Altenberger Requiem
Schreibtisch.
»Sie sind Privatdetektiv, oder nicht? Herr Dr. Heimlich hat so etwas durchblicken lassen. Das klingt spannend.«
»Ein Beruf, der weit weniger aufregend ist, als man denkt«, sagte ich. »Übrigens…« Ich beschloss, das, was mir auf der Zunge lag, so schnell wie möglich unterzubringen. »Mir kam es so vor, als sei Frau Freier gerade hier gewesen. Oder habe ich mich geirrt?«
»Frau Freier?«
»Yvonne Freier. Mit der ich ein Team auf der Rallye gebildet habe.«
Sie nickte. »Ach so, natürlich. Ja, sie hat mit meinem Mann gesprochen. Sie hat ein Interview mit ihm geführt. Sie ist ja Journalistin. Interessant, wen wir über Jutta so alles kennenlernen. Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?« Sie rief nach Simone und beauftragte sie, für Wasser zu sorgen.
Ich machte mir eine mentale Notiz, dass Hermine Weißenburg nicht wusste, was Mathisen und Wonne verband. Dann schluckte ich den Kloß, den ich im Hals spürte, hinunter und beschloss, das Beste aus diesem Besuch herauszuholen.
»Sie haben eine Firma in Köln«, begann ich.
Sie nickte. »Wir sind aber selten hier. Unsere Agentur hat eine Reihe von Niederlassungen in verschiedenen Ländern. So können wir international arbeiten.«
»Das heißt, Sie machen für die Künstler Verträge mit den Konzertsälen.«
»Genau. Wir sprechen allerdings von Veranstaltern. Die Säle sind sozusagen nur die Austragungsorte. Es können verschiedene Veranstalter ein und denselben Konzertsaal bespielen, wenn Sie so wollen. Unser Hauptsitz ist Salzburg. Dort leben wir auch. Jetzt schon seit fast vierzig Jahren. Ich stamme allerdings eigentlich aus dem Rheinland … Waren Sie mal da? In Salzburg, meine ich.«
»Nein, leider nicht. Jutta hat mir davon erzählt. Und wegen Salzburg habe ich auch eine Frage.«
»Wenn Sie mal kommen möchten, kann ich Ihnen Karten für die Festspiele besorgen. Darum reißen sich die Menschen in aller Welt.«
»Tatsächlich?«
Sie sah mich überrascht an. Ich hatte etwas Falsches gesagt. »Aber sicher. Es gibt Paare, die nur eine einzige Karte ergattern, und dann geht der Mann vor der Pause, die Frau nach der Pause.«
Simone stellte ein Tablett auf den Schreibtisch. Sie hatte nicht nur eine Wasserflasche und Gläser, sondern auch ein Schälchen mit Keksen gebracht.
»Ich komme direkt zum Wesentlichen, Frau Weißenburg - ich denke, Sie haben auch nicht so viel Zeit.«
Sie schenkte Wasser ein und reichte mir ein Glas. Ich bedankte mich und fragte: »Sagt Ihnen der Name Sandro Marino etwas?«
Sie nahm ihr Wasserglas, trank aber nicht. »Wer soll das sein?«
»Der Name taucht im Zusammenhang mit meinem aktuellen Auftrag auf.« Ich erklärte ihr, dass ich den Fall der Toten aus Altenberg übernommen hatte.
»Die Leiche, über die Sie mit Frau Freier gewissermaßen gestolpert sind?«
»Sozusagen.«
»Na, Sie haben ja Talent. Die Arbeit findet Sie. So ein Glück hat nicht jeder. Und was hat dieser Sandro … Wie hieß er noch mal?«
»Sandro Marino.«
»Was hat dieser Mann damit zu tun?«
»Die Tote, Klara Hackenberg, hatte eine Nichte, die vor fünfunddreißig Jahren mit einem Mann dieses Namens nach Salzburg ging. Der Mann hieß Sandro Marino und war Musiker.«
»Sänger oder Instrumentalist?«
»Gute Frage. Keine Ahnung. Jedenfalls weiß man nicht, was aus dieser Nichte geworden ist. Und Frau Hackenberg suchte sie. Sie wollte sogar einen Privatdetektiv beauftragen, um sie zu finden. Einen Tag, bevor sie starb.«
»Und deswegen ist sie ermordet worden?«
»Zumindest kann es einen Zusammenhang geben.«
Frau Weißenburg sah mich bedauernd an. »Es tut mir leid, Herr Rott, aber ich fürchte, ich kann Ihnen nicht weiterhelfen. Der Name sagt mir nichts.«
»Hat es Sinn, Ihren Mann danach zu fragen?«
»Er hat leider gerade einen Termin in der Stadt. Wenn er zurück ist, kann ich ihn aber gerne fragen. Lassen Sie mir Ihre Visitenkarte hier. Wir sind allerdings nicht mehr lange in Köln. Morgen Abend geht unser Flugzeug.«
Ich gab ihr meine Karte und verabschiedete mich.
Als ich vor dem Backsteintor stand, kam mir die Szene mit Wonne und Mathisen vollkommen unwirklich vor. Egal, was zwischen den beiden wirklich vorgefallen war - Hermine Weißenburg hatte keine Ahnung davon.
Oder sie verstellte sich perfekt.
20. Kapitel
»Ahrens.«
»Jutta? Hier ist Remi.«
»Hast du was rausgefunden?«
»Wusstest du, dass Wonne Mathisen kennt?«
»Du meinst, näher? Nicht nur von der Party?«
Ich befand mich immer noch in
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