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Altenberger Requiem

Altenberger Requiem

Titel: Altenberger Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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normale Arbeit erinnerte. An das Aufklären von Fällen. Oder hatte Wonne eine Überraschung für mich?
    »Wonne, was ist denn eigentlich los?«
    »Nicht so laut, Remi… Sonst…«
    Ich spitzte die Ohren. Da war etwas zu hören. Ein Geräusch, das nicht in die Landschaft passte. Geknatter, Geballer. Schüsse. Es kam aus dem Haus. Unten rechts stand ein Fenster offen.
    »Da guckt jemand fern«, sagte ich. »Das geht uns nichts an. Lenk nicht ab. Was machen wir hier?«
    »Lass uns doch erst mal schauen, wer da wohnt.«
    Sie versuchte, an mir vorbeizukommen, aber ich hielt sie fest.
    »Du tust mir weh!«
    Das bezweifelte ich stark, aber das war der Spruch, mit dem Frauen ganz schnell jede Diskussion im Keim erstickten. Sofort ließ ich los.
    »Erklär mir, was du mit dem Film gemeint hast.«
    »Ach …« Sie wand sich.
    »Also?«
    »Da hinten in Tente wurde in den Siebzigern mal ein Film gedreht. Eigentlich sogar zwei Filme. Eine Familiengeschichte. Vielleicht kennst du das ja noch. Die Geschichten um einen kleinen englischen Jungen, dessen Vater Schriftsteller ist und … ach, ich weiß nicht, wie die Geschichten genau gehen. Ich hab’s vor einiger Zeit mal im Fernsehen gesehen. Das war natürlich der Oberkitsch, aber so ein schönes, ideales Familienleben … das hat schon was.«
    Geschichten um einen englischen Jungen. Ein Schriftsteller. Familienleben mit Mama, Papa, Mutter, Opa, Tante. In mir dämmerte etwas.
    »›Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung‹«, sagte ich.
    Sie nickte. »So hieß der eine Film. Und der zweite hieß ›Wenn süß das Mondlicht auf den Hügeln schläft‹. Und der ist hier gedreht worden.«
    »Was? Aber er spielt doch in England.«
    »Trotzdem. Es war eine deutsche Produktion. Drehort Bergisches Land. Tente und Solingen.«
    Ich versuchte, mir die Bilder zurückzuholen. Was ich sah, war ein braunhaariger Dreikäsehoch, der morgens durch ein großes Haus fegt und nach und nach die ganze Familie aufweckt. Morgens um sieben. Keine Ahnung, ob die Welt da wirklich noch in Ordnung war. Ich schlief um diese Zeit gewöhnlich. Wie das Mondlicht. Aber nicht auf den Hügeln, sondern im Bett.
    Das Geballer aus dem Haus drang wieder in mein Bewusstsein.
    »Gut, das haben wir geklärt. Und wir sollen eine Aufgabe lösen, die mit dem Film zu tun hat? Warum hast du mir das nicht gesagt? Gib mir doch mal die Mappe.«
    Ich wollte danach greifen, aber sie zog sie weg.
    »Ich weiß das alles auswendig.«
    »Aber deswegen kannst du doch …«
    Ich unterbrach mich. Ein weiteres Geräusch platzte in die Landschaft. Diesmal war es unverkennbar eine Polizeisirene. Sie kam von der Hauptstraße her. Und kaum hatte ich das Geheule identifiziert, bewegte sich ein Polizeiwagen mit Blaulicht auf uns zu.
    Sekunden später war der Wagen da, und wir mussten zur Seite springen, damit er vorbeikam. Das Martinshorn schwoll zu ohrenbetäubender Lautstärke an. Wonne hielt sich die Hände über die Ohren. Ich nutzte die Gelegenheit und nahm ihr die Mappe ab.
    Der Streifenwagen bremste vor dem Haus. Die Haustür öffnete sich im selben Moment wie die Autotüren. Im Türrahmen stand ein überrascht wirkender junger Mann in blauer Jogginghose und mit nacktem Oberkörper. Dem Auto entquollen die Uniformierten, die wir bereits in Altenberg kennengelernt hatten, und der Glatzkopf.
    Kotten kam auf uns zu, während sich seine Kollegen um den jungen Mann scharten.
    »Na, das ist ja mal ein Zufall«, sagte er. Im Hintergrund verfolgte ich, wie einer der beiden Beamten etwas zu dem Mann in der Jogginghose sagte. In der Hand des anderen blitzten Handschellen.
    »Hallo, Herr Kotten«, sagte ich. »Ja, Zufälle gibt’s.«
    Der Kripomann betrachtete uns prüfend. Ein Stück weiter wurde der junge Mann zum Auto gebracht. Schließlich saß er im Wagen, neben ihm der eine Uniformierte. Scheffler.
    »Wir können«, rief der andere herüber.
    »Immer noch auf Rallye?«, fragte Kotten, der es offenbar nicht eilig hatte.
    Ich übernahm das Reden. »Ja, die nächste Aufgabe hat uns hierhergeführt. Ist der Herr da der Mörder der Frau, die wir gefunden haben?«
    »Geben Sie mir doch mal Ihren Rallyeplan.«
    Wonne schien erst jetzt zu bemerken, dass sie ihn nicht mehr in der Hand hatte. Ich händigte ihn brav aus.
    »Wir müssen eine Frage wegen eines Films beantworten«, erklärte ich beflissen. »Wussten Sie, dass hier drüben ein seinerzeit ganz berühmter Film …«
    Kotten blätterte und runzelte die Stirn. »Was soll der Quatsch,

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