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Alterra - Der Krieg der Kinder: Roman (German Edition)

Alterra - Der Krieg der Kinder: Roman (German Edition)

Titel: Alterra - Der Krieg der Kinder: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam , Nadine Pueschel , Maximilian Stadler
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ganz schönen Schaden an. Ich spreche aus Erfahrung«, scherzte Mia lächelnd.
    »Ich werd’s versuchen.«
    Mia wandte sich abrupt um und stolperte dabei über ihre Krücke. Matt fing sie auf, und die langen blonden Haare des Mädchens berührten seine Schultern. Sie klammerte sich mehrere Sekunden an ihn, und als sie sich wieder aufrichtete, berührten sich ihre Wangen.
    »Du wirst mir fehlen«, flüsterte sie.
    Matt lief knallrot an.
    Die halbe Stadt säumte die Straße, als die neun Reisenden aufbrachen. Die Pans winkten ihnen lange nach. In ihren Blicken mischten sich Bewunderung und Trauer.
    Als bereiteten sie sich innerlich darauf vor, sie nie wiederzusehen.
    Matt hatte das unangenehme Gefühl, ein dem Tode geweihter Held zu sein.

13. Gesichter in der Nacht
    S chlafen war das Schlimmste.
    In der eiskalten, mit Knochen übersäten Grotte konnte Tobias sich zwar in seiner Nische verkriechen, aber schlafen war geradezu unmöglich. Schlafen bedeutete, sich endgültig auszuliefern, sich mit Leib und Seele dieser Höhle preiszugeben, diesem Monster, das hier seine Nahrung holte.
    Erschöpft nickte er ab und zu ein, schreckte aber beim leisesten Geräusch auf.
    Wenn er vor sich hin dämmerte, schlug sein Herz ruhig und langsam, doch kaum wurde er wach, raste es vor Angst. Mit stechender Brust und trockenem Mund starrte er in die Dunkelheit, ohne an Flucht zu denken. Ohne überhaupt zu versuchen, seine Nische zu verlassen, die zu einem schützenden Kokon geworden war.
    Er brachte auch nicht die Kraft auf, sich für die anderen Elendsgestalten zu interessieren, die wie er an diesem schrecklichen Ort gefangen waren.
    Im schwachen Licht der Kristalle konnte Tobias nur ihre Umrisse erkennen. Sie lagen ebenfalls zusammengekauert an der Wand und rührten sich nicht.
    Er wusste nicht, wie viel Zeit inzwischen verstrichen war. Stunden? Tage? Tobias zählte nur die Mahlzeiten, die der Verschlinger einnahm. Die schaurigen Rituale, denen jedes Mal ein anderer zum Opfer fiel.
    Schon drei.
    Wie viele waren außer ihm noch hier? Höchstens zwölf. Früher oder später würde es ihn treffen. Das Etwas würde seine ekelhafte Masse durch die klebrige Tür wuchten, und nachdem die Leuchtkristalle erloschen waren, würde es in der Finsternis knochenknackend seine Opfer abtasten, bis ihm eines gefiel. Und das würde irgendwann er sein.
    Tobias streckte seine steifen Beine aus. Dabei stieß er mit der Ferse gegen etwas Rundes, Hohles, das zur Seite rollte. Ein Schauer lief durch die Reihen der Gefangenen.
    Zum ersten Mal, seit er hier war, durchdrang ein beruhigender Gedanke den Nebel der Angst in seinem Kopf.
    Sein Pilz.
    Tobias griff sofort in seine Hosentasche und holte das leuchtende Pilzstück hervor, das seinen Winkel der Grotte in einen gespenstischen Lichtschein tauchte.
    »Was ist das?«, fragte eine dünne Stimme neben ihm.
    »Steck das weg!«, befahl eine andere. »Damit lockst du es an!«
    Zu Tobias’ Füßen lag ein fast vollständiges Skelett, daneben der abgetrennte Schädel.
    Der Anblick löste widersprüchliche Gefühle in ihm aus; in das nackte Grauen mischte sich auch ein wenig Kraft, ein Hauch von Hoffnung. Und dann tat er, was er bislang für undenkbar gehalten hatte: Er löste sich aus der Nische und wagte sich in die Höhle vor. Dutzende und Aberdutzende Skelette bedeckten den Boden. Bei jedem Schritt trat er auf eine Rippe, einen Wirbel oder ein Schienbein.
    Er wusste selbst nicht, was ihn antrieb, aber er spürte dumpf, dass er sich bewegen musste. Dieser Anflug von Unternehmungsgeist mitten in der Hölle bewies, dass er noch am Leben war.
    Die Grotte führte leicht nach unten. Die Decke war nicht sonderlich hoch, höchstens drei Meter, und der Raum schien sich wie ein unendlicher Schlauch in die Tiefe zu winden.
    »Geh zurück in deine Ecke!«, flüsterte jemand. »Du wirst uns noch alle umbringen!«
    Tobias hörte nicht hin. Das Leben pulsierte wieder durch seine Adern. Er dachte nicht darüber nach, was er tun würde, wenn der Verschlinger plötzlich auftauchte, sondern konzentrierte sich nur darauf, seinen Körper und seine immer klarer werdenden Gedanken zu beherrschen und das lähmende Netz des Schreckens abzustreifen.
    Was er sah, bestätigte ihm, dass er sich irgendwo im Innern des Torvaderon befand. Nicht in dem schwarzen Tuch, das im Wind flatterte und einen unheimlichen Totenkopf barg, sondern jenseits davon, in der Welt dieser Kreatur. Er hatte eine Grenze überschritten.
    Seine eigene Welt, seine

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