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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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Bertielein, du mußt uns helfen! Du bist unsere einzige Hoffnung. Und du brauchst fast gar nichts zu tun. Nur Onkel Watkyns silbernes Sahnekännchen zu stibitzen.«
    Ich weiß nicht, wie Sie reagiert hätten, wenn Ihnen ein junges Mädchen in einem Tweedkostüm mit so einem Ansinnen gekommen wäre, kaum acht Stunden, nachdem eine purpurgesichtige Tante bereits mit demselben Ansinnen gekommen war. Wahrscheinlich hätten Sie den Flattermann gekriegt, wie die meisten andern auch. Ich dagegen fand es mehr zum Schmunzeln als zum Schlottern. Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich sogar laut gelacht. Falls es so war, dann war das allerdings für längere Zeit mein letztes Lachen.
    »Was du nicht sagst!« gluckste ich. »Und weiter?« fragte ich, da ich dachte, es müßte amüsant sein zu hören, was dieses Herzchen noch alles auf Lager hatte. »Ich soll also sein Sahnekännchen stibitzen, ja?«
    »Genau. Er hat das Ding gestern aus London mitgebracht. Für seine Sammlung. Es ist so eine Art silberne Kuh, die aussieht, als wäre sie beschickert. Er findet sie ganz toll. Gestern abend beim Essen hatte er sie die ganze Zeit vor sich auf dem Tisch stehen, und er hat sich lang und breit darüber ausgelassen, was für ein Prunkstück sie sei. Und plötzlich kam mir dann diese Idee. Ich dachte, wenn Harold das Ding klauen würde und es dann zurückbrächte, wäre Onkel Watkyn ihm so dankbar, daß er mit Pfarrstellen nur so um sich werfen würde. Aber dann merkte ich, daß dieser famose Plan an einer Stelle klemmte.«
    »Ach nein? Er klemmte?«
    »Na klar! Kapierst du denn nicht? Was hätte Harold wohl sagen sollen, wie er an das Kännchen gekommen sei? Wenn jemand in seiner Sammlung ein silbernes Sahnekännchen hat, das plötzlich verschwindet, und wenn am nächsten Tag ein Kaplan mit dem Ding unterm Arm aufkreuzt, dann wird dieser Kaplan natürlich ein paar kritische Fragen beantworten müssen. Es muß also so aussehen, als wäre ein Einbrecher am Werk gewesen.«
    »Ach, ich verstehe. Ich soll mir also ein Tuch vors Gesicht binden, durch die Terrassentür einsteigen, mir das gute Stück greifen und es dann Stinker aushändigen? Interessant. Sehr interessant.«
    Ich sagte das sehr sarkastisch und dachte, der Sarkasmus sei für jedermann deutlich herauszuhören gewesen, aber sie sah mich nur anerkennend und zustimmend an.
    »Du hast es sofort erfaßt, Bertie. Genau so ist es. Natürlich brauchst du dir kein Tuch vors Gesicht zu binden.«
    »Findest du denn nicht, daß ich meine Rolle dann authentischer spielen könnte?« fragte ich und legte noch etwas Sarkasmus zu.
    »Kann sein. Das liegt ganz bei dir. Worauf es ankommt, ist, daß du durch die Terrassentür einbrichst. Du mußt selbstverständlich Handschuhe tragen, wegen der Fingerabdrücke.«
    »Selbstverständlich!«
    »Harold erwartet dich dann draußen und nimmt dir das Ding ab.«
    »Und anschließend begebe ich mich ins Zuchthaus von Dartmoor, um ein paar Jährchen abzusitzen?«
    »Aber nein! Du entkommst natürlich nach dem Kampf.«
    »Nach was für einem Kampf?«
    »Und Harold stürzt ins Haus, über und über mit Blut …«
    »Wessen Blut denn?«
    »Na ja, ich dachte eigentlich an deines, aber Harold meint, seines. Es muß doch nach Kampf aussehen, damit die Sache interessant wirkt, und ich schlug vor, er solle dir eins auf die Nase hauen. Aber er sagte, es wäre wirkungsvoller, wenn er blutverschmiert aussähe. Also haben wir uns darauf geeinigt, daß ihr euch gegenseitig auf die Nase haut. Und dann wird Harold Alarm schlagen und ins Haus stürmen und Onkel Watkyn das Sahnekännchen vorzeigen und ihm erzählen, was passiert ist, und dann ist alles Eierschnee und Sahne. Na, ich meine, Onkel Watkyn kann doch nicht einfach ›Vielen Dank, auf Wiedersehn‹ sagen und es dabei bewenden lassen, oder? Wenn er auch nur einen Funken Anstand in sich hat, müßte er doch wenigstens mit dieser Pfarrstelle herausrücken. Findest du meinen Plan nicht grandios, Bertie?«
    Ich erhob mich. Meine Miene war eisig und versteinert.
    »Doch. Aber ich bedaure …«
    »Du wirst doch keinen Rückzieher machen? Jetzt, wo du siehst, daß es dich so gut wie keine Mühe kostet? Und du brauchtest höchstens zehn Minuten deiner Zeit zu opfern.«
    »Doch, ich mache einen Rückzieher.«
    »Dann bist du ein nichtswürdiger Lump!«
    »Kann ja sein, daß ich ein Lump bin, aber ein schlauer, nüchtern denkender Lump. Nein, ich danke bestens. Ohne mich. Ich habe dir doch gesagt, daß ich Stinker ganz genau

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