Altenberger Requiem
an«, sagte ich. »Allerdings ohne Erfolgsgarantie.«
»Geben Sie die denn in anderen Fällen?«
»Manchmal schon. Jedenfalls verhandle ich dann ein Erfolgshonorar.«
»Das wäre mir in diesem Fall auch lieber.«
»Tut mir leid, das kann ich nicht machen. Die Chancen für Herrn Hackenberg stehen nicht gut.«
»Was haben Sie sich denn als normales Honorar vorgestellt?«
»Fünfhundert Euro am Tag. Plus Spesen.«
Der Preis war eine Unverschämtheit. Normalerweise lag mein Preis bei der Hälfte. Ich war sicher, dass Frau Dr. Rath das wusste.
»Zweihundert«, sagte sie.
Ich machte ein bekümmertes Gesicht. »Die Ermittlungen werden schwierig. Ich habe eine Mitarbeiterin, die ich bezahlen muss.«
Wonnes Augen leuchteten plötzlich, und ich versuchte, ihr einen Blick zuzuwerfen, der ihr unmissverständlich klarmachen sollte, dass falsche Hoffnungen unangebracht waren. Leider sind meine Blicke nicht so deutlich.
»Sagen wir vierhundertfünfzig«, handelte ich weiter.
»Dreihundertfünfzig. Mein letztes Angebot.«
»Und meines lautet vierhundert. Und noch mal tausend extra, wenn ich trotzdem Erfolg haben sollte.«
»Ich dachte, Sie wollten kein Erfolgshonorar verhandeln? Und jetzt bringen Sie es doch ins Spiel. Also gut - von mir aus. Dreihundertfünfzig. Und tausend bei Erfolg.«
»Zweitausend. Wenn Hackenberg unschuldig ist, kann er das sicher leicht aus seinem Erbe bezahlen.«
Sie druckste herum. »Könnte sein. Er hat mir gesagt, er hätte ein Sparbuch, das seine Mutter für ihn angelegt hat. Da sind knapp zwanzigtausend Euro drauf.«
»Er hat ein Sparbuch? So wie sie ihn mir beschrieben haben, kann ich mir kaum vorstellen, dass er das nicht geplündert hat.«
»Seine Mutter hat es lange vor ihm geheim gehalten. Er hat erst vor einigen Tagen davon erfahren.«
»Abgemacht.« Sie hielt mir die Hand hin, und ich schlug ein. Dann fügte sie hinzu: »Was wollen Sie als Erstes unternehmen?«
»Ich denke, ich werde mich mit Frau Freier noch mal am Tatort umsehen. Und bei Hackenbergs zu Hause. Und dann möchte ich mehr über die Theorie hören, dass ihn jemand hereingelegt hat.«
»Darüber können Sie mit Herrn Hackenberg selbst reden.«
»Er sitzt doch in Untersuchungshaft.«
»Aber ich bin seine Anwältin und darf ihn besuchen. Ich habe uns angemeldet.« Sie sah auf ihre Armbanduhr. »Der Termin ist in einer Stunde. Kommen Sie.«
10. Kapitel
»Wer A sagt, muss auch B sagen.« Wonne hängte sich an den dunkelblauen Passat von Frau Dr. Rath, der uns zur JVA in Köln lotste. »Wenn du den Fall lösen willst, dann musst du auch alle Möglichkeiten nutzen, die sich dir bieten.«
Ich hatte den Schock, dass schon wieder etwas über meinen Kopf hinweggeplant worden war, noch nicht verkraftet. Wie lange würde es dauern, bis ich endlich wieder selbst die Fäden der Ereignisse in der Hand hielt?
»Du sagst ja gar nichts. Bist du sauer?«
Eigentlich schon, dachte ich. Nein, versuchte ich den Gedanken zu verdrängen. Ich bin nicht sauer. Nicht, nicht, nicht.
Ommmmm.
In mir zerbrach endgültig das Bild, das ich vorgestern noch von meinem derzeitigen Leben gehabt hatte: schön gemütlich in Mannis Haus zu sitzen und arbeiten anderen zu überlassen.
»Nein, nicht sauer«, brachte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Plötzlich bremste der Wagen - und das so abrupt, dass ich nach vorne flog. Wonne schwenkte in die Bucht einer Bushaltestelle. Kaum standen wir, löste sie den Gurt.
Ein Schreck flammte in mir auf. Was war jetzt wieder los?
Meine Gedanken platzten auseinander und zerfielen zu nichts, als sie ihre Lippen auf meine presste. Ich zuckte erst zusammen, weil ich schon wieder erschrocken war, doch nach einigen Herzschlägen entspannte ich mich. Wonnes Zunge schmeckte nach Himbeeren, und auf einmal war die Vision von dem verwunschenen Garten wieder da, die ihre selbst gemachte Marmelade in mir ausgelöst hatte. Sanft strichen ihre Finger über meine Brust; vorsichtig führte sie meine Hand an ihren Hals, dann etwas tiefer …
»Soll ich dir etwas verraten?«, sagte sie eine gefühlte Stunde später, wobei mir klar war, dass nur ein paar Sekunden vergangen waren. Ihre helltürkisen Augen waren ganz nah.
»Was?«, fragte ich heiser.
»Ich finde es superscharf, mit einem Detektiv zusammen zu sein.«
Als wir auf den Besucherparkplatz der JVA einbogen, wartete Frau Dr. Rath bereits.
»Haben Sie sich verfahren?«, fragte sie.
»Wir hatten noch was zu besprechen«, sagte Wonne
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