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Alterra. Im Reich der Königin

Alterra. Im Reich der Königin

Titel: Alterra. Im Reich der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam
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vor. Freue mich!«
    Er rollte den Zettel wieder zusammen, schob ihn unter das Gummiband am Fuß der Eule und stupste das Tier an.
    Es breitete seine großen Flügel aus und flog in die Dunkelheit davon.
    Matt konnte nur hoffen, dass es seinen Auftrag begriffen hatte.

37. Nächtliche Jäger
    D ie
Charon
fuhr in der Mitte des Flusses. Das Kielwasser schäumte weiß, und eine Sekunde lang kam es Tobias so vor, als sehe er unter dem Rumpf des Dreimasters etwas Längliches hervorlugen. Einen riesigen Schatten.
    Er legte das Fernglas beiseite.
    »Wir sind nur noch knapp zwei Kilometer entfernt«, sagte er schaudernd.
    »Haben die Wachen rote Fahnen geschwenkt?«, fragte der Unschuldstrinker.
    »Nein, warum?«
    »Dann haben sie uns noch nicht gesehen. Jedenfalls werden sie glauben, dass ich in geschäftlicher Angelegenheit nach Henok komme.«
    »Was für Geschäfte sind das?«, fragte Ambre.
    »Ich führe Aufträge aus, besorge meinen Kunden, was sie brauchen, befördere Waren mit meinem Luftschiff, solche Dinge eben.«
    Und ich misshandele Kinder! Ich vergreife mich an Schwächeren, um mich mächtig zu fühlen!,
dachte Ambre zornig.
Du widerliches Arschloch!
    Auf einmal ging ein Ruck durch die Gondel, und sie verloren an Höhe.
    »Was ist los?«, fragte Tobias nervös.
    »Die Meduse hat Durst.«
    »Können Sie sie nicht dazu bringen, wieder aufzusteigen?«
    Tobias sah den Absturz schon vor sich und klammerte sich vor lauter Angst so fest an die Armlehnen, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten.
    »Im Gegenteil, sie soll ruhig trinken, danach wird sie sich umso leichter steuern lassen. Und wir können die Gelegenheit gleich nutzen, um selbst Wasser zu fassen.«
    Der Unschuldstrinker sorgte dafür, dass sie sachte zum Fluss hinabsanken, bis sie etwa zehn Meter über der Oberfläche schwebten. Während um sie herum Dutzende von Tentakeln ins Wasser tauchten, begab sich der Unschuldstrinker in den Lagerraum und setzte einen Flaschenzug in Gang, um zwei große Fässer hinunterzulassen. Sobald sie vollgelaufen waren, kurbelte er sie wieder hinauf.
    Zwei Stunden später hatte sich die Meduse satt getrunken und flog mehrere Kilometer lang dicht über dem Fluss dahin, bevor sie stufenweise höher stieg.
    Die
Charon
hatte ihren Vorsprung ausgebaut und war nur noch ein brauner Fleck auf einem dunkelgrünen Band.
    »Können Sie das Schiff überholen?«, erkundigte Tobias sich neugierig.
    »Überholen? Ich dachte, ihr wolltet euren Freund so schnell wie möglich befreien. Was habt ihr vor?«
    »Wir haben noch keinen genauen Plan«, erwiderte Ambre, »deswegen würden wir gern Zeit gewinnen, um uns in Ruhe überlegen zu können, wie wir vorgehen. Es wäre besser, wenn wir Henok vor der
Charon
erreichen.«
    »Ich werde sehen, was ich tun kann; wenn wir den direkten Weg nehmen und die Hügelkette überqueren, die da vor uns liegt, müsste es möglich sein. Aber ich warne euch: Weiter als Henok fahre ich nicht! Wenn ihr euren Freund nicht in Henok befreit, ist unsere Abmachung für mich erledigt. Ich kehre auf jeden Fall nach Babylon zurück.«
    Am späten Nachmittag hatten Ambre und Tobias gerade ihr kleines Abendbrot beendet, das sie aus ihren eigenen Vorräten zusammengekratzt hatten, als der Unschuldstrinker ihnen ankündigte, dass sich ihre Ankunft in Henok noch um eine Nacht verzögern werde.
    »Wir werden nicht rechtzeitig vor Einbruch der Dämmerung dort sein, und ich kann nicht landen, wenn die Schattenfresser schon auf der Lauer liegen.«
    »Was sind eigentlich Schattenfresser?«, fragte Tobias.
    »Magst du Horrorgeschichten?«
    »Nicht unbedingt …«
    »Dann wirst du die Schattenfresser auch nicht mögen. Wenn du heute Abend immer noch neugierig bist, komm bei Sonnenuntergang zu mir auf die Dachterrasse.«
    Einige Stunden später konnte Tobias seiner Neugier nicht widerstehen, und obwohl ihm sein Bauchgefühl sagte, dass er es besser nicht tun sollte, kletterte er auf das Dach der Gondel hinaus.
    Es war beinahe windstill, und die Luft war angenehm mild. Im Westen verblassten allmählich die letzten Sonnenstrahlen über den Wipfeln eines mächtigen Waldes.
    Der Unschuldstrinker reichte ihm das Fernglas und zeigte auf den Fluss.
    »Schau auf diese kleine Bucht.«
    Tobias tat wie geheißen und erkannte die
Charon,
die ein Stück hinter ihnen vor Anker gegangen war, um die Nacht einige Kilometer vor Henok zu verbringen.
    »Hier haben wir nichts zu befürchten?«, fragte er beunruhigt.
    »Nein, wir sind hoch genug, und der

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