Alte Narben - [Kriminalroman aus der Eifel]
erfahren möchte.«
Thomas Pfeiffer reichte Lorenz die Hand. »Herr Friesdorf sagte mir, Sie haben eventuell einen konkreten Anlass für Ihr Interesse?«
»Leider ja«, antwortete Lorenz. »In unserer schönen Eifel ist eben auch nicht alles nur grün. Manches ist brauner, als man denkt, und nicht nur im Herbst.«
Pfeiffer nickte. »Ich weiß von einigen Fällen von Grabschändungen. Pfarrer Friesdorf und ich hatten darüber schon einmal gesprochen. Und auch an vielen Schulen trifft man die üblichen Gruppierungen an, die wir eben beleuchtet haben. Nicht zu vergessen die Kameradschaften auf dem Land, die von außen betrachtet schnell im Haufen der vielen Vereine, die sich mit einem gewissen Nationalstolz präsentieren, verschwinden können. Heimatliebe ist etwas ganz anderes als Nationalismus der rechten Ecke, aber die Neonazis beherrschen mittlerweile das Versteckspiel sehr gut.«
»Ich befürchte, die Ermordung dreier Menschen bei uns in Nideggen hat mit den Neonazis zu tun. Da ist etwas im Gange, was über die normalen rechten Gewalttaten weit hinausgeht.«
»Ich weiß«, sagte Pfeiffer. »Das hat auch bei uns Wellen geschlagen. Es gibt eine Sondereinheit zur Aufklärung von Gewaltverbrechen in Köln, deren Leiterin die Ermittlungen übernommen hat.«
Friesdorf grinste. »Das ist Herrn Bertold bekannt. Er ist der Großvater der Frau Bertold.«
»Bertold? Ach so, natürlich.« Pfeiffer schüttelte den Kopf. »Sie sind der berühmt-berüchtigte Opa Bertold, nicht wahr? Dann darf ich Ihnen ja gar nichts mehr sagen, ohne Ärger mit Ihrer Enkeltochter zu bekommen.«
Lorenz flüsterte leise etwas in seinen Bart, was nicht als Fluch des Kommissars Wollbrand identifiziert wurde. Dann sagte er: »Jaja, meine Enkelin behindert meine Ermittlungen, wo sie nur kann. Das bin ich gewohnt.«
Pfeiffer lachte, da er dies für einen Scherz hielt. Werner Friesdorf und Lorenz stimmten in das Lachen ein. Der Pfarrer lachte immer noch, als sie das Gebäude verlassen hatten und sich auf die Suche nach Lorenz’ Ausflugsgesellschaft machten.
32. Kapitel
Die Sonne berührte schon die Baumwipfel des Heidkopfs, der das Rurtal unterhalb von Nideggen am späten Nachmittag beschattete, als Lorenz und seine Freunde zur Seniorenresidenz Burgblick zurückkehrten. Benny hatte Paul und Jessica am Parkplatz abgesetzt, nun freuten sich die vier auf einen ruhigen Ausklang eines anstrengenden Tages auf der Ordensburg. Doch der ruhige Abend ließ noch auf sich warten. Als sie in das Foyer traten, saß dort eine sichtlich beunruhigte alte Dame am Empfangstresen.
»Was ist los, Frau Melzer?«, fragte Benny. »Hat Frau Klinkenberg Sie zu einer Doppelschicht verdonnert?«
»Vielleicht hat sie ihren Nachtisch nicht aufgegessen?«, mutmaßte Lorenz grinsend.
»Ach, nicht doch!«, sagte Frau Melzer und fuhr sich nervös durch das silberweiße Haar. »Eben kamen ein paar junge Leute, die sehr seltsam aussahen, und fragten nach Herrn Bertold. Und dann fragten sie mich nach Ihrer mobilen Telefonnummer, Herr Bertold, aber ich gab sie ihnen selbstverständlich nicht. Dann gingen sie, riefen bald darauf hier bei mir an der Rezeption an und fragten wieder nach Ihnen. Und sie sagten, sie würden – huch, da sind sie schon wieder!«
Die Alte wies auf den Eingang, wo gerade Anna Floto, Nihil Wedding und Kalle Gärtner erschienen.
»Hallo Leute«, sagte Benny. »Ihr sucht nach uns?«
»Ja«, meinte Anna Floto. »Wir haben Informationen für euch.«
»Warum habt ihr mich denn nicht angerufen?«
»Wenn du dein Handy auf Empfang hättest, könnte ich das.«
Benny kramte sein Telefon hervor. »Scheiße, Akku leer«, sagte er.
»Na ja, ist ja jetzt egal«, meinte Kalle, der schwarzhaarige Hüne. »Wir müssen reden.«
Lorenz sagte: »Na dann, gehen wir. In meinem Zimmer können wir uns in Ruhe unterhalten.«
Bärbel schaltete sich ein: »Lasst uns lieber zu mir gehen. Da ist mehr Platz.«
Wenig später versammelten sie sich in Bärbels Apartment. Kalle Gärtner kam gleich zur Sache, noch bevor Bärbel etwas zu trinken anbieten konnte. Er setzte sich auf den Boden. »Passt mal auf. Ich habe mit allen möglichen Leuten gesprochen. Niemand von der Antifa weiß etwas davon, dass es am Freitagmorgen in Nideggen eine Aktion zum Schutze eines alten Mannes und einen Zusammenstoß mit Neonazis gab. Entweder waren das Autonome, die keiner kennt, oder da hat einer gelogen, dass sich die Balken biegen.«
»Da war doch einer vom Stadtrat dabei, den kann man doch
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