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Alte Meister: Komödie (German Edition)

Alte Meister: Komödie (German Edition)

Titel: Alte Meister: Komödie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Bernhard
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angenommen, daß ich zuerst sterbe, nicht sie , doch dann ist sie , durch alle diese fürchterlichen Umstände, doch vor mir gestorben; ich habe zeitlebens eine große Ärzteangst gehabt. Ein guter Arzt ist das beste, das wir haben können, sagte Reger, aber kaum jemand hat einen guten Arzt, wir haben es ja doch immer nur mit medizinischen Stümpern und Scharlatanen zu tun, sagte er, und glauben wir einmal, jetzt haben wir einen guten Arzt gefunden, so ist er entweder zu alt oder zu jung, entweder er versteht etwas von der neuesten Medizin und hat keine Erfahrung oder er hat Erfahrung und versteht nichts von der neuesten Medizin, so ist es, sagte Reger. Der Mensch braucht ganz dringend einen Körperarzt und einen Seelenarzt und beide findet er nicht, lebenslänglich ist er auf der Suche nach einem guten Körperarzt und nach einem guten Seelenarzt und beide gibt es für ihn nicht, das ist die Wahrheit. Wissen Sie, was mir die Ärzte im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder gesagt haben, wie ich sie mit der Tatsache konfrontiert habe, daß sie den Tod meiner Frau verschuldet und also auf ihrem Gewissen haben?, sie haben gesagt, die Uhr ist abgelaufen , diesen banalen Satz haben sie zu mir gesagt und nicht nur der, der die Operation an meiner Frau verpfuscht hat, hat diesen Satz gesagt, alle Ärzte im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder haben diesen banalen Satz gesagt, die Uhr ist abgelaufen, die Uhr ist abgelaufen, die Uhr ist abgelaufen , haben sie immer wieder gesagt, wie wenn dieser Satz ihr Standardsatz wäre, so Reger. Wenn wir einen Arzt haben, dem wir vertrauen können und unter dessen Aufsicht wir uns geborgen fühlen können, sagte Reger, haben wir das Wichtigste im Alter, aber diesenArzt haben wir nicht. Jetzt suche ich diesen Arzt auch gar nicht mehr, denn es ist mir völlig gleichgültig, wann ich sterbe, mir ist jeder Augenblick recht, aber wie alle Menschen, will ich einen möglichst raschen und gleichzeitig möglichst schmerzlosen Tod haben. Meine Frau hat ja nur ein paar Tage gelitten, sagte Reger, ein paar Tage gelitten und ein paar Tage im Koma , sagte er. Die Leute verlangten ein Totenkleid, aber ich habe sie nur in ein frisches Leintuch wickeln lassen, so Reger. Der Mann auf dem Magistrat, der die Abwicklung des Begräbnisses durchführte, machte seine Sache ganz ausgezeichnet. Es ist gut, wenn wir alles mit dem Begräbnis Zusammenhängende selbst machen, denn dann haben wir gar keine Zeit, zu Hause zu sitzen und abzuwarten, bis wir in Verzweiflung erstickt sind. Acht Tage bin ich in Begräbnisangelegenheiten in Wien hin und her gelaufen, von einem Amt zum andern, da habe ich den Staat wieder einmal in seiner ganzen bürokratischen Brutalität kennengelernt, so Reger. Die Ämter, die wir in Wien im Begräbnisfall aufsuchen müssen, liegen weit auseinander und wir brauchen mindestens eine ganze Woche, bis wir alles das erledigt haben, das für ein Begräbnis notwendig ist. Immer und überall habe ich gesagt, ich will nur das einfachste Begräbnis für meine Frau, was sie nicht verstanden haben, denn alle andern wollen ja, wie ich weiß, immer ein aufwendiges. Was es mich für Kräfte gekostet hat, schließlich doch das einfachste Begräbnis durchzusetzen , sagte Reger. Nur der Mann auf dem Währinger Magistrat hat mich verstanden, der Mann war der einzige, der mich verstand, als ich sagte, ein einfaches Begräbnis , daß ich kein billiges, wie die andern alle glaubten, haben wollte, sondern ein einfaches , alle hatten sie immer geglaubt, ich wolle ein billiges, wenn ich sagte, ein einfaches , nur der Mann im Währinger Magistrat hat mich sofort verstanden, als ich sagte, ein einfaches, und eben ein einfaches und kein billiges meinte . Man glaubt es ja immer wieder nicht, wie dumm tatsächlich die Leute sein können, mit welchen man es auf den Ämternzu tun hat, sagte Reger. Ich habe ja nicht geglaubt, daß ich diesen Winter erleben, geschweige denn überstehen werde, sagte er jetzt. Tatsache ist ja doch, daß ich das ganze Jahr in völliger Interesselosigkeit existiert habe, abgesehen von meinen Konzertverpflichtungen und eben abgesehen von meinen Kunststückchen für die Times, hat mich ja seit dem Tod meiner Frau nichts mehr interessiert; die Wahrheit ist, kein einziger Mensch, auch Sie eingeschlossen, sagte Reger, ich interessierte mich monatelang nicht einmal für Sie. Ich las fast nichts und ich ging auch nicht aus dem Haus, nur in die Konzerte, aber gerade in diesem vergangenen Jahr waren alle

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