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Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Titel: Altes Herz geht auf die Reise - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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wir ernten mehr als jeder andere im Dorf.«
    »Wir wollen ein anderes Dorf, Otsche«, sprach Rosemarie. »Wie ist es denn jetzt? Jeder ist jedes Feind. Ihr Gaus seid mit allen verstritten, Hübners reden nicht mit Strohmeiers, Schulze Gottschalk ist aller Prügeljunge, die Frauen von Witt und Schluck haben sich gezankt, und seitdem schabernacken die Männer einander, wo es nur geht …«
    »So ist es doch überall«, sagte der Gaujunge.
    »Aber bei uns soll es nicht mehr so sein«, rief Rosemarie. »Wir sind uns einig geworden, wir wollen das nicht mehr. Jeder soll jedem Freund sein, jedem helfen … Da sind Robert Hübner und Albert Strohmeier, du weißt, wie ihre Väter stehen – na, vertragt ihr euch beide nicht hier?«
    »Doch, doch!« riefen sie.
    »Das geht, solange es geht«, widersprach beharrlich Otsche. »Aber laß Robert nur mal ein bißchen nah an die Grenze pflügen – gleich ist der Krach da!«
    »Er wird eben nicht zu nah pflügen!« rief Rosemarie. »Nicht wahr, Robert?«
    »Nein, werd ich nicht! …«, bestätigte Robert Hübner.
    Der junge Gau stand nicht mehr so unerschütterlich, und als er nun sprach, klang es nicht mehr so dröhnig: »Na ja, das klingt alles ganz schön, aber …«
    »Halt, Otsche!« rief der kleine Witt. »Hör mal zu! Was kostet ’ne Leiter? Sieben Meter lang?«
    »Was die kostet?« Otsche war etwas verblüfft. »Die Sprosse fünfzig Pfennig, zwanzig Sprossen und vier Scheiden zwölf Mark. Aber was soll das?«
    »Schmeißt du zwölf Mark weg –?«
    »Quatsch!«
    »Kiek mal hinter deines Vaters Scheune, da hängt so ’ne Leiter. Ich kann sie immer von unserm Garten aus sehen,und hübsch ist sie auseinandergefault, deine Zwölfmarkleiter! Futsch ist die!«
    Otsche Gau kratzte sich den Kopf. »Die hat Vater wohl ganz vergessen. Es ist«, sagte er entschuldigend, »weil wir fast nie hinter die Scheune kommen.«
    »Siehst du! Und wenn wir nun nicht verkracht wären, hätte ich dir längst gesagt: sieh mal nach deiner Leiter … Aber so – sind zwölf Mark hops.«
    »Na schön«, gab Otsche Gau zögernd zu, »ich will ja nichts gegen eure Ideen sagen, aber …«
    »Und es ist nicht nur euer Schaden, sondern auch unser Schaden. Denn weil ihr nie hinter die Scheune kommt, wächst da lauter Unkraut. Und im Herbst wehen alle Schweinsdisteln in unsern Garten, und wir können hacken und hacken …«
    »Siehst du, Otsche«, sagte Rosemarie. »So denken wir uns das. Und wenn du nun mitmachen willst, gibst du jetzt jedem von uns die Hand und sprichst unsern Spruch: Ich für dich und du für mich, Unsadel blühe ewiglich!«
    »Na schön«, gab Otsche klein bei. »Ich will es denn ja auch tun, Marie – nein, Rosemarie. Aber ist das in Ordnung, daß die Wittens uns den Pflaumenbaum abgesägt haben –?«
    »Bist du jetzt ruhig mit deinem dußligen Pflaumenbaum«, schrie Hütefritz wütend. »Seit zwei Jahren quatscht ihr Gaus ewig von dem Pflaumenbaum, und nun fängst du hier auch noch davon an, wo es ums ganze Dorf geht …«
    »Aber es war …«, fing der echte Sohn des Bauern Gau an.
    »Gibst du die Hand: Ich für dich, du für mich, Unsadel blühe ewiglich?!« schrie der Hütefritz wütend. »Du bist genauso ein Dickkopf wie dein Alter! Ernst Witt, willst du dem ’nen Pflaumenbaum schenken, wenn du den Hof übernimmst?«
    »Meinswegen«, sagte Ernst Witt, zwölfjährig. »Was das schon ist! Drei Mark kostet ein Pflaumenbaum in der Baumschule. Wenn dafür der ewige Stank weg ist …«
    »Also, du hast’s gehört, Otsche, du kriegst deinen Pflaumenbaum. Und nun dein Versprechen …«
    Es klang hell im Kreise: »Ich für dich und du für mich, Unsadel blühe ewiglich!«
    »Schön, Otsche«, sagte Rosemarie und freute sich doch. »Aber jetzt muß ich erst wissen, ob die Kinder gefunden sind?«
    »Seht ihr«, sagte Hütefritz strahlend, »ich habe es euch doch gleich gesagt, das war die Rosemarie!«
    »Natürlich war ich das. Und wer hat sie gefunden?«
    »Ich!« schrie der Hütefritz. »Oh, Rosemarie, ich kam grade mit Tamms Kühen auf den Hof, und von der andern Seite kamen Tamms gelaufen – sie hatten sich doch bei Schliekers versäumt, weil sie durchaus wissen wollten, ob der Gendarm den Päule nun mitnahm oder nicht …«
    »Und hat er ihn mitgenommen?« fragte Rosemarie gespannt.
    »Warte doch! – Also die liefen, daß sie zum Melken zurechtkamen, und ich lief auch, weil ich mich mit meinen Kühen versäumt hatte. Und die dämliche Bleß stellt sich wieder so verrückt an und

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