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Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Titel: Altes Herz geht auf die Reise - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Geld ihr zu geben hatte ihm nichts bedeutet, höchstens eine Erlösung – ihr bedeutetees so viel! Sie rieb die Scheine sachte mit den Fingern, sie knisterten leise: Nun gut!
    Dann legte sie fünf Mark auf den Tisch und versteckte ihren Schatz im Bett. Philipp wurde gerufen und bekam seinen Besorgungsauftrag, nebst Geld, Zettel und Petroleumkanne. Weder nach Unsadel noch nach Kriwitz durfte er gehen, sondern quer durch den Wald nach dem preußischen Dorf Lüttenhagen. Und auch dort mußte er aufpassen, denn ein entlaufener Dienstknecht war er heute wie gestern, bei den Preußen wie bei den Mecklenburgern.
    Nun stand Rosemarie am Seeufer, sah auf den Waldrand drüben, wo der Pfad nach Unsadel lief, und spähte. Niemand kam, und es war schlimm, hier untätig zu sitzen, da es um ihren Hof und um ihr Schicksal ging. Später machte sie Mittagessen – es gab wieder Eier, diesmal mit Schinken, dazu Brot und Malzkaffee –, und dann legte sich der Professor, wie er es gewohnt war, ein Stündchen hin.
    Aber er konnte noch nicht lange geschlafen haben, da rief es ihn sanft an, und als er die Augen aufschlug, war es Rosemarie: »Pate, ich muß schnell mal weg. Aber sorge dich nicht, der Philipp wird in gut einer Stunde zurück sein, und ich bin auch vor Nacht wieder hier.«
    Er spürte ihre Erregung und setzte mit Fragen an, so gut das eben direkt aus dem Schlafe ging, aber sie sagte nur hastig: »Nein, Pate, ich muß wirklich sofort weg! Ich erzähle dir alles nachher.« Und damit war sie auch schon aus dem Haus, dessen Tür sie vor dem nachwinselnden Bello sorgsam einklinkte.
    Mit dem Schlafen war es nun vorbei, und nachdem der Professor noch eine Weile still auf seinem Bett gelegen hatte, stand er auf und ging nachdenklich im Waldhaus auf und ab. Er hatte allen Grund, nachdenklich zu sein, doch je mehr er grübelte, um so verworrener schien ihm alles,und wieso er eigentlich hier als ein heimlicher Flüchtling im Vogelschen Sommerpalais saß, das begriff er schon gar nicht.
    Drinnen war es trübe, draußen schien die Sonne. Der Professor stieß die Tür auf und trat in die helle Lichtung. Mit ihm schoß der Hund Bello hinaus, lief einige Male winselnd, die Nase tief auf der Erde, über die Blöße und verschwand dann auf einem schmalen Waldsteig, leise und freudig blaffend.
    Der Professor sah ihm nach, schüttelte verwirrt den Kopf und ging nun auf der Lichtung hin und her, aber der klare Sonnenschein machte es auch nicht klarer.
    Nach einem Weilchen kam Philipp mit seinen Besorgungen und schien verwundert und betrübt, daß Rosemarie fehlte. Er wollte vom Professor wissen, wohin sie gegangen sei und warum. Weil der Professor das aber auch nicht wußte und weil jede Verständigung zwischen Platt und Hoch an sich schon schwierig war, so blieb der Junge ohne Aufklärung und unruhig.
    Den Sessel setzte er aber dem Professor noch ins Haus zurück, und Feuer legte er ihm auch noch neu in den Kamin, dann aber schien er zu einem Entschluß gekommen: er setzte sich plötzlich in Trab und schoß in genau den Waldpfad hinein, auf dem auch der Bello verschwunden war.
    Der Professor konnte ihm nachrufen, soviel er wollte, und selbst den Waldsteig ein wenig hinuntergehen – der Junge kam nicht wieder, und der Wald wurde jetzt rasch dunkel. Langsam ging Professor Kittguß in sein Heim zurück und setzte sich in den Sessel am Feuer, die Ausreißer zu erwarten.
    Stunde um Stunde verging, das Feuer fiel zusammen, trübe sinnend vergaß der Professor, neues Brennholz nachzulegen. Und die Lampe anzuzünden. Und etwas zuessen. Er sann, und er kam sich sehr alt, sehr unbrauchbar und sehr verlassen vor. Niemand hielt mehr bei ihm aus.
    Schließlich – es war schon tiefe Nacht – schlief er ein. –
    Rosemarie und Ernstel Witt liefen, so rasch sie nur konnten, über den Waldsteig nach Unsadel. Sie hatte nur zu hören brauchen, daß Päule Schlieker wieder da und Otsche Gau verschwunden war, sie brauchte nur die unselige Morgenbotschaft von der fehlenden Wäsche dazuzurechnen und sie wußte ziemlich genau, was geschehen war. So liefen sie ohne Wort, aber mit vielen Sorgen den Weg vom Waldhaus nach Unsadel.
    Es war kein Gedanke, daß sich Rosemarie in Unsadel sehen lassen durfte, und so war das Stelldichein des Bundes eine kleine Sandgrube etwa dreihundert Meter vom Schliekerschen Gehöft, von der man die Pforte zu Hof und Haus sehen konnte.
    Da traf sie ihre Jungens, und sogar der Hütefritz war da – er hatte nun, da wirklich höchste Not

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