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Alte Liebe: Roman

Alte Liebe: Roman

Titel: Alte Liebe: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Heidenreich , Bernd Schroeder
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nichts, aber auch absolut gar nichts erleben und darüber dann von sich selbst zutiefst ergriffen schreiben.
    Er hat nicht ganz unrecht. Es ist viel Schaumschlägerei in der neuen deutschen Fräuleinliteratur, aber was will man machen, das schreiben sie hoch, und dann traut sich keiner, etwas dagegen zu sagen oder zuzugeben, wie langweilig das alles ist. Ich hätte die auch nicht eingeladen. Das war Christa. Christa will immer für intellektuell gehalten werden und verwechselt Ereignislosigkeit mit Bedeutung. Ich hätte Tilman Rammstedt eingeladen, der mit seinem Opa nach China fährt und den Geschwistern zu Hause in Briefen davon berichtet, dabei ist der Opa schon tot und der Enkel hockt im Westerwald. Das gefällt mir. Hat mit Phantasie zu tun. Aber die Dichterin hat zu viel Camus gelesen, oder war das Sartre? ›Die Sonne schien, weil sie keine andere Wahl hatte, auf nichts Neues.‹ Und dann hat sie dieses ihr Nichts eben beschrieben. Na ja. Wenn ich ehrlich bin – banal. Und Harry sagt das so einfach. Der Mann irritiert mich immer wieder. Da steckt mehr drin, als ich nach so vielen Jahren weiß.
    Beckett. Beckett war es, nicht Sartre, auch nicht Camus. Der olle Beckett. Irgendein Roman fängt so an … ›Murphy‹, ›Murphy‹ von Beckett, ich bin doch noch nicht ganz verblödet.
    Aber in mir stecken auch Dinge, die er nicht weiß. Sehnsüchte. Ängste. Schuldgefühle. Ich gäb was drum, wenn ich mich mit Theo besser verstanden hätte und er jetzt einfach mit uns nach Leipzig führe. Er war doch der Patenonkel … Rita hat mir ein kleines Päckchen für Gloria gegeben, Theos Uhr, als Geschenk. Ob sie damit was anfangen kann? Aber es ist lieb, ja, doch, lieb ist es. Oder? Wir ersticken alle in blödsinnigen Ritualen, was MAN tun muss, ist doch nie das, was sinnvoll ist. Das Patenkind kriegt die Uhr. MAN muss als Eltern zur Hochzeit der Kinder. Auch wenn man gar nicht will. Ist so komisch, aber das hat sich richtig gedreht in den letzten Monaten, auf einmal fährt Harry gut gelaunt und gern nach Leipzig, und ich würde mir am liebsten jetzt rasch ein Bein brechen und könnte hierbleiben. Ja, Lore, daraus wird wohl nichts. Du musst. Mutterpflichten.

    *

    »Harry, hast du alles? Theos Geschenk? Unser Geschenk? Fahrkarten?«
    »Aber ja.«
    »Wo sitzen wir noch mal?«
    »Wagen 12, Platz 35 und 37.«
    »Nicht nebeneinander, aber gegenüber, ich hab das extra noch mal gefragt, dafür hing ich am Telefon eine Stunde in der Warteschleife.«
    »So was macht man heute alles im Internet.«
    »Ich mach das zu selten, kann ich nicht, da hätte ich Christa fragen müssen, aber Christa spricht nicht mehr mit mir, seit du die Dichterin düpiert hast.«
    »Ich hab die doch nicht düpiert. Ich hab ihr nur angedeutet, dass sie mich langweilt. Und nicht nur mich.«
    »Nein, das stimmt nicht, die anderen waren begeistert.«
    »Nur die Frauen. Die drei Männer, die da waren, haben gelitten, bis auf den einen Jungen, der hat sie angehimmelt. Ist klar, Dichterin, berühmt.«
    »Warum ist der Bahnsteig so voll, fahren die alle nach Leipzig?«
    »Gut, dass wir reserviert haben. Ja, die fahren alle zu Glorias Hochzeit.«
    »Wenn’s doch bloß schon vorbei wäre.«
    »Wir machen das Beste draus, Lore. Wir betrinken uns und lästern. Wir bezichtigen, wie in alten Zeiten. Wie Thomas Bernhard mit Wittgenstein im Sacher.«
    »Nein, du wirst bitte nicht lästern, Harry, diesmal nicht. Du hältst schön die Klappe, ich will da keinen Ärger.«
    »Warum eigentlich nicht, diese Schwiegereltern, diese Bauunternehmer interessieren uns doch nicht wirklich.«
    »Es gibt ja nur noch einen Vater, die Mutter ist längst tot.«
    »Umso besser, muss sich das Kind nicht mit einer Schwiegermutter rumärgern.«
    »Wie redest du denn, ich bin schließlich auch eine Schwiegermutter.«
    »Du wirst ja diesem Basedow schwerlich in sein fünfzigjähriges Leben reinreden, oder?«
    »Bredow, es wär nicht schlecht, wenn du endlich mal den Namen des Mannes lernen und behalten würdest, den deine Tochter da heiratet.«
    »Ach, nicht Basedow? Ich …«
    »Harry, bitte, ich ertrage jetzt keine Scherze.«
    »Das ist aber schlimm. So was erträgt man nur mit Scherzen.«
    »Hast du die Fahrkarten?«
    »Nein.«
    »Nein?«
    »Nein.«
    »Was nein?«
    »Die hab ich eben einem Rentner geschenkt, der so traurig an der Ecke stand. Da, hab ich gesagt, fahren Sie doch mit ihrer Freundin nach Leipzig, das ist mal was anderes, das wird Ihnen guttun.«
    »Harry, du machst mich

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