Alterra. Im Reich der Königin
Stimmen.
Vorsichtig ging Matt vor der Tür in die Hocke und spähte durchs Schlüsselloch. Außer den weiten Ärmeln des Beraters konnte er nichts erkennen.
»… den Jungen mit«, sagte er. »Die Königin will ihn unverzüglich haben. Er wird uns einen entscheidenden Vorteil verschaffen.«
»Warum soll ich dann hier von Bord gehen? Wäre es in diesem Fall nicht sinnvoller, wenn ich ihn weiter bewache?«
Matt erkannte die Stimme sofort: Es war Roger, der Anführer der Soldaten.
»Ich habe eine wichtige Mission für dich, mein Freund. Du wirst dies hier zur Zitadelle der Ersten Armee bringen.«
Matt verrenkte sich, um einen Blick auf den Gegenstand zu erhaschen, den der Berater in der Hand hielt.
»Was ist das?«, fragte Roger.
»Die Strategie, die unsere Generäle für die große Invasion umsetzen sollen. Malronce und ihre militärischen Berater haben alles vorbereitet. Wenn sie das Zeichen geben, müssen unsere Truppen sofort wissen, was zu tun ist. Die Erste Armee wird die gesamte Operation leiten, also händige dieses Dokument General Golding aus, er wird es an die anderen Armeen weiterleiten. Sie sollen sich bereithalten.«
Matt stockte der Atem.
Eine Invasion? Wovon redete er da?
»Wird es bald geschehen?«
»Das hängt von der Entscheidung der Königin ab, aber da wir ihr nun das Kind bringen, wird es wohl nicht mehr lange dauern. Wenn die Mobilmachung erst einmal abgeschlossen ist und die letzten Waffenlieferungen eingetroffen sind, dann wird bis zum Winter kein einziger Pan mehr frei herumlaufen, darauf kannst du wetten!«
Matts Herz klopfte zum Zerspringen. Ein Krieg! Gegen die Pans! Die Zyniks ließen ihre Armeen aufmarschieren, um sämtliche Pan-Gemeinschaften zu vernichten!
»Ich werde mich Ihres Vertrauens würdig erweisen.«
»Hüte dieses Dokument wie deinen Augapfel. Es entscheidet über Wohl und Wehe unseres Reichs.«
Eine so wichtige Information durfte Matt nicht für sich behalten. Er musste die Pans in Eden warnen. Um jeden Preis.
Ambre und Toby, ich brauche euch, schickt mir jetzt euren gefiederten Boten!
In diesem Augenblick trappelten Füße den Gang entlang.
Mein Bewacher!
Matt rannte zu der Latrine neben seiner Kajüte und schloss sich gerade noch rechtzeitig darin ein, bevor der spirituelle Berater den Kopf aus der Tür steckte.
Matt atmete tief durch, um sich zu beruhigen, und trat wieder auf den Gang hinaus.
»Du!«, brüllte der Wärter. »Ich hab dich überall gesucht!«
Der Blick des Beraters wanderte von dem Soldaten zu dem Jungen, und seine Augen begannen bösartig zu funkeln.
»Was machst du hier?«, fauchte er.
Matt sah ihn mit Unschuldsmiene an und tat, als verstünde er gar nicht, was die ganze Aufregung sollte.
»Ich? Aber … nichts«, sagte er und wies auf die Latrinentür.
Als er an der Kabine des Beraters vorbeimarschierte, warf er aus den Augenwinkeln einen Blick hinein. Roger stand in einer Ecke und hielt eine kleine Schatulle aus Holz, nicht größer als ein Räucherstäbchenhalter. Schelmisch fügte Matt hinzu:
»Tut mir leid, ich habe eine kleine Blase.«
Drei Viertel der Besatzung gingen an dem weißen Kai von Bord, während Fässer und Kisten aus dem Frachtraum ausgeladen wurden. Als Matt sah, dass Plusch nicht darunter war, rief er zu dem Berater hinüber:
»Und meine Hündin?«
»Unsere Reise ist noch nicht zu Ende. Sie bleibt an Bord, aber keine Sorge, morgen siehst du sie wieder. Los jetzt!«
Eine Eskorte von mindestens zwanzig Soldaten nahm ihn in die Mitte und marschierte unter Rogers Führung zu einer Herberge. Die Soldaten begannen freudig zu strahlen, sobald sie die Gaststube betraten. Matt wurde in den zweiten Stock gebracht und in ein kleines Zimmer eingesperrt, wo er bis zum Abend blieb.
Beim Abendessen saß er mit dem spirituellen Berater an einem kleinen runden Tisch in einer Ecke der Gaststube. Zu Hammelragout mit Kartoffeln und Möhren wurde ihnen ein Krug Wein serviert. Matt rührte lieber keinen Tropfen an und schlürfte stattdessen seine Brühe aus.
Die Soldaten hatten fast die gesamte Stube in Beschlag genommen und sprachen in fröhlicher Runde ihren Weinkelchen zu. Die meisten von ihnen hatten schon glasige Blicke und schwere Zungen, als der spirituelle Berater Matt einen Stoß gab.
»Es wird Zeit, dass du schlafen gehst. Wir brechen morgen sehr früh auf.«
Matt wurde von zwei Wachen und einem missmutig dreinblickenden Roger auf sein Zimmer geführt.
Auf der Treppe fragte Matt ihn:
»Ich verderbe Ihnen
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