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Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Titel: Altes Herz geht auf die Reise - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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versorgen. Und sobald sie im Viehstall ist, schlagen wir die Tür zu, sperren sie ein und holen uns den Otsche, das Haus mag zu oder offen sein …«
    »Großartig!« schrien sie alle.
    »Schlieker soll in die Luft gehen!«
    »Nun kommt es aber drauf an, daß er wirklich bald geht.«
    »Wenn er schon die blaue Joppe anzieht …«
    »Aber es wird schon dunkel …«
    Dieses Mal brauchten sie nicht lange zu warten. Aus dem Hoftor kam Päule Schlieker, das Fahrrad führend.
    »Er will wirklich nach Kriwitz …«
    »Ich lauf hinterher«, sagte Hütefritz. »Ich muß doch unbedingt zu meinen Kühen. Wenn er nicht nach Kriwitz fährt, schicke ich euch jemanden.«
    Er lief schon, denn Päule Schlieker war hinter dem ersten Haus im Dorf verschwunden.
    »Los alle!« rief Rosemarie. »Wir verstecken uns hinter der Hofmauer. Nur der Bello … Ach Gott, hab ich einen Schreck bekommen, Philipp! Bist du nun auch da? Der Professor ist ganz allein? Schnell, nur schnell, ich kann jetzt nicht alles erzählen …« Drei Minuten später hockten sie hinter der Hofmauer. Rosemarie spähte durch die eine Türritze, Strohmeier durch die andere. Der Hof lag still und verlassen in der stärker werdenden Dunkelheit. Dann schlug drinnen eine Tür, etwas klapperte.
    »Die Melkeimer …«, flüsterte Rosemarie.
    Albert Strohmeier nickte heftig.
    Aus dem Haus trat Mali Schlieker, die Eimer in der Hand. Sie stand, zwei Schritte von den Kindern, auf der Innenseite der Mauer und schien in das Haus zurückzulauschen. Rosemarie drückte den Kopf des Hundes fest an sich, sah ihn beschwörend an, ihr Herz klopfte …
    Aber die ahnungslose Frau ging weiter, zur Stallscheune hinüber, ein Riegel klapperte …
    »Jetzt«, flüsterte Rosemarie aufgeregt.
    Leise, unendlich sachte und bedachtsam, klinkte Strohmeier die Hoftür auf. Beide spähten sie durch den Spalt, die andern Kinder hinter ihnen.
    »Die Stalltür steht offen«, flüsterte Albert.
    »Daß sie ein bißchen Licht hat«, erklärte Rosemarie.Und zu den andern: »Ihr bleibt hier! Unbedingt! Albert und ich gehen allein … Philipp, halt Bello. Albert, Schuhe aus!«
    Schon hatten sie die Schuhe ab, schon schlichen sie, eins hinter dem andern, erst an der Mauer lang, dann an der Stallscheune lang, am Scheunentor vorüber: vor ihnen gähnte schwarz und stumm die offene Stalltürlücke.
    Albert blieb stehen. »Warten, bis sie melkt!« flüsterte er. »Unter der Kuh kann sie nicht so schnell vor!«
    Sie standen eng an die Wand gepreßt, nur einen Meter von der Türlücke ab, auf deren anderer Seite die Tür in den Angeln hing. Gleich würde Albert am offenen Eingang vorüberhuschen, die Tür von der andern Seite her zuwerfen müssen … Drin war Geraschel von Stroh zu hören.
    Plötzlich klang das rasch unterdrückte Heulen Bellos vom Hoftor her, ein Ausruf … beides erstarb … Wenn jetzt die Frau unter die Tür trat, mußte sie die beiden sehen …
    Ach, für Albert Strohmeier war es nur ein Abenteuer, mißlang es, lief er weg, in sein Heim, zu seinen Eltern. Für Rosemarie war es mehr, war es alles! Diese böse Frau drinnen war schlimmer als alle Märchenhexen. Rosemarie war ihr untertan, verfallen … Sie fühlte, sie würde sich nicht zur Wehr setzen, nicht einmal fortlaufen würde sie können, die da drinnen hatte Gewalt über sie … Ihre Glieder flogen, ihre Lippen zitterten …
    »Ach, lieber Gott«, betete sie, »mach, daß sie nichts gehört hat, daß sie jetzt losmelkt, gleich jetzt …, ich halte es nicht mehr aus!«
    Sie wartete angstvoll – da klang der Strahl der Milch silberhell im Eimer …!
    »Jetzt!« flüsterte Albert.
    Sein kleiner, grauer Schatten schlüpfte geschwind an der Lücke vorbei, krachend schlug die Tür gegen die Stallwand,der Riegel klirrte, Rosemarie steckte zitternd den Vorstecker ein …
    Drinnen wurde ein … laut, die Frau warf sich mit aller Gewalt gegen die Tür, sie schrie: »Willst du aufmachen, elender Gaubengel!«
    »Die Tür hält!« flüsterte Albert. »Nun aber schnell!« Und indes die Frau von drinnen donnernd mit dem Melkschemel gegen die Tür schlug und kreischte, die erschreckten Kühe brüllten, die Pferde trappelten, huschten sie ins Haus, durch die dunkle Küche, das dunkle Kinderzimmer, in Rosemaries Stube …
    »Otsche!« rief Rosemarie.
    »Verfluchter Voßkopp!« antwortete es.
    »Ach Otsche, Otsche, dämlicher Junge, ich bin es ja, Rosemarie … Und Albert Strohmeier!«
    »Warte, gleich habe ich die Luke auf.« – »Er hat sie mit Stricken

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