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Alte Narben - [Kriminalroman aus der Eifel]

Alte Narben - [Kriminalroman aus der Eifel]

Titel: Alte Narben - [Kriminalroman aus der Eifel] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: KBV Verlags- und Mediengesellschaft
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welches. Ich arbeitete erst für ihn, dann lebten wir zusammen, bis er starb. Wir hatten eine Menge zusammen aufgebaut. Ich verkaufte die Firma, welche die einzige ergiebige Silbermine in Uruguay war, machte alles, was ich besaß, zu Geld – und ich spreche wirklich von einer ganzen Menge Geld – und ging endlich nach Afrika. Wenn auch mit vierzig Jahren Verspätung. Ich kaufte Land in der Nähe von Moshi, ein wunderschönes Fleckchen Erde am Fuße des Kilimandscharo. Lebte mit den Chagga und wollte dort eigentlich alt werden und sterben. Aber dann nahmen die Plantagen der großen Konzerne dort immer mehr Raum ein, und der Tourismus tat sein Übriges. Da merkte ich, dass ich dort zwar Freunde gefunden, aber keine Wurzeln geschlagen hatte, die mich gehalten hätten. Und da bin ich also nun. Einmal Nideggen, Uruguay, Kilimandscharo und zurück.«
    »Das ist spannend«, staunte Bärbel. »Aber geboren bist du doch unten in Zerkall, oder?«
    »Das dachte ich bis vor Kurzem auch«, sagte Gustav und nahm einen großen Schluck von seinem Pils. »Aber dann traf ich den alten Kratz. Er behauptete, mich von klein auf zu kennen, und sagte, wir wären in Nideggen sogar Nachbarn gewesen, bevor ich nach Zerkall kam. Davon weiß ich aber nichts.«
    »Ja, und weiter?«, fragte Lorenz. »Er muss dir doch noch mehr erzählt haben?«
    Gustav schüttelte den Kopf. »Nein. Er weigerte sich. Ließ mich einfach stehen.«
    »Das kann er doch nicht machen«, meinte Bärbel. »Hast du ihn denn nicht nochmals darauf angesprochen?«
    »Ich hab’s versucht. Er weicht mir aus.«
    Lorenz leerte sein Glas und winkte in Richtung Theke, um Nachschub zu ordern. »Aber das Spielchen kann er nicht ewig weitertreiben. Wenn er etwas über deine früheste Kindheit weiß, dann muss er es dir erzählen. Das geht doch gar nicht anders.«
    »Das sehe ich aber auch so«, bekräftigte Bärbel.
    Gustav nickte und starrte stumm auf sein Pils. Lorenz wollte noch etwas sagen, aber dann wurde er von der Kellnerin abgelenkt, die zwei duftende Pfannen an den Nebentisch brachte. »Holde Maid, was ist das Leckeres?«, fragte er.
    »Ein Naashornpfännchen«, lautete die Antwort. »Frische Bratwurst auf Wirsinggemüse mit Bratkartoffeln.«
    »Oh ja, das will ich haben«, grinste Lorenz und leckte sich die Lippen. »Gibt es was Besseres zum Bier?«
    »Möchten die anderen auch etwas essen?«, fragte die Frau und sah Bärbel und Gustav an. Diese antworteten nicht sogleich. »Ich bringe euch mal die Karte«, sagte sie dann lächelnd.
    Lorenz sah ihr nach und meinte: »Ach, das war eine sehr gute Entscheidung, hierherzugehen. Und jetzt wissen wir ja auch, dass Gustav uns einlädt – oder sitzen sonst noch Silberminenbesitzer am Tisch?«

30. Kapitel
    Urplötzlich hatte der Sommer seine wahre Natur wiederentdeckt und breitete einen Mantel aus heißer Luft über dem Park der Seniorenresidenz aus.«
    Lorenz las sich den Satz, den er gerade geschrieben hatte, laut vor. Dann musste er lachen. Mit heißer Luft weckte er falsche Assoziationen, und er hatte in einem Ratgeber gelesen, dass man ein Kapitel niemals mit der Beschreibung des Wetters beginnen sollte. Schnell löschte er den Satz wieder. Der Bildschirm war wieder weiß und leer. Eigentlich schön, dachte Lorenz. Warum diese weiße, saubere Fläche mit Buchstaben beschmutzen? Leise murmelte er vor sich hin: »Der alte Ermittler war kein Erzähler. Kommissar Wollbrand war immer ein Mann der Tat gewesen.«
    Dann tippte er diesen Satz in die abgewetzte Tastatur, und als die Worte lesbar dastanden, kamen sie ihm interessant vor. Ein guter Anfang, dachte er. Und er beschloss für sich, von nun an einen Text immer dann gut zu finden, wenn der leere, weiße Bildschirm durch diese Worte an Ästhetik gewinnen würde. Durch diesen hehren Grundsatz in Zugzwang gebracht, vermochte er dem ersten Satz keinen weiteren hinzuzufügen. So war er sehr erleichtert, als es an seiner Tür klopfte. Er stand auf, schlurfte durch das Zimmer, wobei er ausrief: »Wehe, du klopfst noch mal!« Dann öffnete er die Tür.
    Jessica stand da, über das ganze Gesicht strahlend, und sagte: »Ich weiß, Opa Bertold, sonst würde ich dich für taub halten, und das bist du ja nicht.«
    Lorenz strich dem Mädchen über den schwarzen Lockenschopf und sagte: »Was bist du für ein aufgewecktes Kind. Von wem hast du das nur?«
    Paul stellte seine riesenhafte Gestalt in den Türrahmen. »Ich werde der Mutter das Kompliment ausrichten, wenn sie aus dem Urlaub

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