ALTEA (Sturmflut) (German Edition)
grauenhafter Angst. Irgendetwas bereitete ihm so große Schmerzen, dass es ihn zum Schreien brachte und diese Tatsache allein trieb die Furcht bis in den letzten Winkel meines Verstandes. Ich wollte mich zur Tür bewegen, doch meine Beine waren wie angewurzelt und wollten sich nicht rühren. Warum betrog mich mein Körper nur dauernd?
Es kostete mich all meine Kraft die letzten Schritte bis zur Tür zu gehen. Mein Gang war zittrig und ich hatte das Gefühl so laut und hastig zu atmen, dass man mich selbst durch die Metalltür noch hören konnte. Sie war einen Spalt breit geöffnet. Ich kauerte mich hin und versuchte etwas zu erkennen. Plötzlich trat ein Paar Stiefel in mein Sichtfeld. Ich neigte mich noch etwas nach vorne und erkannte die Statur eines Mannes. Für mich war sie unverwechselbar. Es musste Ibrahim sein. Ich verschwand wieder in der Dunkelheit und versuchte mich zu beruhigen. Ein Plan musste her. Schnell. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis Ibrahim nach Emil sehen würde oder der Soldat im Gang wieder zu sich kam. Mein Blick wanderte nach oben und mir kam etwas in den Sinn.
25
Ich trat aus der Dunkelheit und vor die kaputte Betonkammer, die sich rechts von der Tür befand. Bevor ich den ersten Sprung wagte, wischte ich den Schweiß meiner Hände an der Hose ab. Ibrahims Gehör war extrem gut, das wusste ich genau. Ich musste den Sprung beim ersten Mal schaffen, sonst würde er mich wahrscheinlich hören. Ich federte in die Knie und sprang. Mit beiden Händen krallte ich mich am Betonfest und spürte, wie die Asche und Reste der Ziegelsteine unter meinen Fingern, mir den Halt erschwerten. Ich drohte abzurutschen und versuchte irgendwie festeren Halt zu bekommen. Mit der rechten Hand holte ich aus und konnte so etwas wie einen Metallanker fühlen. Ich hielt mich daran fest und schaffte es mich so weit hochzuziehen, dass ich den Ellbogen auf den Beton bekam. Ich stemmte mich weiter hoch und schwang ein Bein nach oben. Mit dem Knie zog ich auch den Rest meines Körpers auf die Erhöhung. Der Abstand zum horizontalen Betonpfeiler war so gering, dass ich einfach übertreten konnte. Sofort ging ich in die Hocke und hielt mich fest. Diese Höhe genügte für gewöhnlich nicht aus um meine Höhenangst zu wecken, doch ohne jede Absicherung und in der Dunkelheit, war mir trotzdem nicht ganz wohl. Ich sah zur nächsten Kammer, die sich genau vor der Tür befand, und richtete mich langsam wieder auf. Der Abstand war der gleiche, doch an dieser Kammer fehlte ein erhebliches Stück der Betonwand zur rechten Seite. Ich musste also ein Stück runterspringen. Um den Abstand zu verringern, setzte ich mich auf den Pfeiler und versuchte mich langsam nach unten rutschen zu lassen um mich im letzten Moment mit den Händen abzudrücken. In diesem Augenblick hörte ich einen erneuten Aufschrei von Aljoscha. Ich zuckte zusammen und verlor das Gleichgewicht. Mein Körper begann nach hinten wegzukippen und ich konnte nichts mehr dagegen tun. Mit rudernden Armen drehte ich mich zur Seite weg und riss den linken Arm nach hinten. Ich stieß mich erneut vom Betonpfeiler ab und landete im Schotter der Brennkammer vor mir. Ruß wurde aufgewirbelt und ich versuchte verzweifelt einen Hustenreiz zu unterdrücken.
Plötzlich hörte ich Metall, das über den Boden schleifte. Jemand hatte die Tür geöffnet, die nicht mehr richtig in den Angeln hielt. Ich erstarrte in meiner Position und hörte sogar auf zu atmen. Schritte waren zu hören. Langsam und vorsichtig. Dann klang es so, als würden die Schritte sich wieder Richtung Tür bewegen. Ich griff den Brocken eines Ziegelsteins und machte mich bereit ihn zu werfen. Damit konnte ich Ibrahim hoffentlich aus dem Raum und in mein Sichtfeld locken. Dann hatte ich vielleicht einen Schuss, bevor er wusste wo ich war. Dieser Schuss musste sitzen. Ich ließ langsam das Gewehr von der Schulter rutschen und packte es. In diesem Moment zerfetzte eine laute Männerstimme die Stille.
„SORMANSK IST TOT UND DAS MÄDCHEN IST WEG!“ Schrie jemand in ohrenbetäubender Lautstärke aus dem Gang. Die Schritte wurden wieder schneller und ich sah Ibrahim durch die Halle stürmen. Ich drückte mich nach unten, um nicht entdeckt zu werden. Verdammt! Ich hatte nicht mehr genug Zeit das Gewehr in Position zu bringen. Jetzt hatte ich nur noch eine Möglichkeit. Kaum war Ibrahim aus der Halle
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