Alte Narben - [Kriminalroman aus der Eifel]
fragen«, schlug Bärbel vor.
»Das werden wir«, bekräftigte Lorenz.
»Das übernehme ich«, sagte Gustav. »Ich kenne die Leute in Nideggen am besten.«
»Gut«, stimmte Lorenz zu. »Aber ich sage voraus, dass das nicht viel Wahres hervorbringen wird. Hier ist etwas oberfaul.«
Kalle fuhr fort: »Ich muss wissen, wer diese Vögel waren. Das muss doch herauszufinden sein.«
»Aber nichts leichter als das«, rief Bärbel aus und hob ihr Mobiltelefon triumphierend in die Höhe. »Ich habe doch heute diese Männer auf Burg Vogelsang fotografiert!«
»Jawohl«, stimmte Lorenz zu. »Und unser Paul hat darunter den Kerl wiedererkannt, der bei dem Kampf am Freitag verletzt worden ist. Und diesen NPD-Kerl.«
»Jetzt bin ich aber gespannt«, meinte Kalle. »Zeigen Sie mal.«
Bärbel winkte ab. »Nicht auf dem Handy. Einen Augenblick bitte.«
Sie ging ins Nebenzimmer und kehrte bald darauf mit ihrem Laptop zurück. Sie startete das Gerät und legte ihr Telefon daneben. »Ich überspiele nur rasch die Bilder, dann können wir sie uns in vernünftiger Größe ansehen.«
»Echt clever«, staunte Benny.
»Was?«, fragte Lorenz. »Musst du das Telefon nicht anstöpseln?«
»Bluetooth«, meinte Bärbel. »Das geht ohne Kabel.«
Lorenz schüttelte beeindruckt den Kopf. Wenig später zeigte Bärbel die Bilder, die sie während des Ausfluges gemacht hatte. Sie klickte sich durch, bis die gesuchte Aufnahme erschien. Kalle Gärtner trat näher. »Das gibt’s doch nicht. Wie geil ist das denn?«
»Was meinst du?«, fragte Anna Floto.
»Schaut euch das an.« Kalle tippte auf den Bildschirm. »Der Typ da, der den Arm in der Schlinge trägt – das ist ein Neonazi der übelsten Sorte. Keiner von der KAL oder der NPD. Dieser Typ ist immer da, wenn’s richtig haarig wird. Ich habe ihn ein paarmal gesehen. Der ist bewaffnet und brandgefährlich.«
»Also nicht von der Antifa?«, fragte Benny.
»Dass ich nicht lache«, schnaubte Kalle. »Das ist eines der fiesesten Nazischweine, das ich kenne.«
»Und der da ist ein NPD-Politiker«, sagte Lorenz und wies auf einen älteren Mann auf dem Foto.
»Den kenn ich auch«, sagte Anna. »Das ist Albert Finkel aus Stolberg. Mein Alter hat sich vor Kurzem noch mit dem gezofft.«
»Und der da?«, fragte Lorenz und tippte auf den hageren, weißhaarigen Mann in der Bildmitte.
»Den kenne ich nicht«, meinte Anna.
Auch Kalle schüttelte den Kopf. »Nie gesehen.«
Lorenz atmete tief durch. »Jetzt sind wir schon einen großen Schritt weiter. Der angebliche Antifaschist ist in Wahrheit ein Rechter. Warum beschützen Neonazis einen alten Juden vor anderen Nazis? Und was hat dieser NPD-Politiker damit zu tun? Und der andere Kerl, der im Nideggener Stadtrat sitzt? Ein unbescholtener Bürger, und er gehört keiner braunen Partei an. Das passt doch alles nicht zusammen!«
»Noch nicht«, meinte Gustav. »Aber es gibt einen Zusammenhang, und es kann doch nicht so schwer sein, das herauszufinden. Wir haben Floto, Kratz, diesen Finkel und den Typen mit dem verletzten Arm. Wie heißt der?«
»Keine Ahnung«, meinte Kalle. »Aber ich krieg’ das raus.«
»Wir müssen das alles der Polizei sagen«, meinte Bärbel. »Rita und Paul wissen am besten, was zu tun ist.«
»Ach du scheiße«, meinte Kalle. »Die Bullen kriegen doch nie was Entscheidendes im rechten Milieu raus. Wenn die an die wirklich interessanten Leute geraten, werden sie doch gleich zurückgepfiffen. Die Nazischweine haben gute Anwälte, und die Obrigkeit ist immer noch auf dem rechten Auge blind. Wenn die Nazis aufmarschieren, kriegen sie Polizeischutz, unsere Gegendemos werden gnadenlos zerschlagen, und wir werden sofort verhaftet. Scheiß doch auf die Bullen!«
»Genau, vergesst die Bullen«, meinte auch Anna.
Lorenz schüttelte nachdenklich den Kopf. »Ich weiß, was ihr meint. Ich mache mir auch lieber meine eigenen Gedanken, bevor ich der Polizei sage, was ich weiß.«
»Lorenz!«, rief Bärbel.
»Jaja, beruhige dich«, beschwichtigte Lorenz. »Lass mich weiterreden. In diesem Falle glaube ich, dass die Polizei einfach mehr Mittel hat, etwas über diese Personen zu erfahren.«
»Glaub ich nicht«, entgegnete Kalle. »Aber zeigt den Bullen ruhig die Fotos und sagt ihnen, was ich über diesen Typen in der Armbinde weiß. Das wird gar nichts bringen. Aber lasst mir zwei Tage Zeit, und ich kriege raus, was hier läuft.«
»Was heißt das, zwei Tage Zeit lassen?«, fragte Benny.
»Das heißt«, antwortete Anna, »Ihr
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