Alterra - Der Krieg der Kinder: Roman (German Edition)
drücken.
Mensch, war das schön!
Ihm schien, als habe er sein ganzes Leben lang auf dieses Gefühl gewartet. Ruhe und Erregung zugleich. Die Hitze des Körpers, der Rausch der Sinne. Wasser und Feuer. Erde und Himmel.
Endlich fühlte Matt sich ganz.
Auf einmal verlangte ihn danach, den Rausch noch mehr auszukosten, mit ihr zu verschmelzen. Er wollte Ambre in sich haben, in ihr sein.
Er wollte sie küssen.
Trotz seiner Angst strich er zärtlich mit der Hand über ihren Rücken nach oben, bis er ihren Nacken und ihre weichen Haare spürte. Er fühlte, wie ihre Haut fast unmerklich zitterte.
Sie neigte ihr Gesicht, und ihre Lippen streiften sein Kinn.
Matt drehte sich ganz leicht, so dass seine Nase die von Ambre berührte.
Ihr warmer Atem mischte sich.
Ihre Lippen trafen sich.
Ein Schauer durchlief sie.
Ihre Münder entdeckten sich, feucht und seidenweich. Ihre Zungen umspielten einander, schüchtern zuerst, dann leidenschaftlich.
Der Kuss ließ die Zeit stillstehen, als reisten sie in ein fremdes, fernes Land. Weder Matt noch Ambre wussten mehr, wo sie waren und wie lange sie sich schon so in den Armen hielten.
Chens Lachen riss sie brutal in die Wirklichkeit zurück. Sie trennten sich sofort, peinlich berührt.
»Lasst euch nur nicht stören!«, lautete Chens alberner Kommentar.
Ambre rutschte zur Seite und hielt sich an Gus, ihrem Bernhardiner, fest. Matt tat, als habe er nichts gehört.
Er schloss die Augen und spürte sein Herz rasen.
Er spürte Ambres Lippen noch auf den seinen.
34. Fahrt ins Ungewisse
M it einem letzten Ächzen der Ketten endete die Fahrt der Styx.
Als Horace und Ben den ermüdenden Abstieg hinter sich gebracht hatten, lag die Dschunke bereits neben zwei großen Frachtern am Kai.
Etwa zwanzig Zyniks eilten hin und her und bereiteten den Transport des ersten Schiffs vor.
Ein Seemann kam auf Horace zu.
»Hier, Ihr Passierschein. Sie können jetzt nicht mehr losfahren, gleich wird es dunkel, dann kommen die Schattenfresser aus ihren Löchern. Hat man Ihnen nicht angeboten, oben in der Herberge zu übernachten?«
»Ich verbringe die Nacht lieber auf meinem Boot, das Schaukeln wiegt mich in den Schlaf«, antwortete Horace schlagfertig.
Sobald sie wieder an Bord waren, ging Ben neben der Plane in die Hocke.
»Seid ihr noch da drunter?«
»Ja, aber es ist verdammt heiß!«, stöhnte Neil.
Ben steckte ihnen zwei Feldflaschen mit Wasser zu.
»Ich glaube fast, dass wir es schaffen können«, sagte er ganz leise.
»Noch sind wir nicht draußen«, flüsterte Matt.
Ben ließ sich auf den Hintern fallen und lehnte sich gegen den Mast.
»Wie sollen wir wieder zurückkommen?«, fragte er. »Horace hat mir gesagt, dass ihr den Unschuldstrinker verschont habt. In Babylon hat man sicherlich schon Alarm geschlagen, in ein paar Tagen oder gar Stunden wird Henok benachrichtigt werden. Bald gibt es keinen Ort mehr, an dem die Leute nicht vor uns gewarnt sind!«
»Immer eins nach dem anderen. Ich hätte nicht gedacht, dass wir so schnell nach Wyrd’Lon-Deis kommen, und doch sind wir jetzt hier!«
»Aber wir können nicht ewig auf gut Glück weitermachen! Irgendwann wird sich das Schicksal gegen uns wenden. Wir brauchen einen konkreten Plan.«
»Alles hängt davon ab, was wir bei Malronce finden«, erinnerte Matt ihn. »Das wussten wir von Anfang an.«
Ben kaute mürrisch auf seiner Unterlippe herum.
»Das gefällt mir nicht«, sagte er. »Immerhin geht es um unser Leben.«
»Nein, um das Leben aller Pans. Du hast Malronce’ Armee gesehen, gegen diese Übermacht haben wir im Kampf keine Chance. Ich fürchte, dass unser Volk nur noch auf das hoffen kann, was der Große Plan birgt. Das Steinerne Testament wird über unsere Zukunft entscheiden.«
Die Seemänner waren die ganze Nacht damit beschäftigt, die beiden Frachtschiffe über den Tunnel nach oben zu befördern. Vorsichtshalber blieben die Pans unter der Plane, für den Fall, dass ein Zynik zu einer unangekündigten Inspektion auf das Boot kam. Horace und Ben brachten ihnen Schlafsäcke und Lebensmittel, bevor sie die Lampen löschten und sich im hinteren Teil des Schiffs schlafen legten.
Tobias und Matt schreckten auf, als sie draußen vor der Höhle Schreie hörten.
Die Schattenfresser waren auf der Jagd.
Tobias rutschte zu Matt heran.
Vor seinem inneren Auge tauchten schreckliche Bilder auf: der Tod von Stu, der blutige Kampf, in dem jeder geglaubt hatte, sein letztes Stündlein habe geschlagen.
Matt
Weitere Kostenlose Bücher