Alte Narben - [Kriminalroman aus der Eifel]
bestimmt an ihrer Hüfte. Oder war es doch eher der Po? Dass der alte Charmeur sich das herausnahm! Lorenz war erleichtert, als die Rumba endete und die Übungsleiterin begann, den Anwesenden zu erklären, was sie mit ihnen nun vorhatte. Bärbel und Gustav traten zu Lorenz. Bärbels Wangen waren leicht gerötet. »Hui, das war aber schön. Willst du nicht doch mitmachen?«
Lorenz antwortete nicht. Stattdessen meinte Gustav: »Barbarella und Gustavo hatten ihren Tanz. Jetzt bist du dran, alter Faulpelz.«
Lorenz stand auf. »Ich bin überzeugter Nichttänzer. Das wird sich ganz sicher auch nicht mehr ändern. Erst recht nicht sonntagmorgens um halb zehn.«
Bärbel stupste ihn kameradschaftlich an. »Ach komm, sei kein Spielverderber. Tu doch ein bisschen mit.«
»Ein bisschen habe ich schon mitgetan. Jetzt reicht’s mir.« Lorenz ergriff seinen Stock und verließ den Raum. Bärbel wusste nicht, ob sie ihm folgen sollte.
Gustav meinte: »Lass den Brummbär gehen. Wenn er nicht mitmachen will, soll er jetzt ruhig mal mit sich allein sein.«
»Ich weiß nicht. Der dumme Kerl bildet sich das vielleicht ein, aber in Wirklichkeit würde er gerne mitmachen, wenn er nur über seinen Schatten springen könnte. Wer ist schon gern allein, wenn andere zusammen Spaß haben?«
Bärbel schaute etwas unglücklich drein. Gustav legte ihr einen Arm um die Schulter und versuchte sie zu trösten: »Ganz allein ist er nicht. Er hat ja Kommissar Wollbrand.«
3. Kapitel
Die noch nicht sehr hoch über dem Horizont stehende Sonne schien durch eine Lücke in der Häuserreihe. Ein schmaler Streifen warmen Lichts drang in die Gasse. Lorenz setzte langsam einen Fuß vor den anderen, dem holprigen Kopfsteinpflaster misstrauend. Der steile Weg, der zur Burg hinaufführte, lag schattig und kühl vor ihm. So genoss er es vorerst, in den von der Morgensonne erhellten Korridor zu treten und dort einen Augenblick zu verharren. Lorenz spürte die Wärme in seinem Gesicht, wenig später dann, als die Strahlen sein Hemd durchdrungen hatten, auch auf der Brust. Er blieb eine Weile so stehen, mit geschlossenen Augen die Sonne genießend.
Irgendwann hatte Lorenz den Eindruck, genug Energie für den Anstieg zur Burg aufgenommen zu haben. Langsam schritt er voran. Hin und wieder wurde er von schneller gehenden Passanten überholt. Er erinnerte sich, dass es Sonntag war und man vermutlich zur Kirche ging. Tatsächlich betraten die meisten derjenigen, die denselben Weg wie Lorenz nahmen, das Gotteshaus, das der Burg vorgelagert auf dem Hügel lag. Er betrachtete den romanischen Bau, dessen rötliche Front immer noch vereinzelte Spuren eines wilden Schusswechsels aufwies, den er im letzten Jahr miterleben konnte.
Lorenz grinste, als er sich an diesen denkwürdigen Tag erinnerte, an dem er beinahe in den Besitz der heiligen Lanze gekommen wäre.
Einen Moment drängte es ihn, die Kirche zu betreten. Doch dann dachte er an die Kühle, die ihn in der steinernen Halle empfangen würde, und setzte seinen Weg über den Burghügel fort, der nun ganz von der Morgensonne beschienen wurde.
Kurz vor dem eigentlichen Burggelände bog er nach rechts ab, wo ein kleiner Pfad in den Wald führte. Lorenz wusste, dass dieser Weg ihn zum Felsenrundgang führte. Vom Kopf des Burgfelsens würde er einen weiten Blick ins Rurtal haben. Der erdige Pfad war uneben. Lorenz passte auf, dass er nicht über einen Stein oder eine aus dem Boden ragende Wurzel stolperte. Bedächtig spazierte er an einer vielleicht achthundert Jahre alten Steinmauer entlang. Sie endete vor einer Baumgruppe, deren ineinander verschlungene Stämme wirkten wie von mächtigen Reptilien gewürgte Körper. Lorenz dachte an Bärbel, die darin vermutlich ein bekanntes Kunstwerk erkennen würde. Er nahm sich vor, ihr diese Stelle bald einmal zu zeigen. Vorsichtig ging er weiter. Erst als er am Felskopf angelangt war, wo ein Geländer den Pfad rechter Hand zum Abgrund hin schützte, wurde der Weg einfacher. Tief unten im Tal wand sich der Fluss, das dunkle Laub der bewaldeten Hügel vom Hellgrün der Wiesen trennend. Lorenz schaute auf Hetzingen mit seinen Campingplätzen, den Schüdderfelder Hof und auf die Orte Brück und Zerkall hinunter. Auf der gegenüberliegenden Höhe lagen Schmidt und Bergstein. Er strengte seine Augen an, um den Aussichtsturm auf dem alten Berensteiner Burghügel zu erkennen. Jedoch schien dieser Punkt zu weit für ihn entfernt zu sein, um Genaues erkennen zu können. Vermutlich war
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