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Alterra. Im Reich der Königin

Alterra. Im Reich der Königin

Titel: Alterra. Im Reich der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam
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schlängelten sich durch das Laub, wie ein Fischschwarm; das Geräusch wurde so bedrohlich, dass die Freunde sich schützend die Hände über den Kopf hielten, während Blätter auf sie herabregneten.
    Genauso schnell, wie er aufgetaucht war, verschwand der Schwarm in Richtung Südosten und hinterließ eine Spur der Verwüstung.
    Tobias holte den Pilz hervor und beleuchtete die zerbrochenen Äste am Boden. Doch über ihnen hatte sich die Pflanzendecke schon wieder lückenlos geschlossen.
     
    Am Abend schlugen sie Terrells Warnung in den Wind und machten ein Feuer. Sie hatten genug von kaltem Dosenfutter. Sobald ihre Mahlzeit halbwegs warm war, löschten sie die Flammen, um keine Raubtiere anzulocken.
    Matt graute vor dem Einschlafen.
    Er war zwar hundemüde, aber er fürchtete den Torvaderon.
    Dennoch fielen ihm nach wenigen Minuten vor Erschöpfung die Augen zu.
    Während sie schliefen, lebte der Blinde Wald in ewiger Nacht fort. Kleine Wesen krochen die Äste entlang und sogen die fremden Gerüche ein, seltsame Laute ertönten, die noch kein menschliches Ohr je vernommen hatte.
    Rote Lichter blitzten in den Baumkronen auf, färbten sich orange, dann gelb.
    Nach fünf Stunden wachte Matt plötzlich keuchend auf.
    Er rüttelte Tobias an der Schulter, was auch Ambre aus dem Schlaf riss.
    »Er ist ganz in der Nähe! Schnell!«, rief Matt. »Steht auf, wir müssen weg!«
    »Beruhige dich«, flüsterte Ambre. »Woher willst du das wissen? Hast du nicht einfach nur schlecht geträumt?«
    »Nein, ich bin ganz sicher, ich habe ihn gespürt, er ist da, ganz nah. Los, wir haben keine Sekunde zu verlieren!«
    Sie packten hastig ihre Sachen zusammen, und Matt blickte auf den Kompass, um sie in Richtung Süden zu führen.
    Nachdem sie eine Weile marschiert waren, wurde der Boden weicher. Sie durchquerten ein bedrohlich gluckerndes Sumpfgebiet und mussten sich einen langen Hang hochkämpfen, ehe sie wieder festen Grund unter den Füßen spürten.
    Manchmal bildete die Rinde der riesigen Bäume Treppen oder Rampen, die Matt gerne ein Stück hinaufgeklettert wäre; man schien so bis in die Baumwipfel gelangen zu können, aber wozu? War es möglich, sich von Ast zu Ast fortzubewegen? Und war das sicherer?
    Matt nahm das Risiko lieber nicht in Kauf.
    Er trieb seine Freunde zu höchster Eile an und ließ nur wenige Pausen zu. Wenn ihnen der Torvaderon so nahe war, wie er glaubte und befürchtete, mussten sie so schnell wie möglich vorwärtskommen.
    Dabei hätten sie es bitter nötig gehabt, sich auszuruhen, zu essen und zu schlafen.
    Matt versuchte, nicht daran zu denken. Sie konnten im Gehen essen, und was den Schlaf anbelangte … das würden sie schon sehen.
    Nach einigen Stunden schleppten sie sich nur noch mit Mühe voran. Sogar Plusch hing die Zunge aus dem Maul.
    »Wir können nicht mehr, Matt«, protestierte Ambre.
    »Gleich halten wir an, gleich …«
    »Das sagst du schon die ganze Zeit. Wir sind fix und fertig, wir brauchen eine Pause.«
    Ambre bearbeitete Matt so lange, bis er einwilligte und sie sich auf einige große Pilze setzten, um etwas Zwieback und Schokolade zu knabbern.
    »Was gäbe ich jetzt für ein Glas Milch«, seufzte Tobias. »Das fehlt mir sehr: gute, frische Milch.«
    »Aber wir haben den Honig!«, rief Ambre und holte eine Feldflasche heraus.
    Der süße Sirup hob ihre Laune.
    Kurz darauf marschierten sie weiter. Matt warf immer wieder einen Blick über die Schulter, als könnte er durch die Mauer aus Finsternis sehen, die sie unablässig umgab.
    Plötzlich standen sie vor einer Wand aus Gras. In der Hoffnung, nach wenigen Schritten wieder aus dem Dickicht herauszukommen, schlugen sie sich zwischen den Halmen hindurch, merkten aber bald, dass sie sich in einem schier endlosen Feld befanden. Die Gräser hatten messerscharfe Kanten und waren so lang wie ausgewachsene Maisstauden. Um sich nicht die Arme und Hände aufzuschneiden, mussten sie langsamer gehen.
    Als sie zwei Stunden später endlich ins Freie traten, stießen sie auf mehrere frische grünliche Kothaufen von der Größe eines Rugbyballs.
    »Keine Ahnung, was für ein Vieh die hinterlassen hat«, kommentierte Tobias, »aber ich habe nicht die geringste Lust, ihm zu begegnen.«
    Sie wanderten doppelt vorsichtig weiter, hüteten sich davor, auf trockene Zweige zu treten, und sprachen kein Wort.
    Matt schätzte, dass es inzwischen später Nachmittag sein musste. Er war am Ende seiner Kräfte. Nicht einmal die Angst vor dem Torvaderon trieb ihn

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