Alterra - Der Krieg der Kinder: Roman (German Edition)
war!
Das stimmt nicht, es gab nicht nur das … da waren auch noch Papa und Mama …
Er dachte an die Trennung seiner Eltern zurück. Der Streit darum, wer das Sorgerecht erhalten sollte und wer ihn nur am Wochenende sehen durfte, die feindseligen Blicke, die Matt zufällig mitbekam und die mehr Schaden anrichteten als alle Worte dieser Welt. Seine Eltern hatten sich einmal geliebt, ihn gezeugt und irgendwann angefangen, sich zu hassen.
Vielleicht konnte es gar nicht anders sein, dachte Matt, vielleicht war das der Lauf der Dinge, ganz egal, in welcher Welt man lebte. Leben bedeutete, mit Problemen konfrontiert zu werden, vor Dilemmas zu stehen. Leben bedeutete, kämpfen zu müssen.
Da erinnerte er sich an die Zusammenkünfte in der alten Bibliothek auf der Carmichael-Insel, diese vertraulichen Momente zwischen Ambre, Tobias und ihm. Er dachte an ihr Bad in dem See unter dem Wasserfall, zu dem sie das Team der Wilden geführt hatte, bevor sie in den Blinden Wald aufgebrochen waren, das Gelächter, die Sorglosigkeit. Es gab auch viele gute Seiten, das durfte er nicht vergessen.
»Alles in Ordnung?«, sagte jemand hinter ihm. Es war Ben. »Du wirkst bekümmert.«
Matt rang sich ein schiefes Lächeln ab.
»Ach wo, ich bin nur etwas müde.«
»Ich wollte dir sagen, dass der Rat mich damit beauftragt hat, Ambre und dich zu begleiten. Es kann nicht schaden, sich zu dritt auf den Weg nach Wyrd’Lon-Deis zu machen. Wer weiß, was uns da alles blüht.«
Seltsamerweise beruhigte Matt das keineswegs. Er hätte froh sein müssen, dass Ambre doppelten Geleitschutz bekam, ja, er hätte sie sogar guten Gewissens Ben anvertrauen können, um sich auf die Suche nach Tobias zu machen – aber irgendetwas behagte ihm bei dieser Vorstellung ganz und gar nicht.
»Das ist toll«, brachte er dennoch hervor.
»Floyd leitet den Spähtrupp, der bis zur Festung im Pass der Wölfe mitkommen wird, um eine Angriffsstrategie für unsere Armee auszuarbeiten. Danach kehren sie nach Eden zurück, während wir an der Festung vorbei nach Süden ziehen.«
»Sehr gut. Wann brechen wir auf?«
»Die Zeit drängt, aber wir dürfen dem Feind nicht überstürzt ins Messer laufen. Wir warten ab, bis die Weitwanderer aus dem Süden zurück sind, damit sie uns genauere Informationen über die dortige Lage und die geografischen Gegebenheiten liefern können. In der Zwischenzeit decken wir uns mit Proviant ein und bereiten alles für die Reise vor. In etwa einer Woche dürften wir so weit sein, denke ich. Kommt deine Hündin auch mit?«
»Plusch ist immer bei mir.«
»Ich habe den Eindruck, dass sie jetzt noch größer ist als auf der Carmichael-Insel.«
»Ja, sie wächst immer weiter. Sie ist mein Schutzengel.«
Als Ben sich von ihm verabschiedete und zum Haus der Gesandten zurückkehrte, verspürte Matt eine gewisse Erleichterung. Ben war stark und selbstbewusst; als Weitwanderer hatte er unzählige Male großen Mut bewiesen. Dennoch fühlte sich Matt in seiner Gesellschaft nicht recht wohl.
Vor seinem inneren Auge tauchte Ambres zartes Gesicht auf. Ihre Sommersprossen, ihr leuchtender Blick, ihr rotblondes Haar. Er liebte ihre Art zu lächeln, wie sich dabei ihr linker Mundwinkel nach oben zog und sie ihren Kopf leicht zur Seite neigte.
Plötzlich sehnte er sich danach, sie an sich zu drücken.
Was ihn an Ben störte, hatte mit Ambre zu tun.
Er konnte sie nicht zu zweit losziehen lassen.
Nicht aus Eifersucht. Er brauchte Ambre einfach in seiner Nähe.
Wenn sie da war, fühlte er sich stark.
Ambre hatte recht. Gemeinsam war alles viel leichter.
Er musste sie zu Malronce begleiten.
Matt blickte zum Himmel hinauf, der sich nach und nach verdunkelte. Die Sterne fingen an zu glitzern, und der Mond stand bereits hoch über den Schornsteinen der Stadt.
»Vergib mir, Toby«, flüsterte er mit tränennassen Augen.
5. Hungrige Finsternis
M it einem schrecklichen Pfeifen fuhr der Wind in die Grotte.
Das schwache Schimmern der Kristalle an den schwarzen Wänden kam nicht gegen die Dunkelheit an.
Tobias kauerte in einer kleinen Nische. Er zitterte am ganzen Leib.
Nicht vor Kälte, obwohl er völlig durchgefroren war, sondern vor Angst.
Er fürchtete die Rückkehr des Verschlingers.
Wie alle anderen hier. Ein Dutzend Gestalten, die sich im hinteren Teil der Höhle verkrochen hatten.
Apathisch saßen sie da. So kraftlos, dass sie unfähig waren zu fliehen.
Seit sie vom Torvaderon verschluckt worden waren, fehlte ihnen jegliche
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