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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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sicher.«
    »Es kann also nicht in deinem Zimmer liegen?«
    »Nein, ich habe es immer bei mir getragen, damit es sicher war.«
    »So, so. Sicher.«
    »Und weil ich es, wie gesagt, ständig brauchte. Wo habe ich es nur zuletzt gesehen? Augenblick – gleich fällt’s mir wieder ein. Ja, jetzt weiß ich’s: an der Pumpe.«
    »An was für einer Pumpe?«
    »An der Pumpe bei den Ställen, wo sie Wasser für die Pferde holen. Richtig, da habe ich es zuletzt gesehen, gestern vor dem Mittagessen. Ich hatte es herausgenommen, um mir zu notieren, wie Sir Watkyn beim Frühstück mit seinem Haferbrei schlabbert, und gerade hatte ich meine vernichtende Eintragung beendet, da sah ich Stephanie Byng und entfernte die Mücke aus ihrem Auge. Bertie!« bölkte er plötzlich, und dann verstummte er. In seinen Brillengläsern lag ein sonderbares Leuchten. Donnernd schlug er mit der Faust auf den Tisch. Blöd von ihm. Er hätte sich doch denken können, daß das Milchkännchen davon umkippen würde. »Bertie, mir ist gerade etwas eingefallen. Es ist, als wäre ein Vorhang hochgegangen und als sähe ich alles deutlich vor mir. Ich nahm das Notizbuch heraus und schrieb mir die Sache mit dem Haferbrei auf. Dann steckte ich es wieder in meine Brusttasche. Wo ich auch mein Taschentuch aufbewahre.«
    »Na und?«
    »Wo ich auch mein Taschentuch aufbewahre«, wiederholte er. »Kapierst du denn nicht? Streng doch mal deinen Grips an, Mann! Was tust du als erstes, wenn du ein Mädchen siehst, dem etwas ins Auge geflogen ist?«
    Ein kleiner Aufschrei entrang sich meiner Brust.
    »Ich greife nach meinem Taschentuch!«
    »Richtig. Du ziehst es heraus, und mit einem Zipfel entfernst du die Mücke. Und wenn ein in braunes Leder gebundenes Notizbuch bei dem Taschentuch gesteckt hat …«
    »… wird es mit herausgezogen …«
    »… und fällt zu Boden …«
    »… niemand weiß, wo.«
    »Doch, ich weiß, wo. Das ist es ja! Ich könnte dir genau die Stelle zeigen.«
    Einige Sekunden lang fühlte ich mich schon erleichtert. Dann kehrten die Sorgen zurück.
    »Gestern vor dem Mittagessen war das? Dann hat inzwischen bestimmt jemand das Ding gefunden.«
    »Darauf wollte ich gerade kommen. Mir ist nämlich noch etwas eingefallen. Als ich die Mücke beseitigt hatte, sagte Stephanie auf einmal: ›Nanu, was ist das denn?‹, und ich erinnere mich, daß sie sich bückte und etwas aufhob. Ich habe das in diesem Augenblick nicht weiter beachtet, denn gleichzeitig hatte ich Madeline entdeckt, die mit finsterem Gesicht am anderen Ende der Stallgebäude stand. Vielleicht sollte ich erwähnen, daß ich beim Entfernen der Mücke die Hand unter Stephanies Kinn gelegt hatte, um ihren Kopf ruhig zu halten.«
    »Natürlich.«
    »Das ist in so einem Fall unerläßlich.«
    »Völlig richtig.«
    »Wenn der Kopf nicht absolut still gehalten wird, ist Erste Hilfe ganz unmöglich. Das habe ich auch Madeline zu erklären versucht, aber sie hat mir nicht zugehört. Sie raste einfach davon, und ich raste hinter ihr her. Erst heute früh ist es mir gelungen, die Dinge klarzustellen und sie zur Einsicht zu bringen. In der Zwischenzeit hatte ich Stephanies Bücken und Aufheben total vergessen. Es ist doch wohl sonnenklar, daß sich das Notizbuch im Besitz der Byng befinden muß.«
    »Das denke ich auch.«
    »Dann wäre ja alles in bester Ordnung. Wir gehen einfach zu ihr und bitten sie, das Ding zurückzugeben, was sie auch tun wird. Ich nehme an, sie hat sich über das, was in dem Notizbuch steht, halb totgelacht.«
    »Und wo steckt sie jetzt?«
    »Wenn ich mich richtig erinnere, wollte sie ins Dorf hinuntergehen. Ich glaube, sie plaudert gern mit dem Kaplan. Wenn du nichts anderes vorhast, könntest du ihr doch ein Stück entgegengehen.«
    »Das werde ich auch tun.«
    »Aber nimm dich vor ihrem Terrier in acht. Wahrscheinlich hat sie ihn mitgenommen.«
    »Ja. Danke für die Warnung.«
    Ich erinnerte mich, daß er den Hund neulich, als ich ihm zu Ehren dieses Abendessen gab, schon einmal erwähnte. Gerade als die überbackene Seezunge serviert wurde, hatte er mir die Blessur an seiner Wade gezeigt, woraufhin ich auf diesen Gang verzichten mußte.
    »Das Vieh beißt wie ein Fangeisen.«
    »Schön, ich werde die Augen offenhalten. Am besten gehe ich gleich los.«
    Ich schlenderte die Auffahrt hinunter zum Parktor. Dort blieb ich stehen. Ich fand, es wäre das beste, wenn ich an dieser Stelle wartete, bis Stiffy zurückkam. Also steckte ich mir eine Zigarette an und ließ die

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