Alterra - Der Krieg der Kinder: Roman (German Edition)
aufrechtzuerhalten, aber ich denke, dass ich es schaffen kann.«
»Na, wenn du dich da mal nicht überschätzt«, sagte Horace. »Chen soll mit dir auf dem Rücken zwanzig Meter in die Höhe klettern, während du Matt in die Luft hebst? Ein kleiner Ausrutscher, und wir können Matt vom Boden kratzen!«
»Ich schaffe das.«
»Das bezweifle ich ja gar nicht, aber dafür brauchst du Übung. Mit ein paar Tagen Vorbereitung …«
»Dazu bleibt uns keine Zeit«, wiegelte Matt ab. »Und wenn Ambre heute übt, ist sie am Abend müde, wenn es drauf ankommt. Vergiss die Sicherheit, ich gehe das Risiko ein. Wenn du glaubst, dass du dazu in der Lage bist, Ambre, bin ich dabei.«
Ambre sah ihn an und schluckte.
»Dann brauchen wir aber ein Ablenkungsmanöver«, sagte Floyd. »Sonst würden euch die Wachposten auf der Mauer sofort entdecken. Wir müssen sie da weglocken, bevor ihr loslegt.«
Ben verzog das Gesicht. Er wirkte nicht recht überzeugt.
»Wenn wir im Tal ein Feuer anzünden oder sie irgendwie auf uns aufmerksam machen, verdoppeln sie doch höchstens ihre Wachsamkeit!«
»Nicht, wenn dieses Ablenkungsmanöver auf der gegenüberliegenden Seite der Festung stattfindet!«
»Und wie?«
»Wenn ich mich zu der Brücke am Fluss schleiche und abtauche, bevor die Wächter mich sehen, kann ich mich zwischen den Gitterstäben hindurchzwängen und auf der anderen Seite ans Ufer klettern.«
Tania schlug die Hand vor den Mund.
»So extrem kannst du dich verbiegen?«
»Ich denke schon. Dann sorge ich dort für Chaos, und sobald alle Wächter zur anderen Seite rübergelaufen sind, klettert ihr an der Mauer hoch!«
Ambre und Matt nickten. Chen war ebenfalls einverstanden.
»Und wenn ihr drin seid, sehen wir zu, dass wir unbemerkt zum Tor kommen«, ergänzte Ben.
»Aber was ist, wenn die Mampfer, die wir vorgestern gesehen haben, jetzt alle in der Festung sind?«
»Dieses Risiko müssen wir eingehen«, erwiderte Ambre.
»Nehmt nur unsere Hunde mit«, sagte Matt zu Ben und Tania. »Eure Tiere sollen hier auf euch warten, bis ihr eure Mission erfüllt habt. In der Festung werden unsere Wege sich trennen.«
Matt streckte die Hand aus wie in den Zeiten der Gemeinschaft der Drei, und die anderen legten ihre Hände darauf.
»Für unsere Zukunft«, sagte er. »Für Eden.«
Nach Einbruch der Nacht warteten sie noch eine Weile, bis sich tiefe Dunkelheit über das Tal gesenkt hatte. Zu ihrem Glück bedeckten weiter dichte Wolken den Himmel.
Floyd umarmte seine Gefährten, bevor er allein zum Fluss aufbrach. Dank seiner Nachtsicht konnte Ben die Geschehnisse an der Festung durch das Fernglas beobachten und Matt, Ambre und Chen Bescheid geben, wenn es so weit war.
Floyd ließ sich Zeit, um ja nicht entdeckt zu werden. Ben behielt ihn über eine Stunde lang im Blick.
»Bald ist er am Gitter. Er stellt sich nicht schlecht an, der Kerl! Er bewegt sich ganz langsam an der Wasseroberfläche voran. Macht euch bereit.«
Matt drückte seine Hündin an sich, als würde er sie nie wiedersehen. Er konnte es sich selbst nicht erklären, aber ihn bedrückte eine dunkle Vorahnung.
Dann glitt er mit Chen und Ambre von Fels zu Fels und kroch durch das hohe Gras bis an den mächtigen Festungsring heran. Ohne Mondlicht konnten die Wachposten sie aus dieser Entfernung nicht sehen.
Sobald sie an der kühlen Steinmauer standen, zog Chen seine Schuhe aus, band sie mit den Schnürsenkeln an seinem Gürtel fest und fragte seine beiden Genossen leise:
»Seid ihr bereit?«
»Nein, wir warten noch auf Floyds Signal«, antwortete Matt.
Ambre sagte nichts. Sie konzentrierte sich bereits auf die Aufgabe, die sie gleich zu bewältigen hatte. Matts Leben würde in ihren Händen liegen.
»Was ist das Signal?«, fragte Chen.
»Das wissen wir, wenn wir es hören.«
Plötzlich drang von der anderen Seite der Festung ein gewaltiges Getöse herüber. Ein Horn ertönte, und über ihnen brüllten die Männer Kommandos.
»Das ist das Signal!«, flüsterte Matt.
Chen legte eine Hand auf die Mauer und nickte. Er war bereit. Ambre schraubte den Deckel des Gefäßes auf, das sie in ihrer Tasche hatte, und die Käfer krabbelten ihnen voran an der Mauer hinauf. Ambre kletterte auf Chens Rücken.
»Ich zähl auf dich«, sagte Matt zu ihr.
»Bleib entspannt und lass mich machen.«
Chen setzte seine andere Hand weiter oben auf, dann seinen bloßen Fuß. Ein saugendes Geräusch begleitete jede seiner Bewegungen.
»Unglaublich, ich klebe perfekt«, murmelte
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