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Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Titel: Altes Herz geht auf die Reise - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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nicht, daß eines Abends größere, grausige Flammen ihr ein ander Lied singen würden, ein Lied von Zerstörung und dem ewig Verlorenen, ein Lied von der Unwiederbringlichkeit des Gestern, ach, des eben noch gehegten Hoffens …

8. KAPITEL
    Worin nächtlich beraten und der Belagerungszustand über Schliekers verhängt wird
    Rosemarie fuhr hoch aus Plänen, Bedenken, Hoffnungen: ein kalter Luftzug kam von der Tür, etwas Weiches drängte sich winselnd an sie, schmiegte den Kopf in ihren Schoß.
    »Mein Bello, Bello!« flüsterte sie entzückt. »Bist du nun auch hier! Guter Hund! Ja, ich weiß, du hast dich gesehnt! Sei leise, Lieber, er soll nicht aufwachen. Ganz leise!«
    Der Hund sah unter dem zottigen Stirnhaar mit seinen bernsteinbraunen Augen liebevoll zu ihr auf, er drückte den Kopf fester an sie, selig die Wiedervereinigung genießend …
    In der Tür stand Philipp und flüsterte: »Se sund dor. Schalln se rinkamen, o’er kümmst du buten?«
    Sie zog die Decke auf des Schläfers Knien zurecht und sagte: »Ich komme nach draußen …«
    Den Hund am Halsband, ging sie leise aus dem Waldhaus. »Philipp, bleib du hier. Sobald er aufwacht, rufst du mich.«
    Ein wenig Mond, ein letztes Viertel, erhellte die Baumblöße mit blassem Schein so weit, daß Rosemarie die Gruppe der Wartenden erkennen konnte. Sie ging ihnen entgegen, fragte: »Sind alle da?«
    Es war Hütefritz, der vortrat: »Ja, Rosemarie, alle bis auf Heini Beier. Er wollte, aber im Krug ist noch Licht, da hat er sicher nicht fortgekonnt.«
    »Aber sieben seid ihr
doch
?« fragte Rosemarie.
    »Ein Neuer«, murmelte Hütefritz verlegen. »Ich wollte ihn nicht mitnehmen, aber die andern sagten, wer mitmachen will, darf nicht zurückgewiesen werden.«
    »Nein«, sagte Rosemarie rasch. »Darf er auch nicht. Es soll
ein
Zusammenhalt werden von allen Jungen im Dorf.«
    »Aber es ist Otsche Gau«, beharrte der Hütefritz.
    »Otsche Gau!« rief Rosemarie und war still.
    Auch die andern waren still. Ja, sie traten zurück, so daß der neue Junge Rosemarie allein gegenüberstand. Sehr still war es, nur der Nachtwind lief einmal rasch über die Kronen der Bäume und verlor sich.
    Der kleine, gedrungene, schwarzhaarige Otsche Gau, der manches Jahr Rosemaries schlimmster Feind gewesen, der das Pflegekind seiner Eltern wie ein rechtes Aschenputtel gekniffen und geschlagen, verpetzt und geschunden hatte, sagte endlich mürrisch: »Ich habe gehört, es geht gegen die Schliekers. Ich kann die Schliekers nicht riechen. Wenn du mich also nehmen willst, Marie …«
    »Ich heiße Rosemarie«, antwortete sie heftig. »Wenn mir die Großen meinen Namen nicht geben wollen, dasist mir egal. Wir sind keine Großen, und bei uns heiße ich Rosemarie, Otsche!«
    »Na schön«, sagte der Junge trödelig. »Ich heiße auch eigentlich Georg, aber mir ist Otsche lieber. Aber gut, wenn ich gegen Schliekers mitmachen kann, sage ich auch Rosemarie.«
    »Er ist ein Taps, Rosemarie«, gab Hütefritz zu bedenken. »Aber nützlich kann er sein …«
    »Ja, schon«, sagte Rosemarie, noch immer erbittert. »Und ich will auch gerne alles vergessen, Otsche, was gewesen ist, trotzdem du oft hundsgemein zu mir warst …«
    »Na, na«, sagte der dreizehnjährige Otsche beruhigend. »Immer halblang, Rosemarie, immer sachte! Denn wie oft du mich auf die Zehen getreten hast, wenn’s keiner sah, daran denkst du natürlich nicht mehr.«
    »Also gut, wir wollen alles vergessen«, sagte Rosemarie nach einigem Nachdenken sanfter. »Aber wenn du meinst, wir haben uns bloß zusammengetan wegen der Schliekers, Otsche, dann irrst du dich gewaltig. Die Schliekers müssen raus aus dem Dorf, das ist die eine Sache, aber das ganze Dorf muß anders werden, das ist die Hauptsache!«
    Die Kinder im Kreis murmelten Beifall.
    »Und was fehlt denn dem Dorf?« fragte Otsche Gau dröhnig. »Ich find, es ist ein ganz gutes Dorf, das Unsadel.«
    »Gut?!« rief Rosemarie. »Was fehlt?!« rief Rosemarie. »Frag lieber, was da ist, Otsche!«
    »Na, was fehlt denn?« fragte der Junge hartnäckig.
    »Höre«, sagte Rosemarie eindringlich. »Du willst zu uns, Otsche, und das ist vielleicht gut, denn dein Vater hat den größten Hof. Die Schliekers gehören nach Biestow, wenn die Schliekers weg sind, ist Unsadel, was es vorher war, und das ist gar nichts. Wir wollen ein anderes Dorf Unsadel, unser Adel heißt das, und so soll das Dorf auch werden!«
    »Ich versteh nichts«, beharrte Otsche Gau. »Unser Hof ist uns gut genug,

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