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Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Titel: Altes Herz geht auf die Reise - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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ist Dienst und keine Hühnerbrühe, und eine Mecklenburgische Gesindeordnung steht nicht bloß auf dem Papier. Sie reden ja jetzt viel im Landtag, daß sie abgeschafft werden soll, weil sie menschenunwürdig ist, aber bis sie abgeschafft ist, muß ein entlaufener Dienstbote seinerHerrschaft wieder zugeführt werden. Auf der Herrschaft Kosten, versteht sich. Und da wird es wohl verdammt nach Prügeln riechen, denn den Schliekers tut jeder Pfennig weh, den sie hergeben müssen.«
    »Aber man kann den Jungen diesen rohen Leuten doch nicht einfach ausliefern!« rief der Professor und dachte nicht nur an den Jungen, sondern auch an ein Mädchen.
    »Doch kann man«, sprach der Gendarm. »Man muß sogar! Man muß viele Dinge, von denen so ein feiner Herr wie Sie gar nichts weiß! Dienst ist Dienst, damit muß man sich eben abfinden. Aber«, sagte er, »das blaue Auge von dem Philipp Münzer da, das dürfen Sie mir nicht anrechnen, das ist mir schon in Fürstenberg übergeben und kommt vielleicht von Gransee und noch weiter her.«
    »Aber man kann doch nicht –!« rief der Professor noch einmal. »Man kann es doch nicht so weiter laufen lassen, wenn man weiß, wie bös es ist. Sie müssen mir doch helfen können, Herr Gendarm.«
    »Ja, helfen …«, sagte der Gendarm und hielt den Löffel auf dem Weg zum Mund an. Denn nun aßen sie alle schon, sachte war es Mittag geworden, und Frau Stillfritz aß mit. Bloß ihr Mann stand noch hinter der Theke und trank weiter sein Bier.
    Eine Weile war es still, und nur der blöde Junge klapperte munter mit seinem Eßgeschirr weiter. Als aber die Stille anfing drückend zu werden, ließ sich Frau Stillfritz vernehmen. Und was sie zu sagen hatte, das sagte sie sehr energisch, ja, sie schalt beinahe: »Da sitzt ihr, als wenn es Hühner schneite, und keiner weiß was. Denn so klug ihr reden könnt, ihr Männer, wenn es nur ums Reden geht, so dumm seid ihr, wenn nun wirklich mal was geschehen soll. Und mein Stillfritz, der auch immer die höchsten Töne singt, weiß auch nichts Besseres, als sich ein Glas nach dem andern einzuschenken. Solltest lieber was essen, Stillfritz, abernatürlich hast du wieder mal keinen Appetit, weil du dir ständig den Magen mit all dem Bier verdirbst …«
    »Ach Auguste«, sagte Stillfritz jämmerlich und schüttelte sein Bierglas.
    »Jawohl, ach Auguste, ach Auguste, das ist alles, was du mit deinem klugen Männerverstand weißt. Aber, Herr Professor, Sie mögen ein sehr gelehrter Herr sein – davon, daß man aufsteht und ruft ›Man kann doch nicht!‹, wird die Welt nicht anders. Und nun noch dem Peter Gneis die Last zuzuschieben, das ist nicht hübsch von Ihnen! Der Peter Gneis ist Gendarm und für den Bengel verantwortlich. Ihnen zu Gefallen, Herr Professor, kann er den Jungen doch nun wirklich nicht laufen lassen.«
    »Aber das verlange ich ja gar nicht«, sagte der Professor sehr kläglich. »Ich meine nur, man müßte …«
    »Aha!« unterbrach ihn Frau Stillfritz triumphierend. »Da hören wir es ja wieder: man! Man ist gar nichts, Herr Professor, entschuldigen Sie bloß, sondern Sie – Sie – Sie sind der Mann an der Spitze!
Sie
finden es bös, und also müssen
Sie
auch hingehen zum Päule Schlieker und es mit ihm zurechtbringen. Andere schicken, aber selbst hinter dem warmen Ofen hocken – ja, das glaube ich wohl!«
    Und sie sah die Männer, einen nach dem anderen, funkelnd an, und dem Professor war unter ihrem Blick so schuldbewußt, viel schuldbewußter noch, als sie sich träumen ließ.
    »Ich will ja auch gerne gehen!!« bat er.
    »Na also«, antwortete sie, rasch versöhnt. »Man muß euch Männer nur immer wieder darauf stoßen, aber kräftig, daß ihr es auch begreift! Und meinen Stillfritz bringe ich auch noch mal in die Trinkerheilanstalt, wenn er gar nicht kapieren will, was ihm und unserm Hotel gut ist …«
    »Ach Auguste …«
    »Jawohl: ach Auguste … Grade, ach Auguste! Aberwenn Sie mitgehen, Herr Professor, bleibt es nicht beim Bösesein, sondern kann gut werden. Es wird Sie was kosten, daß der Schlieker den Jungen aus dem Dienst läßt, aber der Peter Gneis soll Ihnen helfen, dafür hat er die Amtsgewalt, und auch darauf sehen, daß es nicht zu teuer wird …«
    »Tu ich, mach ich«, sagte der Gendarm. »Recht haben Sie, Frau Stillfritz!«
    »Natürlich habe ich recht«, sagte Frau Stillfritz. »Wenn ich eine Suppe abschmecke, so schmeckt sie auch! Aber wenn der Junge losgekauft ist aus dem Dienst, Herr Professor, ist noch lange

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