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Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Titel: Altes Herz geht auf die Reise - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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schnell und drohend.
    »Du nicht! Aber die andern.«
    »Und du denkst, du quatschst später auch einmal? Wer hat dir das gesagt? Die Marie –?«
    »Nein, ich will das so.«
    Wilhelm Gau sah sich seinen Sohn wieder an. »So«, sagte er halb zu sich. »Der hat schon ziemlich viel Willen. Ich hab erst später damit angefangen.« Dann: »Otsche, Schlieker wird uns das von heute nicht vergessen.«
    »Nein, sicher nicht.«
    »Du wirst nichts tun, was uns Schlieker gegenüber ins Unrecht setzt?«
    »Nein, Vater.«
    »Du versprichst es mir jetzt?«
    »Ja, Vater.«
    Der Bauer drückte die Hand des Jungen gewaltig, aber der verzog das Gesicht diesmal nicht.
    »Und du wirst die Augen offenhalten, Otsche? Ich kann nicht überall sein. Es passiert dem Vieh leicht einmal was. Oder ein Schober brennt ab. Oder gar ein Hof.«
    »Ich paß auf«, sagte Otsche.
    »Was man tut, sollte man allein tun«, sagte der Bauer. »Du solltest deine Schwestern herauslassen aus dieser Sache. Wer hat dir den Holzstall aufgemacht, Christa oder Evi oder Mutter?«
    Der Junge grinste ohne ein Wort.
    »Fort mit dir, frecher Bengel, zu nichts bist du nütze!!«
    Der Junge schob sich glücklich aus der Stube.

    Auf der andern Seite der Straße, gegenüber dem Gauschen Bauernhof, stand, zwischen Flieder- und Holunderbüschen, ein alter, außer Betrieb gekommener Backofen; hier versteckt, hatten die Kinder Schliekers Hinauswurf angesehen.
    Es sah schlimm aus, und es war schlimm, und sie waren sehr erschrocken, aber keines hatte einen Schritt dem Mann zur Hilfe gemacht. Sie flüsterten nur aufgeregt miteinander, und unterdes stöhnte der dort.
    »Was sollen wir nur tun?! Oh, was sollen wir nur jetzt wieder tun?!« rief Rosemarie. »Wir können ihn doch nicht so liegenlassen! Wenn er nun stirbt!«
    »Nein, Gaus müßten nach ihm sehen!«
    Nun kam ein Bursche die Straße entlang und blieb bei dem Stöhnenden stehen.
    »Das ist unser Pferdeknecht Willi«, sagte Hübner aufgeregt. »Der wird ihm hochhelfen.«
    Aber die beiden schienen zu streiten. Plötzlich hörten die Kinder Schlieker schimpfen: »Scher dich zum Teufel,du dummer Affe! Was geht dich das an, wenn ich hier liege?!«
    »Denn nicht«, antwortete der Knecht ebenso laut und ging.
    »Will keine Hilfe … Spuckt auch jetzt noch alle an«, flüsterte Strohmeier.
    Der Knecht war in der Dunkelheit verschwunden, der Mann auf der Straße kam stöhnend zum Sitzen. Dann kroch er langsam zum nächsten Baum. Er richtete sich an dem Stamm hoch, und nun stand er.
    Kein Laut war zu hören, Schlieker stand lange bewegungslos, den Kindern klopfte das Herz. Dann löste sich der Schatten vom Baum und ging schwankend, hinkend auf das Gausche Haus zu.
    »Er will noch mal rein!«
    »Unsinn! Er hat doch sein Rad noch da!«
    Der Mann stand stumm und schattenhaft an der Haustür. Es schien, als verliere er den Halt, als griffe er mit den Armen in die Luft – aber es waren die Fäuste, die er gegen das Haus ballte. Er murmelte etwas, hinter den Büschen verstanden sie: »Verrecken … Verrecken!«
    Dann faßte Schlieker sein Rad, und langsam, halb darüber hängend, halb es schiebend, oft taumelnd und immer fluchend, machte er sich zum Unterdorf auf den Weg.
    »Und wir –?« fragten die Kinder.
    »Ihr geht erst zum Abendessen«, entschied Rosemarie. »Wer nachher Zeit hat, kommt wieder zur Sandgrube. Fragt aber erst bei Otsche, wie es mit seinem Vater abgelaufen ist.«
    »Ja«, sagten sie. »Und du und der Philipp?«
    »Wir gehen Päule Schlieker nach. Wir müssen jetzt immerzu auf ihn aufpassen. Wer weiß, was der noch tut.«
    »Der tut heute abend bestimmt gar nichts mehr. Der legt sich ins Bett.«
    »Ich weiß doch nicht«, sagte Rosemarie bedenklich. »Jedenfalls gehen wir ihm nach.«
    »Ich habe Angst, wenn ich ihn nicht sehe«, dachte sie. »Aber ich habe auch Angst, wenn ich ihn sehe.«

12. KAPITEL
    Worin von Jugend, Aufstieg und Mißgeschick der Schliekers berichtet wird
    Nun ist es schon fast völlig dunkel, die Dorfstraße ist leer. Und wenn wirklich jemand beim eiligen Lauf vom Haus in den Stall schattenhaft den Heimgänger mit dem Rade torkeln sieht, so denkt er nur, daß einer aus dem Unterdorf, ein Maurer oder Maler, im Krug des Guten zuviel getan hat.
    Die Eimer klappern. »Der hat aber tüchtig geladen«, denken sie und laufen weiter.
    Jawohl, der torkelnde Heimgänger hatte zuviel geladen, aber nicht Alkohol, auch nicht Schläge, sondern Wut, düster lohende blind machende Wut. Zu Anfang des Weges war

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