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Alterra. Im Reich der Königin

Alterra. Im Reich der Königin

Titel: Alterra. Im Reich der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam
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sie zwei weitere Ringe entfernt hatten, war ihm schon etwas leichter zumute.
    Der fünfte Pan wurde urplötzlich von Krämpfen geschüttelt, sein ganzer Körper spannte sich, und seine Muskeln wurden hart wie Stein.
    »Er verschluckt seine Zunge!«, rief Colin voller Panik.
    Da der Junge der Kante des Felsvorsprungs gefährlich nahe kam, versuchten sie zunächst, ihn am Boden festzuhalten, und schoben ihm ein Stück Holz zwischen die Kiefer. Als sie weißen Schaum aus seinen Mundwinkeln treten sahen, ahnten sie, dass er nicht mehr zu retten war.
    Die wilden Zuckungen dauerten noch ein paar Sekunden an, dann blieb er stocksteif liegen.
    Colin horchte ihn lange ab, bevor er sich kopfschüttelnd aufrichtete.
    »Er ist tot«, sagte er.
    »Oh nein«, flüsterte Tobias.
    Sie starrten ihn eine Weile an, als könnten sie ihn damit wieder zum Leben erwecken. Schließlich fragte Tobias mit vor Reue bebender Stimme:
    »Wie hieß er?«
    »Keine Ahnung. Ich kannte ihn nicht«, meinte Jon. »Sobald sie uns den Ring stechen, haben wir keine Namen mehr. Wozu auch, wenn man keine Persönlichkeit mehr hat?«
    »Wir sind schuld an seinem Tod.«
    »Nein«, entgegnete Jon, »die Zyniks sind schuld an seinem Tod! Hört jetzt nicht auf, ihr müsst den anderen ihre Würde zurückgeben.«
    Tobias legte die Hand auf die Augenlider des Toten.
    »Es tut mir leid«, sagte er leise.

40. Ein wertvolles Dokument
    E s dauerte eine Weile, bis sich die Augen an die veränderte Umgebung gewöhnten.
    Der Berater hatte Matt erlaubt, von Deck aus zuzusehen, wie sie in Henok einfuhren. Sie hatten den Hauptarm des Flusses im letzten Moment verlassen und einen Nebenarm eingeschlagen, der zwischen tiefhängenden Ästen auf einen steilen Berg zuführte.
    Am Fuß der Felswand verschwand der Fluss in einer riesigen Höhle. Die
Charon
schwenkte, um der natürlichen Biegung zu folgen, während die Matrosen die Laternen an Deck entzündeten. Als das Schiff durch die Öffnung im Fels glitt, hatte Matt den Eindruck, in einer gigantischen Schatzkammer gelandet zu sein, deren goldene Wände das Licht der Laternen tausendfach zurückwarfen.
    Er blinzelte ein paarmal, und aus den funkelnden Edelsteinen wurden Fackeln und Feuerstellen, die Schatztruhen nahmen klare Konturen an, und auf einmal hatte er eine in den Berg gebaute Stadt vor sich.
    Auf seinem Ausflug wider Willen hatte Matt die einflussreichsten Männer an Bord näher kennengelernt. Neben dem spirituellen Berater waren das der Kapitän und der Erste Offizier, ein Mann namens Roger, der gleichzeitig Hauptmann der Sicherheitskräfte war und meistens höchstpersönlich darüber wachte, dass der Gefangene nicht auf dumme Gedanken kam. An den Blicken, die er Matt gelegentlich zuwarf, wurde deutlich, dass er den Pans zutiefst misstraute.
    Seltsamerweise waren bei dem Manöver weder der spirituelle Berater noch Roger zugegen. Es sah ganz danach aus, als würden sie demnächst anlegen, und so wunderte es Matt, dass er die beiden nirgends entdecken konnte.
    Und wenn sie beschlossen hatten, sich jetzt, so kurz vor dem Ziel, die Hündin vom Hals zu schaffen?
    Nein, das würden sie nicht wagen … Plusch ist ihr Faustpfand dafür, dass ich brav tue, was man mir sagt, und alle Fragen beantworte. Sie werden sich hüten, sie zu töten!
    Der spirituelle Berater war zwar grausam, aber nicht dumm.
    Matt musterte den Soldaten, der zu seiner Bewachung abgestellt war. Der Mann war völlig in den Anblick der Stadt vertieft.
    So leise wie möglich schob sich Matt zu der Luke, die zu den Kajüten unter dem Achterdeck führte, und ließ sich hinuntergleiten.
    Wenn er überleben wollte, so musste er seinem Feind immer einen Schritt voraus sein und dessen Pläne durchschauen. Je mehr er über den spirituellen Berater wusste, desto eher würde er an seinen Lügen festhalten und dadurch Zeit gewinnen können.
    Auf seine Nachricht an Tobias und Ambre war keine Antwort gekommen. Sie hatten die Verfolgung doch nicht etwa aufgeben müssen? Was sollte er tun, wenn sie nicht auftauchten? Und wie würden sie überhaupt in die Höhle gelangen? Allmählich kam ihm eine Befreiungsaktion immer unwahrscheinlicher vor.
    Nein, er musste es aus eigenen Stücken schaffen.
    Bei der erstbesten Gelegenheit würde er Plusch aus ihrem Käfig holen und so weit wie möglich von dem unseligen Schiff fliehen.
    Matt lauschte an der Tür zum Aufenthaltsraum, und als er nichts hörte, tappte er auf Zehenspitzen zu den Kajüten. Aus der Kabine des Beraters drangen

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