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Alterra. Im Reich der Königin

Alterra. Im Reich der Königin

Titel: Alterra. Im Reich der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam
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wichtig!«
    Ambre kicherte.
    »Mach dir keine Sorgen. Meiner Meinung nach riskierst du nichts.«
    Matt putzte sich kurz die Zähne. Da er nicht wusste, wann sie wieder auf sauberes Wasser stoßen würden, nahm er nur einen kleinen Schluck aus seiner Flasche, um sich den Mund auszuspülen. Dann packte er seine Sachen zusammen und band den Rucksack zu.
    Sobald Plusch mit ihren Taschen beladen war, brachen sie zur nächsten Etappe ihrer Reise auf.
    Heute würden sie in das Herz des Blinden Waldes vordringen.
     
    Die Gemeinschaft der Drei kletterte einen Hügel hinauf, der mit dreißig Meter dicken Zedern bewachsen war, wahren Ungetümen, die höher als die New Yorker Wolkenkratzer in den Himmel ragten und einen leicht bitteren, nicht unangenehmen Duft verströmten.
    Der Nebel löste sich nach und nach auf.
    Doch auf eine Schwierigkeit folgte die nächste: Vom späten Vormittag an drang die Sonne kaum noch durch die Pflanzendecke über ihren Köpfen, und es wurde so dämmrig im Wald, dass sie darauf achten mussten, nicht in den Brombeerstauden hängenzubleiben oder in irgendein Loch zu treten.
    Als sie die Hügelkuppe erreichten, blieb Plusch plötzlich stehen und bellte überrascht auf.
    Bisher war ihnen die Pflanzenwelt riesenhaft erschienen, aber jetzt stockte ihnen geradezu der Atem.
    Sie standen vor einer gigantischen Mauer.
    Die Baumwurzeln verwoben sich zu einem unermesslichen Netz aus leblosen, über hundert Meter langen Würmern. Darüber setzten die Mammutstämme an, deren Geäst sich in unfassbarer Höhe über den Himmel erstreckte.
    Im Vergleich dazu wirkte die Gemeinschaft der Drei wie ameisenkleine Zwerge.
    »Es ist, als stünden wir am Fuß eines Gebirges«, flüsterte Ambre ehrfürchtig.
    »Dieser Wald ist so … ungeheuer groß! Als wäre er schon seit Urzeiten da!«, fügte Tobias hinzu.
    Auch Plusch starrte die Mauer fasziniert und zugleich beklommen an.
    Als Matt wortlos darauf zuging, protestierte sie mit einem missbilligenden Knurren.
    Er führte die kleine Schar zu einer Stelle, an der sich eine Öffnung im Wurzelgeflecht auftat. Sie mussten über mehrere haushohe Wurzeln hinwegklettern, um sich stufenweise in den Blinden Wald hochzuarbeiten.
    Nach nicht einmal einem Kilometer war das Tageslicht endgültig verschwunden. Die Landschaft vor ihnen lag in pechschwarzer Dunkelheit.
    Tobias holte sein Pilzstück hervor und steckte es an die Spitze seines Wanderstocks.
    »Du solltest deinen Bogen tragen«, ermahnte Matt ihn.
    »Er tut mir weh. Die Sehne reibt bei jedem Schritt an meiner Schulter.«
    »Wir basteln dir heute Abend ein Lederteil für die Schulter, wenn du willst. Der Wald ist mir nicht ganz geheuer, ich denke, es ist klüger, wenn du bewaffnet bist.«
    Tobias sah ein, dass er recht hatte, und nahm widerwillig Bogen und Köcher von Pluschs Rücken. Matt wandte sich zu Ambre um und fragte:
    »Hast du eigentlich eine Waffe?«
    »Ich habe das Messer, das ich bei unserer Abreise von der Insel mitgenommen habe.«
    »Sonst nichts?«
    »Das reicht schon. Außerdem könnte ich mit einer Waffe sowieso nicht umgehen. Tobias und ich sind ein Tandem, vergiss das nicht.«
    »Ja, ich weiß, aber … Mir wäre es lieber, wenn wir alle vorbereitet sind. Nur für den Fall.«
    »Nur keine Angst«, antwortete sie und legte ihm aufmunternd die Hand auf den Arm, bevor sie weitermarschierten.
    Tobias zögerte eine Weile, ehe er zu ihr ging und ihr ins Ohr flüsterte:
    »Was ist denn ein Tandem?«
    »Ein Team aus zwei Partnern.«
    »Aha.«
    Tobias wirkte ein wenig enttäuscht, als habe er sich etwas Aufregenderes vorgestellt.
    Sie schlugen sich durch ein Labyrinth aus Moos und Rinde und liefen unter riesigen Baumstümpfen hindurch, deren Wurzeln gewaltige Torbogen über sie spannten; sie stiegen über Mauern aus Holz, sprangen über die unendlich tiefen Furchen eines umgestürzten Baumstamms und mussten sogar durch einen feuchten Graben waten, um unter einer mächtigen Wurzel hindurchzukriechen, deren Besteigung lebensgefährlich gewesen wäre.
    Nach drei Stunden dieser höllischen Wanderung machten sie erschöpft eine Pause, um ihren Durst zu stillen. Zu ihrer Verblüffung stellten sie fest, dass hier auch Pflanzen wuchsen, die nicht höher waren als sie selbst: Farnkraut, Büsche und Sträucher. Und darüber erhoben sich die Baumkolosse wie die Säulen eines Götterpalastes.
    Von überall her drangen seltsame Geräusche zu ihnen, fernes Geheule, spitze Schreie aus der Höhe, das Keckern von Affen oder dumpfe

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