hab gekocht, wir haben gegessen, es hat ihr nicht geschmeckt. Dann wollte sie fernsehen, irgendeine Serie, das hab ich nicht erlaubt, und sie hat sofort Gloria angerufen: der Opa lässt mich nicht fernsehen.«
    »Hast du mit Gloria geredet?«
    »Ja.«
    »Und?«
    »Was schon. Lass das Kind fernsehen, was soll es denn sonst bei euch alten Leuten tun.«
    »Das hat Gloria gesagt?«
    »Das hat sie gesagt.«
    »Was für eine Unverschämtheit.«
    »Warum schickt sie sie denn dann her? Am liebsten hätte ich gesagt, schick deinen Chauffeur, er soll sie wieder abholen. Aber verdammt noch mal, wir können doch vor einem Kind nicht derart kapitulieren.«
    »Sie war ja früher nicht so. Aber dieser Wechsel von einer Zweizimmerwohnung mit berufstätiger Mutter in eine Villa mit Chauffeur … das ist wohl auch schwer zu verkraften für ein Kind in dem Alter. Sie ist verwirrt.«
    »Das will ich alles glauben. Aber ich weiß einfach nicht, was ich mit ihr anfangen soll. Sie liest nicht, sie mag nicht reden, sie will nicht raus, warum tu ich mir das eine ganze Woche lang an? Ede sagt, lass sie doch einfach, unternimm gar nichts, fordere nichts, schlag nichts vor, dann ist sie glücklich und du hast deine Ruhe. Wahrscheinlich hat Ede recht.«
    »Nein, hat er nicht. Man muss dem Kind auch helfen, wenn es auf einem Irrweg ist.«
    »Na, dann mach du ihr den Irrweg mal klar. Ich geh jetzt um den Block, eine rauchen, hier darf ich ja nicht.«

18 HARRY

    Irrweg, dass ich nicht lache! Es war ein Ausnahmezustand.
    Wir waren ja gespannt, wie sich die Kleine seit dem letzten Jahr verändert hat, zumal sie ja nun schon über ein halbes Jahr in der neuen Umgebung lebt, mit dem »neuen Vater« Frank. Sie war immer das, was man ein schwieriges Kind nennt. Von der Mutter allein erzogen, ohne Vater, auch ohne irgendeine Vorstellung von ihm, da er nicht existiert. Aus allein erzogen machte ich allein verzogen, was Lore aber ungerecht fand. Laura war völlig auf Gloria fixiert und man musste den Verdacht haben, dass da die Mutter das Kind mit der eigenen Unfähigkeit, das Leben zu meistern, überforderte. Heidi, die das Kind bei uns erlebte, definierte das einmal ganz klar. Sie nannte es eine krankhaft-symbiotische Mutter-Tochter-Beziehung, die einem Kind nur schaden kann. Laura war launisch, altklug, frech, manchmal über ihr Alter hinaus klug und dann wieder wie ein Kleinkind, jammerig und wehleidig. Die Sehnsucht nach der Mutter – oder die Abhängigkeit von, oder sagen wir die

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