Alter König Neuer König - Seelenweishheit im Märchen (German Edition)
den Rat seiner Mutter – er ehrt Vater und Mutter!
Als Tristan sich auf den Weg zu Isolde nach Irland macht, nimmt er zwei Dinge mit: Schwert und Harfe. Das macht den »Neuen Mann« aus: mit Schwert und Harfe unterwegs sein, den Dolch benutzen können und die Zwergpalme pflanzen!
Der Sohn in diesem Märchen stellt sich der Herausforderung der Ahnengalerie. Der Zauberdolch wurde schließlich von Geschlecht zu Geschlecht weitervererbt. Und doch bleibt er nicht bei der Einseitigkeit des väterlichen Erbes stehen. Er findet den Weg zur Ganzheit.
Noch einmal zurück zur Zwergpalme: Warum soll gerade sie ein Schutz sein gegen die dämonische Macht des Vaters? Zum einen verbindet der Baum Vater Himmel und Mutter Erde, und allein dadurch ist er ein Ganzheitssymbol. Auch erscheint die Zwergpalme ein stimmiger Gegenentwurf zum Größenwahn dieses Fürsten zu sein. Geschichten aller Völker erzählen, dass der wahre Erleuchtete ein einfacher Gärtner oder Eselstreiber sein kann und nicht der Fürst auf dem weißen Elefanten sein muss.
Es gibt eine Geschichte, in der ehrfurchtsvolle Pilger einen spirituellen Lehrer aufsuchen und ihn fragen, wie er denn seinen Tag verbringt. Sie vermuten wohl, dass er morgens erst einmal eine Stunde auf dem Wasser wandelt, dann ein paar unheilbar Kranke ins Leben zurückholt und nebenbei ein paar Dämonen verscheucht. Wie auch immer, seine Antwort ist: Ich schöpfe Wasser und trage Feuerholz. Wie großartig, wie geheimnisvoll!
Das Großartige, das Göttliche auch im scheinbar Kleinen und Unbedeutenden zu achten, jede alltägliche Handlung als heilige Handlung, als letzte Schlacht auf Erden zu betrachten, das bedeutet, die Zwergpalme zu pflanzen. So kann dieser Fürst, der auf diesem Planeten noch viel zu viel Macht hat, überwunden werden!
4.6. Die Frau, die auszog, ihren Mann zu erlösen
Es war einmal ein König, der hatte drei Söhne. Der älteste der Prinzen war auch schon wieder verheiratet mit einer wunderschönen Prinzessin. Eines Tages erkrankte der König schwer, und er verlor darüber sein Augenlicht. Der König war verzweifelt, und er ließ alle Arzte seines weiten Reiches kommen, doch keiner konnte ihm helfen. Darauf ließ er alle Magier seines Reiches zusammenrufen.
Die berieten sich lange, und am Abend trat ihr Ältester vor den Thron des Königs und sprach: »Oh Herr, es gibt nur ein Mittel, um Euch das Augenlicht wieder zu geben. Weit am Ende der Welt liegt mitten im Meer eine einsame Insel. Auf dieser Insel steht am Felsengipfel ein Schloss. Im Hofe dieses Schlosses fließt ein Brunnen. Es ist der Brunnen des Lebens und der Gesundheit. Wenn ein Toter mit dem Wasser des Brunnens besprengt wird, wird er wieder lebendig, und ist einer blind, wie Ihr, Herr, und das Wasser des Brunnens fällt auf seine Augen, so werden sie wieder sehend. Doch es ist sehr gefährlich, dieses Wasser zu holen, denn das Schloss mit dem Brunnen gehört einer Hexe, und keiner der Männer, die ausgezogen sind, das Wasser des Lebens zu holen, ist je wiedergekommen.«
Da ließ der König seine drei Söhne kommen, und er erzählte ihnen, was ihm die Magier offenbart hatten. Und er sprach zu ihnen: »Wer von euch auszieht, mir das Wasser des Lebens bringt und mir das Augenlicht wiederschenkt, dem werde ich das Reich und die Krone geben.«
Da sattelte der Jüngste sein Pferd und ritt eilends zum Tor hinaus, und er ritt 49 Tage und 49 lange Nächte. Und er kam zum Ende der Welt an das weite Meer. Am Meeresufer saß ein alter, grauer Fischer bei seinem Boot.
»Gott grüße dich, Vater!«, rief der jüngste Königssohn. »Rudere mich hinüber zu der Felseninsel. Ich muss das Wasser des Lebens und der Gesundheit holen, damit ich die Krone und das Reich bekomme.«
»Ach, mein Sohn«, sprach der alte Fischer, »bleibe hier. Die Hexe, die über die Insel herrscht und der der Brunnen gehört, ist eine mächtige Zauberin. So viele Ritter habe ich hinübergerudert, und keiner ist je wiedergekehrt.«
»Rudere mich hinüber!«, rief der Jüngste, »ich will das Reich und die Krone bekommen!«
Da ruderte der alte Fischer den jüngsten Königssohn zu der Felseninsel. Und der Prinz suchte sich den Weg zum Schloss. Als er den Schlosshof betrat, da sah er den Brunnen mit dem Wasser des Lebens und der Gesundheit. Sein silbernes Wasser plätscherte in ein Marmorbecken.
Neben dem Brunnen aber stand ein wunderschönes, junges Mädchen; ihre langen schwarzen
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