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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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werden alle im Bett liegen. Ist dir Mitternacht recht, Bertie? Ja, Bertie sagt, das paßt ihm sehr gut. Dann wäre ja alles klar. Und nun mußt du wirklich gehen, mein Schatz. Wenn jetzt jemand hereinkäme und dich hier fände … Was sollen nur die Leute denken! Gute Nacht, Liebster.«
    »Gute Nacht. Liebste.«
    »Gute Nacht, Liebster.«
    »Gute Nacht, Liebste.«
    »Warte mal!« rief ich und unterbrach damit diesen blödsinnigen Dialog, denn ich wollte einen letzten Appell an Stinkers Vernunft richten.
    »Er kann nicht warten. Er muß jetzt gehen. Vergiß nicht, mein Engel, Punkt null Uhr einsatzbereit zur Stelle zu sein. Gute Nacht, Liebster.«
    »Gute Nacht, Liebste.«
    »Gute Nacht, Liebster.«
    »Gute Nacht, Liebste.«
    Sie traten auf den Balkon hinaus. Ihre albernen Koseworte verloren sich in der Ferne, und ich wandte mich mit Zügen, in denen sich Bitterkeit und ohnmächtige Wut spiegelten, an Jeeves.
    »Pfui Teufel, Jeeves!«
    »Sir?«
    »Ich sagte ›Pfui Teufel!‹. Ich bin ja ein toleranter Mensch, aber das hat mich doch tief getroffen – fast bis ins Mark. Dabei ist es nicht mal Stiffys Verhalten, das ich so abstoßend finde. Sie ist nun mal eine Frau, und Frauen sind bekanntlich unfähig, zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden. Aber daß Harold Pinker, ein Sohn der Kirche und ein Mann, der seinen Kragen verkehrt herum trägt, so etwas duldet – das schockiert mich. Er weiß genau, daß sie dieses Notizbuch hat, und er weiß auch, daß sie mich damit hinhält. Aber verlangt er deshalb, daß sie es mir aushändigt? Nein, er denkt gar nicht daran! Er stellt sich sogar noch mit unverhohlenem Enthusiasmus für einen brutalen Einsatz zur Verfügung. Da fragt man sich doch unwillkürlich, wie so ein sauberer Seelenhirte die Schäfchen von Totleigh-in-the-Wold auf dem schmalen und beschwerlichen Pfad der Tugend halten will! Ein schönes Vorbild gibt so einer für die Kinder aus der Bibelstunde ab! Wenn sie erst mal ein paar Jahre zu Füßen dieses Harold Pinker gesessen und seine mehr als sonderbaren Ansichten über Moral und Ethik in sich aufgesogen haben, wird man die Pimpfe der Gemeinde bestimmt bald im Zuchthaus Wormwood Scrubs wiederfinden, wo sie ein paar Jährchen wegen schwerer Erpressung abbrummen müssen.« Ich machte eine Pause, übermannt von meinen Gefühlen. Außerdem war ich ein bißchen außer Atem.
    »Mir scheint, Sie tun dem Gentleman unrecht, Sir.«
    »Wieso?«
    »Er ist meines Erachtens im Glauben, Ihr Stillhalten in dieser Angelegenheit sei einzig und allein auf Ihre Gutmütigkeit und Ihren Wunsch zurückzuführen, einem alten Freund einen Dienst zu erweisen.«
    »Sie meinen, sie hat ihm gar nichts von dem Notizbuch erzählt?«
    »Davon bin ich fest überzeugt, Sir. Ich schließe das aus dem Verhalten der jungen Dame.«
    »Mir ist aber an ihrem Verhalten nichts Besonderes aufgefallen.«
    »Als Sie im Begriff waren, das Notizbuch zu erwähnen, konnte man eine gewisse Nervosität bemerken, Sir. Die junge Dame befürchtete, Mr. Pinker könnte Fragen stellen und, wenn er die Zusammenhänge erführe, sie zur Herausgabe des Objekts drängen.«
    »Mann, Jeeves, ich glaube, da haben Sie recht!«
    Ich vergegenwärtigte mir noch einmal die jüngsten Ereignisse. Ja, es paßte alles zusammen. Obwohl Stiffy sonst zu etwa gleichen Teilen aus dem Eigensinn eines tibetanischen Maulesels und der unterkühlten Gelassenheit eines tiefgefrorenen Steinbutts besteht, war es ihr offensichtlich etwas schwül geworden, als ich Stinker erklären wollte, weshalb ich mich in ihrem Zimmer befand. Ich erinnerte mich, wie aufgeregt sie ihn aus dem Zimmer bugsiert hatte – wie ein schmächtiger Rausschmeißer in einer Kneipe, der einen hünenhaften Gast an die Luft setzen will.
    »Mannomann, Jeeves!« sagte ich, tief beeindruckt.
    Vom Balkon her war ein dumpfes Krachen zu hören. Kurz darauf kam Stiffy wieder ins Zimmer.
    »Harold ist von der Leiter gefallen«, sagte sie und lachte herzlich. »Na, Bertie, hast du kapiert, wie alles läuft? Heute nacht hast du deinen Auftritt.«
    Ich steckte mir eine Zigarette zwischen die Lippen und zündete sie an.
    »Momentchen!« sagte ich. »Nicht so eilig, meine liebe Stiffy.«
     
    Es klang so ruhig und bestimmt, daß sie ganz verdutzt war. Sie blinzelte ein paarmal und sah mich fragend an, während ich eine Portion blauen Dunst inhalierte und denselben dann lässig durch die Nase entströmen ließ.
    »Nicht so eilig«, wiederholte ich.
    An anderer Stelle habe ich, wie Sie

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